Fußball-WM 2022

Fußball-WM Katar schauen: Was spricht dafür? Was dagegen?

WM-schauen Katar Pro/Con Lösch/Drotschmann
Lutherkirche Wiesbaden / ZDF/Dennis Weissmantel
PRO CONTRA
Johannes Lösch und Mirko Drotschmann über die WM in Katar

Die WM in Katar - hast du dir die Spiele angeschaut? Oder hast du das Turnier boykottiert? In unserem Pro & Contra liefern wir dir Argumente.

Die einen freuen sich, die anderen wollen mit Fußball in diesem Winter nichts zu tun haben. An der Fußball-WM 2022 in Katar scheiden sich die Geister. Auch bei Pfarrer Johannes Lösch vom Evangelischen Bund und Mirko Drotschmann, alias MrWissen2go gehen die Meinungen weit auseinander. 

Johannes Lösch: „Bei der WM werde ich live dabei sein!“

Johannes Lösch
privat
Johannes Lösch

Vorab gesagt: Ich bin kein großer Fan des Staates Katar. Ich will gar nicht erst versuchen, die vielen Vorwürfe gegen die FIFA, gegen das Emirat und seine politischen Führer zu entkräften.

Und ich werde meinen Advent auch lieber bei Plätzchen und Kerzenschein im kalten Deutschland verbringen, als bei Pommes und Kaltgetränk in einem WM-Stadion in Katar.

Meinen Kindern vermittelt die WM den Spaß am Sport

Aber ich werde live dabei sein. Vor dem Fernseher oder einer großen Leinwand, vielleicht ja sogar auf dem Weihnachtsmarkt. Und ich werde sie anfeuern, die elf deutschen Spieler auf dem Platz, die alles dafür geben, erfolgreich zu sein. Ich freue mich auf große Überraschungen, auf die jungen Shooting Stars auch anderer Nationen, die hier auf der großen Bühne zeigen, was sie können.

Und die meinen Kindern und Millionen anderen den Spaß am Sport vermitteln werden, so wie es auch bei mir vor dreißig Jahren der Fall gewesen ist.

Fußball-WM in der Adventszeit

Lässt sich die Fußball-WM mit der Adventszeit vereinen? Unter dem Motto „Macht hoch die Tür, die Tooor macht weit“ hat der Evangelische Bund eine Arbeitshilfe für Gemeinden und Gruppen herausgegeben (PDF). 

Früher war es im Fußball nicht besser als heute

Das klingt so, als spräche hier ein Fußballromantiker. Viele, die sich so nennen, klagen, dass Katar keine Fußballtradition habe, nur Geld aus ihrem umweltfeindlichen Ölgeschäft. Und dass in dieser WM ein Tiefpunkt des „Geschäftsmodells Fußball“ erreicht sei.

Ich will mich hier nicht anschließen. Innerhalb ihrer jeweiligen Möglichkeiten hat es auch früher schon Mäzene und mächtige Vereinsbosse gegeben, die in Hinterzimmergeschäften den Fußball gelenkt haben. Und die in früheren Jahren sicherlich auch nicht so fortschrittlich über Gleichberechtigung und Toleranz gedacht haben, wie wir es uns heute erhoffen.

Ich kann an nichts denken, war im früheren Fußball wirklich besser gewesen ist als heute.

Die Spieler der einzelnen Teams spielen nicht für Menschenrechte

Für mich bedeutet das: Fußball ist nicht in erster Linie „gut“ oder „böse“. Die jeweils 26 Spieler aus 32 Nationen spielen nicht für Menschenrechte oder gegen verbrecherische Geschäftspraktiken. Sondern um den größten Pokal ihrer Sportart, um Ruhm, Ehre und natürlich auch Prämien. Als Fußballfan lehne ich es deshalb ab, wenn mein Nicht-Boykott als politische Parteinahme verstanden wird.

Ich werde mich freuen über jede ins Stadion geschmuggelte Regenbogenfahne.

