Personal am Limit
Mit dem Plus an Kundschaft ist die Einrichtung nicht allein: Im Sommer etwa meldete der in einer Kirche beheimatete „Marktplatz der Begegnung“ in Bremen stark wachsende Nachfrage, die dazu führe, dass das Personal am Limit arbeite. Das Sozialkaufhaus der Diakonie Dortmund „Jacke wie Hose“ meldete bereits im Mai „leere Regale“ und bat um Sachspenden.
Wie viele Sozialkaufhäuser es genau gibt, ist nicht erfasst. Zu finden sind sie in vielen großen Städten, aber auch in kleineren, wie etwa in Kaiserslautern. Dort gibt es das „Second-Hand-Warenhaus Schatzkiste“, das sich in ökumenischer Trägerschaft befindet.
Nachhaltig spielt große Rolle
Sozialkaufhäuser gibt es in zunehmender Zahl seit Mitte der 1990er Jahre. Meist in Trägerschaft von Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege begannen sie, gebrauchte und gespendete Waren günstig an Menschen mit wenig Geld zu verkaufen. Der Markt sei seit 2010 „massiv“ gewachsen, sagte Ralf Hoburg, Professor für Sozialwirtschaft und Sozialmanagement in Hannover, gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Hoburg sieht Potenzial in den Läden. „Sozialkaufhäuser sind Teil einer sozialen Konsum- und Einkaufsgesellschaft aller Schichten, in der Aspekte der Wiederverwendung und damit der Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielen“, betont er. Gerade die Insolvenz klassischer Kaufhäuser biete Chancen. „Sozialkaufhäuser könnten mit innovativen Laden-Konzepten leer gewordene Orte in den Innenstädten besetzen, Läden und Wohnraum kombinieren und damit Arbeitsplätze und Begegnungsräume in einer sozialen Stadt von morgen entwickeln.“
Neu und billig zieht nicht mehr
Auch Volker Knöll sieht eine „hohe Relevanz“ dieser besonderen Kaufhäuser. Früher hätten die Leute nach dem Motto „Hauptsache neu und billig“ eingekauft, heute solle der Einkauf nachhaltig sein. „Diesen Gedanken haben die Sozialkaufhäuser in ihrer DNA“, betont der Geschäftsführer der „Regionale Diakonische Werke in Hessen und Nassau gGmbH“.
Nachhaltig einkaufen im Gemeindehaus
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist für Knöll die Gemeinwesenarbeit: „Sozialkaufhäuser können sich zu Treffpunkten entwickeln.“ Viele Menschen suchten Kontakte und wollten sich austauschen. Auch bei „Tisch und Teller“ sei das zu beobachten. Die Diakonie überlege deshalb, mehr Geschäfte einzurichten. Im Blick hat Volker Knöll dabei auch Gemeindehäuser, die nicht mehr gebraucht werden. Darin einen Ort zu etablieren, an dem nachhaltig und sozial gehandelt werde und an dem Menschen zusammenkommen, sei besser als sie leer stehen zu lassen.