Sexuelle Übergriffe lassen sich durch ein Gewaltpräventionsgesetz nach Einschätzung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) nicht verhindern. Aber es lenke den Fokus darauf. Dieses Gesetz wurde 2020 verabschiedet. Seitdem gebe es „nicht weniger Fälle, das wird nie passieren, aber wir können früher eingreifen“, sagte Oberkirchenrätin Petra Knötzele. Die Juristin ist die Leiterin der kirchlichen Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt.
Seit 2010, als die Missbrauchsfälle am Canisius-Kolleg in Berlin und an der Odenwaldschule in Heppenheim bekannt wurden, sei die EKHN 87 Meldungen von sexualisierter Gewalt seit dem Kriegsende nachgegangen. Insgesamt habe es 25 Strafverfahren gegen hauptamtliche oder ehrenamtliche Mitarbeiter gegeben, nicht alle sind abgeschlossen.
Die 2022 gegründete Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt bündelt folgende Kompetenzen:
Dazu kommt die Sicht eines Betroffenenvertreters.
In einem kürzlich in der Wochenzeitung „Die Zeit“ öffentlich gemachten Fall von Missbrauchsvorwürfen gegen den verstorbenen Pfarrer Arnulf Zitelmann hatte dessen Tochter den Erstkontakt zur Kirche und ein Disziplinarverfahren kritisiert. Diese Verfahren wollen „wir stärker an den Betroffenen ausrichten“, sagt Knötzele. Da es notwendigerweise intensive Befragungen innerhalb dieser Verfahren gebe, seien diese für die von Gewalt Betroffenen seien sehr anstrengend und belastend.
„Wir haben gelernt, dass wir den Betroffenen mehr Zeit geben müssen, für sich zu klären, wo ihr Fokus ist“, sagt Knötzele. Dabei gehe es darum, ob sie auf ein Disziplinarverfahren, auf Anerkennung erlittenen Leids oder therapeutische Unterstützung hofften. Sie sei froh, in der Fachstelle nun Menschen zu haben, „die sich erst einmal bewusst auf das Zuhören konzentrieren können“, sagte Knötzele.