Ganz neutral zu den aufgeworfenen Fragen an das Gastgeberland bin ich freilich auch nicht: Ich werde mich freuen: Über jede ins Stadion geschmuggelte Regenbogenfahne, über völkerverbindende Fanchoreografien und über jeden Spieler oder Trainer, der seine Meinung per Statement oder eine symbolische Aktion abseits des Platzes kundtut.

Mirko Drotschmann: „Die WM in Katar werde ich komplett ignorieren“

Mirko Drotschmann
ZDF/Dennis Weissmantel
Mirko Drotschmann

Die Fußball-WM ist für Fußball-Fans wie mich eigentlich eine richtig gute Sache. Dieses Mal ist es aber anders: Die WM in Katar werde ich komplett ignorieren – aus mehreren Gründen.

Die WM findet im Winter statt und wurde vermutlich gekauft

Das Land der ausgeprägten Fußball-Kultur ist Katar nicht – auch aufgrund des Klimas dort. Im Sommer ist es zu heiß, um Fußball zu spielen, die WM findet deshalb im Winter statt. Spielpläne in den nationalen Ligen müssen daher geschoben werden. Für die Spieler bedeutet das kürzere Pausen, einen dichteren Spielplan und weniger Regenerationsphasen.

Dass Katar die WM anstelle der USA bekommen hat, hängt vermutlich mit Bestechung zusammen – was nichts Neues ist: Denn auch die Weltmeisterschaften in Russland, Südafrika und Brasilien sollen gekauft worden sein, genau wie die WM 2006 in Deutschland.

6.500 Arbeitsmigranten sind in Katar gestorben

Als Katar die Zusage für die WM bekommen hat, gab es so gut wie keine Infrastruktur für das Turnier. Acht Stadien mussten gebaut werden, dazu Straßen und Schienennetze.

6.500 Arbeitsmigranten aus Indien, Pakistan oder Nepal sollen seit 2010 im Zusammenhang mit den Arbeiten gestorben seien: Bei Arbeitsunfällen, wegen hoher Temperaturen, langen Arbeitszeiten und schlechter Versorgung.

Monatelang mussten sie auf ihr Geld warten, wohnten zusammengepfercht auf engstem Raum. Laut der Vereinten Nationen hätten sie wie Sklaven den Arbeitgebern gehorchen müssen, wurden verprügelt, wenn sie einen Fehler gemacht haben. Auch Amnesty International spricht von „sklavenähnlichen Zuständen“. 

In Katar gelten kaum Menschenrechte

Katar ist eine absolutistische Monarchie. Wichtige Grundrechte wie Meinungs-, Presse oder Versammlungsfreiheit gelten in Katar entweder gar nicht oder nur eingeschränkt.

Besonders schwierig ist die Situation für Frauen und Homosexuelle. Letzteren drohen wegen ihrer Homosexualität bis zu fünf Jahre Haft. Auch für Frauen gilt das Recht der Scharia. Wenn eine Frau vergewaltigt wird und sie es anzeigt, dann muss sie damit rechnen, wegen außerehelichem Geschlechtsverkehrs verurteilt zu werden. Haftstrafen drohen auch beim Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit und sogar Peitschenhiebe.

Bei der WM geht es um Glaubwürdigkeit und um unsere eigenen Werte

Die WM ist ein weltoffenes Turnier, das für Toleranz stehen sollte. Klar kann man sagen: Ein Boykott der WM würde die Rechte der Menschen dort wegen fehlender Aufmerksamkeit nur noch mehr schwächen.

Ich finde aber: Bei dieser Sache geht es um unsere eigene Glaubwürdigkeit und um unsere Werte. Wenn wir Katar gewähren lassen, wie sollen wir als demokratisches Land jemals wieder andere für ihren Umgang mit Menschenrechten kritisieren, wenn wir den Gegnern dieser Rechte bei dieser WM zujubeln?

Ich würde sagen: Es ist naiv zu glauben, dass ohne einen Boykott in Katar alles dauerhaft besser wird.

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Pfarrer Johannes Lösch
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