Menschen, die über sexualisierte Gewalt und Missbrauch ohne Tabus und Anfeindungen sprechen können: Das ist das Ziel von Matthias Schwarz. Als Betroffener arbeitet er innerhalb der evangelischen Kirche daran, wie „wir es Betroffenen einfacher machen, die Schwelle zu überwinden“.
Deswegen spricht er unermüdlich über seine Erfahrungen und will mit dieser Sichtbarkeit Menschen sprachfähig machen. Sie sollen lernen, ohne Scham Erlebtes ansprechen zu können und damit den „Raum für Täter kleiner“ werden zu lassen. Nur so könne Kirche zu einem sicheren Raum werden.
Innerhalb der evangelischen Kirche wurden die Ergebnisse der ForuM-Studie als Auftakt für die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt verstanden. Seither beschäftigen sich nicht nur Fachleute, sondern auch die Kirchenparlamente mit dem Thema. So hat beispielsweise die EKD auf ihrer Herbsttagung in Würzburg einen Maßnahmenplan mit zwölf Maßnahmen verabschiedet.
Auch die Synode der EKHN hat im November 2024 über die Fortschritte und die Herausforderungen gesprochen. Matthias Schwarz war bei beiden Synoden dabei. Er beschreibt die Tage in Würzburg als „ziemlich anstrengend“. Besonders bedaure er die Widerstände gegenüber einer deutschlandweit einheitlichen Anerkennungsrichtlinie. Er spricht von „heftigen Diskussionen“ und einem „harten Ringen“. Er kritisiert, dass wirtschaftliche Interessen der Fürsorge für die Menschen, die Leid erfahren haben, entgegengesetzt werden.
Obwohl er durchaus Verständnis für die Abwägung aufbringen kann: Beispielsweise, wenn „eine kleine diakonische Einrichtung, ein Kinderheim“ durch die Anerkennungsleistungen „gegebenenfalls an den Rand des Ruins gebracht“ werde. Aber da „müssen die Diakonie und die Kirchen gucken, wie sie einen Solidarfonds“ bilden, schlägt er vor.
Sollten die Widerstände sich durchsetzen, werde er sich „nicht scheuen, das öffentlich anzuprangern“, betont der Betroffenenvertreter.
Aber es gebe auch positive Nachrichten: Zum Beispiel ist das Betroffenen-Netzwerk BeNe online. Auch wenn noch nicht alle Funktionen freigeschaltet seien, so gebe es bereits einen regen Austausch.
Aus den zwölf geplanten Maßnahmen der EKD hebt er eine Novelle der Gewaltschutzrichtlinie besonders hervor. Dort sollen Standards für
gesetzt werden. Matthias Schwarz ist es besonders wichtig, dass „ich nicht als Betroffener in Württemberg mich anders orientieren muss, als in Hessen oder in Berlin“.
Außerdem sollen im Frühjahr die Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen (URAK) ihre Arbeit aufnehmen. Deutschlandweit sind das neun Kommissionen. Die EKHN ist gemeinsam mit der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und der Diakonie Hessen für den Verbund Hessen zuständig.