Der Bundestag berät zum ersten Mal über ein Gesetz, das bessere Strukturen für den Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt verbessern soll. Schutzkonzepte, die Übergriffe in der Kinder- und Jugendhilfe vermeiden, sollen laut dem Gesetzesentwurf verpflichtend werden. Für die Opfer soll durch Akteneinsicht in Kinderheimen und anderen Einrichtungen mehr Transparenz geschaffen werden.
Fälle von sexualisierter Gewalt erschüttern immer wieder auch die evangelische Kirche. Doch was passiert eigentlich, wenn ein Fall bekannt wird? An wen können sich Betroffene oder Menschen, die Verdacht schöpfen wenden? Gibt es überhaupt ein Meldesystem? Wir haben für dich Ansprechpartner:innen und Stellen zusammengefasst.
Als Betroffene von sexualisierte Gewalt oder, wenn du von einem Fall weißt, hast du mehrere Möglichkeiten, das Geschehene zu melden. Wie du vorgehen willst und an wen du doch wendest, bestimmst alleine du. Es gibt keine allgemeingültigen Regel. Du bist immer Herr:in des Geschehens.
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ist im Bereich der sexualisierten Gewalt auf drei Ebenen aktiv: Zu allerest interveniert sie in aktuelle Fälle sobald sie Informationen erhält. Zum einen unterstützt sie betroffenen Menschen. Und das möglichst unbürokratisch und einfach. So vermittelt sie unter anderem Hilfen und übernimmt anfallende Kosten, zum Beispiel für Therapien. Zum anderen arbeitet sie seit vielen Jahren daran, Risikofaktoren in ihrem Bereich zu minimieren, die möglicherweise einen sexualisierten Missbrauch begünstigen.
Wenn du deinen Namen nicht nennen möchtest, kannst du natürlich trotzdem einen Fall melden. Und zwar bei einem Online-Meldesystem. Dort kannst du deine Angaben anonym schriftlich schicken oder als Sprachnachricht, wenn es dir schwerfällt zu schreiben. Die Entscheidung, ob du irgendwann deine Anonymität aufgeben willst, liegt alleine bei dir. Die EKHN sichert dir zudem Vertraulichkeit zu. Du musst nicht befürchten, dass dein Name oder andere Informationen an Dritte weitergereicht werden.
Eins ist klar: Es spielt bei der Meldung von Fällen keine Rolle, wie lange ein Vorfall sexualisierter Gewalt womöglich her ist. Auch, wenn du unsicher bist, ob das Verhalten strafrechtlich relevant ist oder nicht, gilt die Devise: Melde ihn. Zu sexualisierter Gewalt gehören auch bereits Grenzüberschreitungen.
In der Fachstelle arbeiten Menschen unterschiedlicher Berufe zusammen. Mit dabei ist auch Matthias Schwarz, der als Betroffenenvertreter die Perspektive von Betroffenen einnimmt. Er ist in alle Abläufe eingebunden und unterstützt Betroffene dabei, sich untereinander auszutauschen.
Vielleicht hast du aber auch Bedenken, dich direkt an die Kirche zu wenden. Wenn es dir lieber ist, mit neutralen Personen Kontakt aufzunehmen, dann findest du Beratung und Hilfe bei der Zentralen Anlaufstelle.help. Dort erhalten Betroffene eine unabhängige Beratung, werden auf Wunsch an kirchliche, diakonische oder alternative Ansprechpartner:innen verwiesen, aber eben nur, wenn sie es auch wollen.
📞 Telefon: 0800 - 5040112
Für Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist Kerstin Claus zuständig. Sie wurde von der Bundesregierung zur unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs ernannt. Auf ihrer Internetseite findest du viele Hintergrundinfos, Hilfsangebote und Ansprechpartner:innen.
Das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch und die Telefonseelsorge erreichst du unter folgenden Nummern:
📞 Hilfetelefon Sexueller Missbrauch: 0800 - 22 55 530
📞 Telefonseelsorge: 0800 - 1110111 oder 0800 - 1110222
Anfang Oktober 2024 ist das Betroffenennetzwerk „BeNe“ online gegangen, das von der Betroffenenvertretung im Beteiligungsforum sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland entwickelt wurde.
Die Website gibt die Möglichkeit, sich auszutauschen, zu informieren und vor allem sich untereinander zu vernetzen. Zentrales Element ist die Kommunikation in einem sicheren Rahmen. Ein Moderationsteam sorgt dafür, dass die Diskussionen in einem geschützten Raum stattfinden.
„BeNe“ bietet zudem Hinweise zu Veranstaltungen und bündelt Informationen zu Anerkennungsverfahren und weiteren Fachstellen.
Vernetzungsplattform „BeNe“ Betroffenennetzwerk
Instagram-Profil vom „BeNe“ Betroffenennetzwerk
Wichtig ist: Fälle von sexualisiertem Missbrauch sollten immer angezeigt werden. Dazu kannst du dich an die Polizei oder die Staatsanwaltschaften in Hessen und Rheinland-Pfalz wenden. Neben der Staatsanwaltschaft gibt es eine Meldestelle des Justizministeriums:
📮 Bundesamt für Justiz, Externe Meldestelle des Bundes, 53094 Bonn
📞 Telefon: 0228 - 99 410 6644
Aber was, wenn der Fall nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden kann? Dann nimmst sich eine kirchliche Anerkennungskommission des Falls an. Vorsitzende der Kommission in der EKHN ist Ingeborg Bäumer-Kurandt. Sie war früher Vorsitzende Richterin am Landgericht in Wiesbaden, ist jetzt aber im Ruhestand. Bäumer-Kurandt sagt über ihre Arbeit: „Ich möchte dazu beitragen, dass Geschädigte für das Erlittene Genugtuung erfahren.“ Die Anerkennungskommission entscheidet darüber, ob ein Antrag auf Anerkennung erlittener sexualisierter Gewalt gerechtfertigt ist und entscheidet dann auch über die Höhe der finanziellen Leistung
Die Anerkennungskommission erreichst du