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Gründe für Verschwörungsideologien

Verschwörungserzählungen aus dem Internet
gettyimages/S-S-S

Warum verlieren sich Menschen in „Verschwörungstheorien“ wie der „QAnon-Ideologie"? Eine Ursachenforschung.

Bewusste Desinformationen, krude Verschwörungstheorien oder Extremismus: In Deutschland gibt es eine verschwörungsideologische Szene. Das zeigt sich beispielsweise deutlich im russischen Angriffskrieg oder im „Reichsbürger“-Milleu. Und manchmal werden die unglaublichen und angeblichen Wahrheiten in Famiilie und Gesellschaft als Spinnerei abgetan. 

Was steckt hinter Verschwörungsglaube?

Verschwörungsbegriffe

Da bei „Verschwörungstheorien“ Quellen und Argumentation nicht nachvollziehbar sind, nutzen wir andere Begriffe. Eine „Verschwörungsideologie“ ist beispielsweise ein in sich geschlossenes und gegen Kritik und Zweifel immunes Weltbild. Eine „Verschwörungserzählung“ weist auf einzelne Erzählungen hin. 

Quelle: Amadeu Antonio Stiftung

Aber Verschwörungsglaube ist nicht harmlos, sagt Bernd Harder. Er ist Chefreporter des Magazins „Skeptiker“ und erklärt: Verschwörungsideologien „konstruieren Feindbilder und sie radikalisieren Menschen.“

Das Internet ist voll von Behauptungen und dir sind sicherlich auch schon scherzhaft sogenannte „Chemtrails“ begegnet. Mit welchen Mythen musstest du dich schon mal auseinandersetzen? Schreib uns gerne deine Erfahrungen via Social-Media: 

Instagram

Facebook

Twitter

Wie du einen Verschwörungstheoretiker erkennst

Harder kennt sich als Mitglied der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) gut mit dem Thema aus. Er erklärt, an welchen Aussagen du Verschwörungsgläubige erkennst:

  • Behauptung, eine kleine Gruppe wolle allen anderen schaden
  • Aussagen mit starkem Appellcharakter - z.B.: „Die Menschen sollten endlich aufwachen und sich wehren.“
  • Keine Bereitschaft, die eigenen Positionen zu überdenken, auch wenn die Logik gegen sie spricht
  • Abwesenheit von Beweisen sei der Beweis, da die angeblich Mächtigen die Suche nach der Wahrheit behindern und Beweise unterdrücken wollten

Unterschied zwischen kritischem Denken und Verschwörungsglaube

Der „QAnon“-Glaube

„QAnon“ ist laut Matthias Pöhlmann (Weltanschauungs-Beauftragter der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayern) ein sektenartiger Verschwörungsglaube.  Seit Oktober 2017 verbreitet er sich in vielen Varianten. 

Der Buchstabe Q steht in den USA für die höchste Stufe der Sicherheitsfreigabe, Zugang zu Geheimakten. „Anon“ ist eine Chiffre für „anonym“. Die Attraktivität der Bewegung besteht darin, dass sie Verschwörungsgläubigen ermöglicht, weitere Erzählungen wie Puzzlestücke hinzuzufügen und als Teil einer vermeintlich wissenden Elite zu agieren – in Abgrenzung zu den sogenannten Nichterwachten.

Dinge kritisch zu hinterfragen ist gut. Und der Experte aus Darmstadt stellt klar: Verschwörungen gibt es durchaus. Der NSA-Abhör- und der Dieselskandal sind Beispiele dafür. Nur: Zur Aufklärung all dieser Skandale habe noch nie ein Verschwörungstheoretiker etwas beigetragen.

Als die „Washington Post“-Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein bei der Watergate-Affäre 1973 die Lügen des US-Präsidenten Nixon aufklärten, schafften sie das durch akribische Recherche, die sie selbst immer wieder in Zweifel zogen und überprüften. „Die beiden saßen eben nicht nur nachts vor dem Rechner in geschlossenen Facebook-Gruppen“, macht Harder den Unterschied zu Verschwörungsideologen deutlich.

Berühmte Lügen in der Politik

Strategien gegens Schwurbeln

Eine mögliche Strategie gegen Schwurbeleien sei es, darauf zu verzichten, den Verschwörungsgläubigen überzeugen zu wollen, sondern nur Rückfragen zu stellen, sagt Harder. „Die Hoffnung dabei ist, dass die Leute merken, dass sie sich in Widersprüche verstricken“, erklärt er. „Bei einigen wirkt das, bei anderen nicht.“

Einem Verschwörungstheoretiker kann man sagen, was man will, er wird sich immer im Recht sehen.

Bernd Harder

Gründe für Verschwörungsglauben

Manche Menschen scheinen anfälliger für solche Erzählungen, Mythen und Ideologien als andere. Warum das so ist, versucht Felicitas Flade zu erklären. Sie ist Sozialpsychologin an der Uni Mainz. Sie nennt mehrere Gründe:

  •  „Verschwörungsgläubige wollen sich einzigartig fühlen.“

Solche Menschen neigten zu Minderheitenpositionen. Klar ist: Ob jemand überall geheime Machenschaften wittert, hat nichts mit dessen Intelligenz oder mit psychischen Krankheiten zu tun. Aber es gebe bestimmte Menschen, die anfälliger dafür seien. „Dominanzorientierte Leute zum Beispiel, die eine stark hierarchische Gesellschaft bevorzugen“, zählt sie auf, „oder Rechtsautoritäre.“

  • „Der typische Verschwörungsmystiker hält sich für schlauer als andere.“

Bei nahezu allen Verschwörungserzählungen fällt auf, dass sie mit einer starken Selbstaufwertung und einer Abwertung anderer Menschen verbunden sind. „Schlafschafe“ ist ein beliebter Ausdruck in der Szene für alle, die sich von der sogenannten Propaganda einlullen lassen. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass Verschwörungsglaube viel mit einem geringen Selbstwertgefühl zu tun hat. Ein solcher Zusammenhang sei plausibel, bestätigt Flade, allerdings sei er von der Forschung nicht sicher belegt.

  • Das Gefühl, Kontrolle über das eigene Leben zu haben, spielt auch eine Rolle.

Menschen, bei denen dieses Gefühl nur gering ausgeprägt ist, seien anfällig für Kontrollillusionen. Die Überzeugung, ein fieses Spiel aufgedeckt zu haben, kann so eine Illusion sein.