Was arme Menschen beim Dating erleben

Auf Online-Dating hat David keine Lust mehr. Der Dortmunder ist arm, wie er selbst sagt. Und Single. Seine finanzielle Situation stelle auch bei der Partnersuche ein Problem dar.

„In unserer Gesellschaft gibt es Rollenerwartungen an die Geschlechter. Beim Mann bedeutet das im Zweifel die Rolle des Ernährers übernehmen zu können“, meint David. Er arbeitet im Niedriglohnsektor und setzt sich im Rahmen der Initiative „#IchbinArmutsbetroffen“ für Menschen am Existenzminimum ein.

Dating: Muss der Mann zahlen? 

Der 39-Jährige hat ein paar Beziehungen und Dates hinter sich - seine Erfahrungen waren meist negativ: „Mir ist mal bei einem Date gesagt worden, dass ein Mann ja für das Auskommen sorgen müsse, spätestens wenn ein Kind unterwegs sei.“ David ist überzeugt:

98 Prozent bewerten deinen Wert als Kerl nach dem Beruf. 

Bei Männern könne dadurch in seltenen Fällen auch das Incel-Phänomen begünstigt werden, also der Hass auf Frauen. Nämlich dann, wenn Männer die erlebte Zurückweisung aggressiv verarbeiten und hierauf mit generalisiert frauenfeindlichen Einstellungen reagieren. (Mehr Infos zur sognenannten Incel-Szene findest du beim Bundestag)

Online-Dating-Seiten sind teuer

Bereits bei der Anmeldung und Nutzung gängiger Online-Dating-Plattformen wie zum Beispiel „Elitepartner“ oder „Parship“  seien arme Menschen benachteiligt, erklärt Gebauer. Kostenlose Angebote hätten in der Regel keine ausreichende Funktionalität, andere kostenlose Plattformen seien oft unseriös.

Spätestens aber bei den ersten Begegnungen spielt Geld eine Rolle. Denn wer zahlt die Kinokarten, den Kaffee oder das Essen im Restaurant? Einmal abgesehen von Reisekosten, wenn es auf eine Fernbeziehung hinausläuft, was durch Online-Dating inzwischen häufig vorkommt.

Lena: „Meistens übernehme ich die Rechnung“

Viele solcher Situationen kennt Lena (Name von der Redaktion geändert). Die Studentin aus der Nähe von Düsseldorf hat ihren Freund über Tinder kennengelernt. Wegen des Lockdowns konnten sich die beiden zunächst nicht persönlich treffen. Wochenlang schrieben sie sich bei WhatsApp hin und her. „Bei einigen Themen konnte ich schon raus hören, dass er eher ärmlicher aufgewachsen ist und auch aktuell so lebt“, erzählt die 26-Jährige.

Bereits bei den ersten Dates erzählt er ihr, dass er BAföG und Geld vom Jobcenter erhalte. „Er hatte Angst, dass ich ihn deswegen weniger mag“, erinnert sich Lena. „Zu dem Zeitpunkt war ich aber schon Herz über Kopf verliebt.“ Die Rechnungen bei den Treffen hätten sich die beiden Studierenden meistens geteilt. „Heute lade ich ihn oft ein“, sagt Lena. Kleinere Summen übernehme auch mal ihr Freund.

Er hatte Angst, dass ich ihn weniger mag.

Kein gemeinsamer Urlaub

Gemeinsam im Urlaub war das junge Paar noch nicht. Auch sonst müssten sich die Zwei oft fragen: Können wir uns diesen Ausflug leisten? „Meistens unternehmen wir Dinge, die nicht super kostspielig sind“, sagt Lena.

David will mit der Suche nach der Richtigen auch noch nicht aufgeben – allerdings außerhalb des Internets. „Entweder kommt sie irgendwann. Oder nicht. Und damit lebt es sich erheblich entspannter, als mit dem Datingkram.“