Dein Haustier hat kein Wahlrecht, warum hatten es viele Menschen in Deutschland noch vor kurzem auch nicht? Was absurd klingt, war jahrzehntelang normal. Denn Menschen mit geistiger Behinderung von der Wahl ausgeschlossen wurden. Erst 2019 wurde dieses Recht für alle durchgesetzt.
Heute können auch Menschen, die betreut werden, ihre Stimme bei Wahlen abgeben. Doch ist das Wahlrecht allein schon gelebte Inklusion? Bei einem Infoabend einer inklusiven Wohngruppe zeigt sich: Es braucht viel mehr als nur ein Gesetz, damit wirklich alle mitmachen können.
Kristjan Zweigert will unbedingt an der Bundestagswahl seine Stimme abgeben. Denn wenn er nicht wählt, „wird meine Stimme ja jemand anderem gegeben“. Er ist überzeugt, dass die Politik mehr für Rollstuhlfahrende wie ihn tun müsse. Deswegen wählt er auch aus Protest: Themen wie Inklusion und soziale Gerechtigkeit liegen ihm am Herzen, und er möchte Parteien wählen, die sich wirklich für solche Anliegen einsetzen.
Wer keine Briefwahl macht, bekommt Hilfe. Mitarbeiterin Rebekka Pälmer organisiert einen gemeinsamen Ausflug zum Wahllokal.
Erika Dehm will das Angebot nutzen: „Viele sagen, die Wahl interessiert mich nicht, aber es ist wichtig!“ Sie hofft, dass Politiker*innen sich besser um die Belange von Menschen mit Behinderung kümmern. Ob sich nach der Wahl etwas ändert? Erika ist unsicher, aber nicht zu wählen kommt für sie nicht infrage. „Das gehört sich einfach.“
Barrierefreie Wahllokale gibt es leider noch nicht überall. „Da müssen wir noch mehr tun“, sagt Eric Simon. Beispielsweise Orientierungslinien auf dem Boden könnten blinden Menschen helfen, sich besser zurechtzufinden. „An solchen Dingen zeigt sich, ob die Gesellschaft ein wirkliches Interesse hat“, dass alle mitmachen können.
Hat die Politik in Berlin Menschen mit Behinderung auf dem Schirm? „Ja“, sagt Simon. Aber soziale Themen spielen in Wahlkämpfen oft nur eine kleine Rolle.