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Podcast „echt gefragt – der Deeptalk“

Rollstuhlbasketballerin Catharina Weiß ist bei den Paralympics dabei

Catharina Weiß sitzt im Rollstuhl in ihrer Wohnung, im Hintergrund stehen drei Kerzen und ein rosafarbener Blumenstrauß
Charlotte Mattes
Catharina Weiß sitzt im Rollstuhl seitdem sie ein Kind ist. Bei den Paralympics in Paris möchte sie eine Medaille holen.

Eine paralympische Medaille ist Catharina Weiß‘ Lebenstraum. Die Rollstuhlbasketballerin trainiert acht bis neun Mal die Woche. Wir haben die 24-Jährige in ihrer Wohnung in Gießen besucht.

Das Gefühl von Rennen oder Joggen, das hätte Catharina Weiß gerne mal. Aber sonst gebe es nichts, dass die Sportlerin in ihrem Leben vermisse. Die gebürtige Stuttgarterin wird dieses Jahr zum zweiten Mal bei den Paralympics antreten.

Catharina Weiß sitzt in ihrem Sportrollstuhl, sie hält den Basketball und ist kurz davor ihn zu werfen.
Steffie Wunderl
Catharina Weiß spielt Rollstuhlbasketball für die deutsche Nationalmannschaft.

Bei den letzten Paralympics 2021 in Tokio hat sie keine Medaille mit ihrem Team geholt. Diesen Lebenstraum möchte sie sich in Paris mit dem RSV Lahn-Dill, ihrem Verein, erfüllen. Die 24-Jährige beschreibt die Paralympics als ihr größtes Ziel.

Der Gedanke an eine Medaille ist etwas sehr besonderes.

Für diesem Lebenstraum trainiert sie hart. Acht bis neun Mal, von Montag bis Freitag. Neben ihrem intensiven Training, studiert Catharina noch Wirtschaftsrecht. Das Studium sei ein guter Ausgleich für sie.

Glücksbringer Schwein und Herz bei wichtigen Spielen

Catharina trägt einen Glückbringer immer bei sich: Ein kleines Herz, ein Geschenk ihrer Mutter, das ihr ein gutes Gefühl gibt. An ihrem Sportrollstuhl im Training hat sie auch drei Glücksbringer. Einen Raketen-Sticker und zwei Armbänder. Bei wichtigen Turnieren habe sie außerdem immer ein Glücksschwein dabei.

Catharina Weiß erklärt die Rollstuhlbasketball-Regeln

Catharina hatte als Baby Krebs

Catharina hatte als zwei Monate altes Baby Krebs. Der Krebst hat ihr Rückenmark verletzt, es folgte eine Chemotherapie. Die erfolgreiche Sportlerin hat einen inkompletten Querschnitt. Das bedeutet, sie spüre alles, aber die Mobilität der Beine ist eingeschränkt.

Durch die Behinderung ist sie seit dem Kindesalter Rollstuhlfahrerin. Die Akzeptanz für ihre Behinderung kam auch durch den Sport. Als Kind war sie in einer „Rolli-Sport-Gruppe“, da habe sie gesehen „alle tragen ihr Päckchen“. Ein anderer Aspekt war der Umgang ihrer Familie mit der Behinderung:

Meine Familie wollte, dass ich selbstständig bin und sie haben mir dafür die Wege eröffnet.
 

Für diesen Umgang sei sie sehr dankbar, weil er ihr viel Normalität gegeben habe. Auch, dass sie immer an Regelschulen gewesen sei. Bis heute habe sie auch viele Freunde aus der Schulzeit, also Freunde „außerhalb der Basketball-Bubble“.

Kindheit mit Behinderung: Diskriminierung erfahren

Catharina Weiß sitzt im Rollstuhl in ihrer Wohnung, im Hintergrund stehen drei Kerzen und ein rosafarbener Blumenstrauß
Charlotte Mattes
Catharina Weiß lebt vegetarisch. Ihr Lieblingsgericht kommt aus Süddeutschland: Spätzle.

Doch ihre Kindheit hatte auch Schattenseiten. So hörte sie auch negative Kommentare wegen ihrer Behinderung. Catharina erinnert sich an Situationen, bei denen Gleichaltrige nicht mit ihr befreundet sein wollten. Und das nur, weil sie im Rollstuhl saß. Sie erklärt es mit der Angst davor, was andere Leute denken könnten, wenn sie mit einer Person im Rollstuhl befreundet seien.

