Gedanken zum Nikolaustag

Nikolaus und das Kornwunder

Andrea Seeger
Kommentar von Andrea Seeger

Der Nikolaustag ist eine gute Gelegenheit, über Getreide zu sprechen. Hä? Was hat der gute alte Nikolaus mit Getreide zu tun?

Hast du schon mal vom „Kornwunder“ gehört? Es hat mit dem heiligen Nikolaus zu tun und war ein Akt des Glaubens, Vertrauens und letztendlich der Barmherzigkeit. Diese überlieferte Geschichte aus dem 4. Jahrhundert könnte kaum aktueller sein, wenn man die heutige Welt und ihre Herausforderungen betrachtet. Doch erst mal ganz von vorn. 

Ein Massengutfrachter beim Bunkern von Getreide
gettyimages/elena_larina
Ein Seefrachtschiff wird mit Getreide beladen.

Es hat lange nicht geregnet in Myra, die Ernte ist vertrocknet, die Menschen hungern. Da hört Bischof Nikolaus, dass im Hafen ein Schiff angelegt hat mit großen Mengen Getreide an Bord. Die Ladung ist bestimmt für den Kaiser in Konstantinopel. Nikolaus denkt: „Da lässt sich doch was machen!“ Er eilt zum Schiff und bittet die Seeleute: „Bitte, lasst einen Teil des Korns hier, die Leute hungern.“ Die Männer zucken die Schultern. Das Getreide ist genau abgewogen. Fehlt was, gibt es Ärger. Der Kaiser hat schließlich nichts zu verschenken.

Was das Kornwunder aus der Bibel ist

Jetzt beginnt etwas, was man später das Kornwunder nennt: Nikolaus versichert, dass bei der Ankunft nichts fehlen würde. Er glaubt fest: Gott hilft dabei. Die Seeleute bewundern diesen Glauben und vertrauen ihm – ein Teil des Getreides bleibt in der Stadt. Als das Schiff wenige Tage später in Konstantinopel ankommt, fehlt kein Körnchen.

Trockenheit, Missernten und hungernde Menschen gibt es auch heute – ein Kornwunder täte Not.

Wer war der Nikolaus?

Tatsächlich sind über den Nikolaus, mehrere Legenden überliefert. Zuverlässige Quellen gibt es über ihn aber kaum. Er soll auf dem Gebiet der heutigen Türkei gelebt haben. Heute wird angenommen, dass sich hinter seiner Figur zwei Persönlichkeiten verbergen: Nikolaus von Pinara und Nikolaus von Myra. Die Überlieferungen sind untrennbar in den Legenden über Nikolaus von Myra verschmolzen.

Vielleicht lässt sich das Getreideabkommen zwischen der Ukraine und Russland als kleines Kornwunder bezeichnen. Die Ukraine war vor dem russischen Angriffskrieg einer der weltweit größten Getreideexporteure. Dann blockierte Russland die Ausfuhr. Die Türkei vermittelte, gemeinsam mit den Vereinten Nationen. Mit Erfolg. Eine Zeit lang konnte wieder Getreide aus der Ukraine über das Schwarze Meer auf den Weltmarkt gelangen. Aber im Sommer beendete Russland das Abkommen – zu Lasten der Hungernden in der Welt.

Meine Hoffnung: Was möglich war, wird wieder möglich sein – dazu braucht es geschickte Verhandler wie Nikolaus – mit guten Ideen und vielleicht auch mit festem Glauben.