Soziales

Initiative 19. Februar Hanau: Betroffene können ihre Stimme erheben

Nach dem Attentat in Hanau
Steffen Edlinger
Die Initiative 19. Februar gibt seit dem Attentat den Verstorbenen und den Angehörigen ein Gesicht.

Fünf Jahre nach Hanau fordert die „Initiative 19. Februar“ Gerechtigkeit, erinnert an die Opfer und unterstützt Betroffene.

Vor fünf Jahren hat es in Hanau einen rechtsextremen Anschlag gegeben. Dabei hatte ein Attentäter aus rassistischen Motiven neun junge Menschen ermordet und anschließend seine Mutter und sich selbst erschossen.

Am ersten Anschlagsort hat sich die „Initiative 19. Februar Hanau“ gegründet. Bei den Mahnwachen, Kundgebungen und Beerdigungen haben sich die Gründer*innen ein Versprechen gegeben: „Dass die Namen der Opfer nicht vergessen werden. Dass wir uns nicht allein lassen. Dass es nicht bei folgenloser Betroffenheit bleibt.“ 

Angehörige von Anschlag stehen zusammen

Hagen Kopp gehört zu den Gründungsmitgliedern. Er sieht die Bilanz zwiespältig: Kein*e Vertreter*in von Polizei, Behörden oder Politik wurde juristisch zur Verantwortung gezogen. Trotzdem habe die Initiative einiges bewegt. Sie hat den Druck erhöht, sodass es einen Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag gab. 

Gesellschaftlich habe sich etwas getan: Dank der Initiative stehen heute die Opfer im Fokus, nicht der Täter. Ihr Slogan „Say their names“ hat sich in vielen Städten verbreitet. Dadurch haben viele Hinterbliebene den Mut gefunden, öffentlich zu sprechen – sei es in den Medien, bei Gedenkveranstaltungen oder vor dem Untersuchungsausschuss. Aktive Mitglieder sind zwischen fünf bis acht Personen.

Im Ladenlokal der Initiative treffen sich Betroffene immer wieder. Sie haben sich auch mit anderen Anschlagsopfern aus Halle und München vernetzt.

Tat von Hanau sekundengenau rekonstruiert

Die Rechercheagentur Forensic Architecture hat den Verlauf des Anschlags sekundengenau nachgezeichnet. So würde zur Aufklärung beigetragen, sagt die Initiative. Die zugehörige Ausstellung wurde sowohl in Deutschland als auch international gezeigt.

Genauer Ablauf des Anschlags (PDF)

Der Anschlag vom 19. Februar wurde auf verschiedene Weise verarbeitet: Besonders eindrücklich sei die Ausstellung der britischen Recherchegruppe Forensic Architecture, aber auch Theaterstücke und Filme setzen sich mit dem Anschlag auseinander.

Zwei Hinterbliebene, Said Etris Hashemi und Cetin Gültekin, haben ihre Erlebnisse in Büchern verarbeitet. Zudem habe das Land Hessen mittlerweile die Hilfen für Anschlagsopfer verbessert.

Forderung: Politische Konsequenzen aus Anschlag ziehen

Hanau hat gezeigt, was möglich ist, wenn Betroffene zusammenstehen“, sagt Kopp. Jeden Monat am 19. versammeln sich Mitglieder der Initiative und Hinterbliebene an den Tatorten, um zu gedenken. Auch abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit unterstützen sie sich gegenseitig – bei Anträgen, Gutachten oder emotionalem Beistand.

Doch eine Sache lässt die Familien nicht los: Dass trotz offensichtlicher Fehler von Polizei und Behörden niemand zur Rechenschaft gezogen wurde. Die Erinnerung an Hanau bleibt wach – und mit ihr die Forderung nach Konsequenzen.