Filmtipp

Ein Film, der unter die Haut geht: „Alles außer gewöhnlich“

Vincent Castel im Gespräch mit einer schwarzen Frau im Film „Alles außer gewöhnlich“
Alles außer gewöhnlich
Im Film „Alles außer gewöhnlich“ spielen nicht nur professionelle Schauspieler*innen mit.

Das Regieduo von „Ziemlich beste Freunde“ rückt autistische Jugendliche in Paris in den Mittelpunkt. Bald werden die Behörden auf die Hilfe aufmerksam.

Abgehetzt kommt Bruno (Vincent Cassel) auf der Polizeistation an, um einen seiner Zöglinge abzuholen. Joseph hat wie so oft einmal wieder mit diebischem Vergnügen die Notbremse in der U-Bahn gezogen. Seine andere Lieblingsbeschäftigung besteht darin, sich in Dauerschleife Waschmaschinenwerbung anzusehen. Das wirkt beruhigend auf ihn.

Flugs versucht Bruno, ihn bei einer Werkstatt als Praktikant unterzubringen. Mit viel Überredungskunst gelingt es ihm, dem Betriebsleiter eine Probewoche abzuringen. Ein Problem gelöst. Vorerst.

Französische Sozialkomödie „Alles außer gewöhnlich“ zeigt Nöte im System

Bruno betreut gemeinsam mit Malik (Reda Kateb) in ihrer improvisierten Einrichtung schwer verhaltensauffällige und autistische Jugendliche.

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Kein Tag gleicht dabei dem anderen. Kaum ist eine Frage geklärt, tauchen zeitgleich zahlreiche andere auf:

  • Der Nachbar beschwert sich über den Lärm
  • Das Essen kommt zu spät
  • Es fehlt an Schlafplätzen
  • Dem neuen Auszubildenden Dylan mangelt es noch an Einfühlungsvermögen in seine Schützlinge

Und zu allem Überfluss stehen Inspektor*innen von der Gesundheitsbehörde vor der Tür, drohen mit Schließung. So klingt Brunos stetige Replik „Ich finde eine Lösung“ geradezu fantastisch.

Bruno (Vincent Cassel, links) und Malik (Reda Kateb) auf einer Straße
Alles außer gewöhnlich
Bruno (Vincent Cassel, links) und Malik (Reda Kateb) leiten in Paris die improvisierte Einrichtungen für schwerst verhaltensauffällige, teils autistische Jugendliche.

Aber es funktioniert. Zugegeben, die Lösung ist manchmal nicht ideal, von kurzer Dauer oder erfordert einiges an Kreativität – trotzdem schaffen Bruno und Malik mit dieser Einstellung, die Einrichtung am Laufen zu halten. Unverwüstlicher Humor hilft übrigens auch dabei.

Erfolgsregisseure Eric Toledano und Olivier Nakache stellen Mensch in den Mittelpunkt

Mit leisem Witz und einem respektvollen Blick auf ihre Figuren erzählen Eric Toledano und Olivier Nakache eine Geschichte über Verantwortung und ein Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderungen. Dabei stellen Bruno und seine Kolleg*innen nur eines konsequent ohne Wenn und Aber in den Mittelpunkt: den Menschen mit seinen Bedürfnissen.

Dass das mitunter anstrengend, frustrierend und zum Verzweifeln ist, verschweigt der Film nicht. Ganz nebenbei thematisiert er auch ein religiöses Miteinander, denn Bruno ist Jude und Malik Muslim. Dies steht nie im Vordergrund und ist darum umso wirkungsvoller. Was am Ende des Films auf alle Fälle in Erinnerung bleibt, ist die gelebte Mitmenschlichkeit.

Film-Infos Alles außer gewöhnlich

Spielfilm

Regie: Eric Toledano und Oliver Nakache

Drehort: Frankreich 2019

Länge: 110 Minuten

Filmwebsite Alles außer gewöhnlich

Das Schöne an der Geschichte: Bruno und Malik existieren wirklich und heißen im wahren Leben Stéphane Benhamo und Daoud Tatou.

Französischer Verein für autistische Jugendliche „Le Silence des Justes“ als Vorbild für Film

Benhamo gründete den Verein „Le Silence des Justes (Das Schweigen der Gerechten), der sich auf die Aufnahme und Integration autistischer Kinder und Jugendlicher spezialisiert. Tatou leitete den Verein „Le Relais IDF“. Auch diese Organisation kümmerte sich um autistische Kinder und Jugendliche, bemühte sich aber darüber hinaus um die soziale und berufliche Wiedereingliederung junger Menschen aus sogenannten Brennpunktvierteln.

Das bekannte französische Regieduo Eric Toledano und Oliver Nakache, konnte bereits mit Erfolgen wie „Ziemlich beste Freunde“ und „Heute bin ich Samba“ punkten. Auch hier greifen sie wichtige gesellschaftliche Themen feinfühlig und berührend auf.

Filme vom Regieduo Eric Toledano und Oliver Nakache

In „Ziemlich beste Freunde“ stehen der vom Hals abwärts gelähmte Philippe und sein unkonventioneller Pfleger Driss im Mittelpunkt, während in „Heute bin ich Samba“ der illegal in Frankreich lebende Senegalese Samba, sich als Tellerwäscher durchschlagen muss.

Kennengelernt haben die zwei Regisseure Stéphane Benhamo bereits Anfang der neunziger Jahre, als sie im Rahmen ihres sozialen Engagements in einem Ferienlager gearbeitet hatten. Obwohl zunächst danach aus den Augen verloren, begegneten sie sich im Laufe der Jahre an verschiedenen Punkten wieder.

Olivier Nakache erzählt im Interview auf der Film-Website, dass sie die Idee, über Benhamo und Tatou einen Spielfilm zu machen, lange mit sich herumtrugen. Darüber hinaus habe der jahrelange Kontakt zu den beiden ihre Sensibilität für die Situation, in der sich autistische Menschen befinden, geschärft.

„Alles außer gewöhnlich“ Filmtipp aus der Evangelischen Medienzentrale Frankfurt

Viele Filme der Medienzentrale stehen online im Medienportal zum Streamen zur Verfügung. Mehr dazu und über die Evangelische Medienzentrale Frankfurt erfährst du auf ihrer WebsiteDer Tipp ist eine Kooperation mit indeon.de

Beim Dreh war es den beiden Filmemachern dann auch ein Anliegen, mit echten Betreuer*innen und Autist*innen zusammenarbeiten. Zwei Jahre haben sie die Arbeit der zwei Organisationen intensiv begleitet und beobachtet. Realität und Fiktion verschwimmen in „Alles ausser gewöhnlich“ immer wieder.

Fazit: Film „Außer gewöhnlich“ sehenswert

Dadurch gelinge es, den Blick auf die inneren Konflikte der Figuren zu richten und ein Gefühl für ihren Alltag und ihre Probleme zu entwickeln, erklären die Filmemacher.

Die Szenen des Films haben sich alle so in der Realität zugetragen. Nakache und Toledano wollten allerdings nicht nur Verständnis für Autist*innen und Pflegekräfte wecken, sondern auch für Eltern, Ärzt*innen, Gesundheitsfunktionär*innen sowie das Sozialamt. Das ist ihnen gelungen. Ein sehenswerter Film in jeder Hinsicht.