So wird man Reservist
Um zur Reservistenausbildung zugelassen zu werden, müssen die Bewerber einen Gesundheitscheck, einen Computertest sowie ein psychologisches Gespräch überstehen und werden durch den Militärischen Abschirmdienst überprüft. „Niemand ist hier, weil er sich als schießwütiger Bengel ausleben möchte“, sagt Ausbilder Marc. Kritik gibt es am Aufnahmeprozess anderer Landeskommandos: von zu viel Bürokratie, langen Wartezeiten und einem intransparenten Bewerbungs- und Aufnahmeprozess schreibt das ZDF. Ob es sich dabei um mehr als nur Einzelfälle handelt, lässt sich nicht sagen.
Neben einem Sporttest, inklusive 100m Kleiderschwimmen in Uniform, steht auch die Ausbildung an der Waffe auf dem Programm. Heute stehen die angehenden Reservisten in einer langen Reihe vor der Waffenkammer. Einer nach dem anderen geht hinein, ruft seine Nummer, kommt mit einem Sturmgewehr wieder heraus und stellt sich erneut in Reih und Glied auf. Dafür, dass es erst das zweite Mal ist, hält Stefan sein Gewehr schon sehr sicher in den Händen.
Wenn es sein muss, dann schieße ich auch.
Er ergänzt: „Man hat schon ordentlich Respekt davor. Das ist kein Spielzeug, sondern eine Waffe. Dessen muss man sich bewusst sein.“
An einer Übungsstation erklärt der Ausbilder Schritt für Schritt, wie die Rekruten eine Sicherheitsüberprüfung ihrer Waffe durchzuführen haben. Stefan legt sein Gewehr dabei verkehrt herum auf die Bastmatte, der Patronenauswurf ist verdeckt. Energisch kommt ein Ausbilder herbeigeeilt, kniet sich nieder und dreht das Gewehr unwirsch auf die richtige Seite. „So nicht!“ Ein anderer Ausbilder warnt die Rekruten: „Steckt auf keinen Fall die Mündung in die Erde.“ Das könnte beim Schießen den Lauf des Gewehrs sprengen.
Der harte Umgangston sei nötig, um die Konzentration aufrechtzuerhalten, sagt Ausbilder Marc. „Bei der Waffenausbildung können sie sich keine Ablenkung leisten. Wenn jemand abschweift oder müde wird, braucht es eine klare Ansage.“ Und im Gefecht sei es so laut, dass ohne eine gewisse Lautstärke kein Befehl zu verstehen sei. Auch benötige es klare Strukturen. „Wir haben da keine Zeit, um erst mal eine Besprechung abzuhalten“, sagt Marc.
So werden Reservisten eigesetzt
18 bis 24 Tage üben die Reservisten normalerweise im Jahr. Währenddessen bekommen sie ihr Gehalt von der Bundeswehr. Die Heimatschützer üben zum Beispiel, wie ein Kraftwerk verteidigt wird und helfen im Rahmen der Amtshilfe beim Kampf gegen den Borkenkäfer oder bei Naturkatastrophen wie dem Ahrtal-Hochwasser.
„Kriegstauglich“ ist Stefan nach der Ausbildung noch nicht. Das werden die Teilnehmenden an der Grundausbildung erst durch weitere Übungen in der Reserve. So kommen sie auf das Level eines Soldaten, der Wehrdienst geleistet hat. „Bei der Ausbildung Ungedienter geht es erst mal nur um die grundlegenden militärischen Basics“, sagt Gruppenführer Marc. Er arbeitet sonst als Steuer- und Wirtschaftsberater. Denn auch alle Ausbilder sind selbst Reservisten.
Stefan hat sich für die Ausbildung entschieden, nachdem ihm ein Bekannter davon erzählt hatte. Der Krieg in der Ukraine habe ihn darin bestärkt. „Wir müssen unsere Freiheit, unsere Verfassung, unsere Werte verteidigen können.“ Letztlich auch die Menschenwürde, sagt er.
Die Waffe hält er für ein geeignetes Mittel, genau das zu tun. Das Bild der Bundeswehr habe sich in seinem Umfeld positiv verändert. Immer mehr Menschen würden verstehen, wie wichtig Verteidigung sein könne. Lange Zeit hätten die meisten gedacht: „Wir haben doch Frieden. Da brauchen wir keine Armee.“ Als junger Mann habe er ebenfalls so gedacht, heute nicht mehr.