Früher war das hart für Catharina, aber nennt sie selbst sich „weiser“. Wenn Menschen sie nicht so akzeptierten, dann hätten sie es nicht verdient mit ihr befreundet zu sein.

Absolutes NoGo: „An den Rollstuhl gefesselt“

Catharina bezeichnet sich als Rollstuhlfahrerin und findet auch die Formulierung „Mensch mit Behinderung völlig zutreffend, da sie medizinisch korrekt ist“. Sie sagt über sich auch, dass sie wohin geht oder läuft, nicht das irgendwo hin „rollt“. Der Rollstuhl sei ihr Hilfsmittel, um selbstständig zu leben.

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Genau aus diesem Grund findet sie es wichtig, welche Formulierungen Menschen wählen. „An den Rollstuhl gefesselt“ ist eine Formulierung, die für Catharina gar nicht geht. Schon gar nicht öffentlich, wie Moderator Thomas Gottschalk 2023 in seiner Sendung „Wetten, dass…“. Als er einen kleinen Junge im Rollstuhl so bezeichnete, fand Catharina diese Situation schrecklich. Das gehe nicht, gerade, „wenn wir mit Kindern sprechen, die eine Behinderung haben“.  

„Richtiger“ Umgang mit Menschen mit Behinderung

Generell findet es Catharina schön, wenn Menschen ihr Hilfe am Alltag anbieten. Zum Beispiel, wenn sie im Supermarkt etwas aus den oberen Regalen benötige und nicht dran komme. Aber nicht jede Hilfe müsse auch angenommen werden. Helfende müssten auch mit der Ablehnung klar kommen. Davon sollte sich aber niemand abschrecken lassen, betont sie im Podcast „echt gefragt - der Deeptalk“.

Öffentlicher Nahverkehr macht spontanes Reisen für Rollstuhlfahrerin schwierig

Catharina fühlt sich selten eingeschränkt, sondern meistens sehr frei. Sie fährt mit ihrem Auto zum Training nach Wetzlar und braucht im Alltag selten Hilfe. Sie wohnt in Gießen alleine in einer gemütlichen Ein-Zimmer-Wohnung mit Balkon. Wenn sie Hilfe braucht, dann fragt sie einfach. Zum Beispiel, wenn sie nicht alleine in den Zug einsteigen kann.

Der öffentliche Nahverkehr in Deutschland sei ein Punkt, der sie einschränke, erklärt sie. Zum Beispiel seien Bahnhöfe teilweise vier Wochen lang kaputt. Sie erklärt das mit fehlendem Personal.

Catharina Weiß sitzt im Rollstuhl und hält den Basketball in ihrer Hand während eines Spiels.
Steffie Wunderl
Rollstuhlbasketballerin Catharina Weiß präferiert Teamsport. Früher ist sie auch geschwommen, aber für Basketball „habe ich mehr gebrannt", sagt sie.

Dass es auch anders geht, hat sie bei den paraylmpischen Spielen in Tokio erlebt. Die Barrierefreiheit sei hier ganz anders. Auch, weil es mehr Personal gebe. Es seien immer sofort Leute da gewesen, wenn sie geklingelt habe oder schnell eine Rampe für den Zug benötigt habe.

Generell fährt Catharina gerne „Öffis“ sagt sie. Spontan seien Reisen mit Rollstuhl aber häufig nicht möglich, weil sie angemeldet werden müsse. Das sei schade, denn ihre Pläne änderten sich auch Mal. Laut der Homepage der Deutschen Bahn sollte eine Reise „bis spätestens 20 Uhr am Vortag der Reise“ angemeldet werden. „Bei Hilfeleistungen im Ausland sind 24 Stunden Vorlauf erforderlich.“

Wechsel nach Spanien nach den Paralympics

Nach den Paralympics verlässt Catharina ihren Verein und wechselt nach Spanien. Sie wird nach Murica gehen, in den Südosten des Landes. Sie habe vier Jahre für den RSV Lahn-Dill gespielt und jetzt sei es schön einen „Facettenwechsel“ zu haben. Spanien reize sie, weil die Liga sehr stark sei und sie freue sich auch darüber die Kultur zu erleben. Das Spanisch sitzt noch nicht, aber sie werde vor Ort Kurse besuchen, sagt sie und muss lachen.