Die Unionsfraktion im Bundestag hat mitten im Wahlkampf versucht, mit Stimmen der AfD eine verschärfte Migrationspolitik durchzudrücken. Das war das erste Mal und das spaltet das Land. Im aktuellen ARD Deutschland-Trend äußert sich die Hälfte kritisch zum Vorgehen der Union. Die Menschen reagieren mit Protesten vor den CDU-Parteizentralen bundesweit.
Viele Mitglieder der Union reagieren: Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Abstimmung als falsch, der hessische Ministerpräsident Boris Rhein betont, der CDU-Kurs sei richtig. Auch Pfarrpersonen sind Mitglied der Partei. In diesem Pro & Contra beschreiben CDU-Mitglied Benjamin Graf und das ehemalige Mitglied Jörg Niesner über ihre Auseinandersetzung mit der Situation.
Diese Ausgrenzung wird gerade von jenen betrieben, die sich Inklusion auf ihre Fahne schreiben – neuerdings werden sogar CDU-Wähler wieder als Nazis beschimpft.
Politik ist eine Frage der Prioritäten.
Dafür gibt es die verschiedenen Parteien einer Demokratie. Für mich haben ein solides wirtschaftliches Fundament, eine stabile Gesellschaft mit traditionellen christlichen Werten und Familie als Ausgangsbasis Priorität. Das bedeutet Bürokratieabbau, neue Arbeitsanreize, Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit sowie Digitalisierung. Deswegen bin ich bei der CDU.
Ferner: In Deutschland fühle ich mich nicht mehr frei zu sagen, was ich denke. Wenn ich nicht mit Gendersternchen schreibe, in Gendersprache spreche, muss ich mich rechtfertigen. Ich bleibe bei der CDU, weil ich Sprach- und Meinungsfreiheit brauche.
Ich habe Angst, wenn der Staat Frauen verbietet, sich über einen Mann in einer Frauenkabine oder Damensauna zu beschweren. Ich bleibe bei der CDU, weil ich verlässliches staatliches Recht brauche, das für mich natürlich und nachvollziehbar ist.
Ich habe Angst, wenn der Staat mich nötigt, eine Wärmepumpe einzubauen und ein E-Auto zu kaufen, dabei gleichzeitig unfähig ist, die nötige Stromversorgung aufzubauen und mir deshalb ab 17 Uhr Heizung und Wallbox abschaltet. Ich bleibe bei der CDU, weil sie die Folgen zu Ende denkt.
Die CDU steckt in einem Dilemma.
Die CDU hätte die Wählermehrheit für eine klare Kurskorrektur und kann sie doch nicht durchsetzen, weil sie dafür die Unterstützung der AfD in Kauf nehmen müsste. Sie will die große Wende, wird diese mit SPD und Grünen aber nicht durchsetzen können.
Es gibt einige Schnittmengen zu den Wünschen von Wählern der AfD: in der Migrations- und Sozialpolitik, bei Strafverschärfungen, beim Bürokratieabbau, insgesamt beim härterem Durchgreifen, bei der Befürwortung einer traditionellen Leitkultur und der Ablehnung links-grüner Ideologie. Aber eine CDU-geführte Regierung wird immer für demokratische Werte, wirtschaftlichen Realismus und Stabilität stehen – nicht für Protest ohne Lösungen.
Viele Bürger fühlen sich nicht mehr von den Parteien vertreten. Die CDU hat diesen Fehler erkannt. Die CDU-Mitglieder selbst haben das Wahlprogramm mitgestaltet und ihre Stimme eingebracht. Auch ich.