von Andreas Steidel
Das verruchte Getränk. Der Fusel der Seefahrer und Säufer, der Ausgestoßenen und Alkoholiker. Rum hat einen denkbar schlechten Ruf. Du kennst es vielleicht nur als Mixgetränk oder als hochprozentigen Zusatz bei Backwaren. „Dabei ist Stroh-Rum überhaupt kein Rum, das Wort steht ja nicht mal auf der Flasche drauf“, erklärt Markus Fellmeth.
Dann erzählt er etwas vom Reinheitsgebot für Rum, der ausschließlich auf der Basis von Zuckerrohr hergestellt werden darf. „Im Grunde ist das etwas sehr Edles“, sagt Fellmeth.
Kenner trinken Rum ausschließlich pur.
65 Sorten hat Markus Fellmeth zu Hause. Das alleine ist schon außergewöhnlich, doch noch außergewöhnlicher ist der Beruf des Spirituosenfachmanns: Fellmeth ist der evangelische Pfarrer von Baiersbronn-Mitteltal im Schwarzwald. Der 36 Jahre junge Mann geht gerne neue Wege und mischt sich unter Menschen. „Einen solchen Pfarrer“, sagt eine Frau aus der Gemeinde, „hatten wir noch nie.“
Markus Fellmeth schenkt in fünf Etappen jenes verruchte Getränk aus. Alles ist festlich gedeckt, mit Probiergläsern, die man zur Nase führt und Mineralwasser, das der Neutralisierung dient. Dazu gibt es eine Wurst- und eine Käseplatte, frisches Brot und Oliven, schließlich braucht der Magen eine Grundlage, wenn er ein rund 40-prozentiges Getränk verdauen soll.
Als erstes kredenzt Markus Fellmeth einen zwölf Jahre alten Rum von der Insel Barbados. Ein karibisches Destillat, das in Bourbon-Fässern gereift ist. Man muss es genießen. „Unser Leben währet siebzig Jahr und wenn’s hoch kommt, sind’s achtzig,“ zitiert Fellmeth die Bibel, „also ist jeder Moment kostbar.“ Zum Wohl, man hört das Publikum nun schlürfen und schwatzen, erstaunt darüber, wie gut ein edler, purer Rum doch schmecken kann.
„Jesus war einer, der auf die Ausgestoßenen zuging“, sagt Fellmeth, auf die Trinker, mit denen niemand mehr etwas zu tun haben wollte, auf die Wucherer und die Lepra-Kranken. Einen Wein hat er bekanntlich selbst gerne getrunken und wenn es sein musste, auch mal das Wasser in solchen verwandelt.