Protokolle

Erfahrungsberichte: Unsere Ängste…

Wir erzählen euch, woor wir uns fürchten.
privat

Krieg, Spinnen, Einsamkeit - es gibt nicht wovor man nicht Angst haben kann. Wir erzählen dir von unseren Ängsten.

Angst vor dem Krieg in der Ukraine (Martin)

Pfarrer Martin Vorländer
Karsten Fink

Krieg in der Ukraine, Corona, Klima, manchmal habe ich das Gefühl, wir sind von Krisen umzingelt. Vielen um mich herum macht das Angst. Mir auch. Mich beeindruckt, dass die Leute in der Ukraine nicht so sehr von Angst sprechen.

Ich hab ein Interview mit einer Frau in Kiew gehört, die hat gesagt: „Da ist kein Platz für Angst. Ich bleibe und gebe meine Stadt nicht auf.“ Ich denke: Vielleicht bekommen wir die Widerstandkraft, die wir brauchen, wenn wir mitten in der Krise stecken.

Dennoch löst dieser Krieg in mir ein Gefühl von Ohnmacht aus, als könnte ich gar nix tun. Aber wir können was tun und viele machen das auch: Demonstrieren, spenden und: beten. Mir hilft, was in der Bibel steht. Da sagt Jesus:

In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost: Ich habe die Welt überwunden.

(Johannes 16,33)

Ja, die Welt kann zum Fürchten sein, aber das, was Jesus da sagt, ist stark: ER hat die Welt überwunden.

Für mich ist das eine Zusage: Nicht nur die Diktatoren und Kriegsherren haben das Sagen. Gottes gute Kraft ist in der Welt. Wenn ich sehe, was die Menschen in der Ukraine leisten, dann denk ich mir: Mensch, mach die Angst nicht so groß. Und ich halt mich dann fest daran: Gottes gute Mächte wirken.

Die Angst vor dem Tod (Stefanie)

Ein offenes Grab erinnert an den Tod
privat
Stefanie fühlt sich auf Friedhöfen gar nicht wohl.

Nichts ist für mich so schlimm wie der Tod. Wenn ich darüber nachdenke, dass ich eines Tages einfach weg bin. Nicht mehr sprechen, nicht mehr denken, nicht mehr bin, einfach aufgehört habe zu existieren, läuft es mir eiskalt den Rücken runter.

Ich meine damit nicht das Sterben, Das stelle ich mir vor mir wie Einschlafen. Damit kann ich leben. Nein, mir graut es vor dem Nicht-mehr-sein. Und vor der damit verbundenen Einsamkeit. Keine Familie, keine Freunde, nicht mal entfernte Bekannte zum Reden, um mich sicher zu fühlem. Ich werde alleine sein in einer fremden Umgebung, mit fremden Menschen oder vielleicht sogar mit niemandem. Weit und breit nichts Vertrautes. Für mich ist das der totale Kontrollverlust.

Der Gedanke daran, lässt mich erschaudern. Mehr noch, er macht mir Angst. Große Angst. Liege ich nachts wach und denke an den Tod, schlägt mein Herz schneller, an Schlaf ist nicht mehr zu denken. Egal, was ich versuche, mich anzufreunden mit dem Tod gelingt mir nicht. Ich muss die Gedanken daran, zur Seite schieben, tief vergraben in eine weit hinten liegende Ecke in meinem Kopf, sonst gerate ich in Panik.

Angst vor dem Corona-Virus (Nils)

Unser Redakteur Nils putzt sich die Nase.
Nils Sandrisser
Unser Redakteur Nils hatte Corona - und das war zumindest am Anfang für ihn ziemlich unheimlich.

Kaum habe ich einen Text darüber fertiggeschrieben, wie Corona durch die Kitas ballert und wie die Politik Kinder, Eltern und Erzieherinnen im Stich lässt, da bringt unser Kleiner die Seuche aus der Krippe mit nach Hause. Erst ist sein Test positiv, zwei Tage darauf meiner.

Erst habe ich nur Schnupfen. Dann schlägt es auf die Stimmbänder, meine Stimme hört sich an, als spräche ich durch eine Gießkanne. Dann kommt der Husten, der sich schnell so anfühlt, als ziehe jeder explosionsartige Ausatemstoß wie mit einem Treibanker Lungengewebe mit nach draußen. Ich spüre, wie das Virus schnell tiefer in mich vordringt und weiß nicht, wo es stoppen wird.

Das macht richtig Angst. Klar, jeder hat Angst vor Corona, die ganze Zeit schon. Aber wenn es einen dann doch erwischt, ist es doch anders. Und klar, ich bin dreifach geimpft, habe weder Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht oder andere Risikofaktoren. Meine Frau und meine beiden Kinder auch nicht.

Das Risiko für uns ist äußerst gering. Aber eine Garantie, dass das für mich oder für jemanden aus meiner Familie nicht auf dem Friedhof oder auf der Intensiv endet, gibt es nicht.

Ersticken ist die übelste Art, zu sterben. Und es muss ja nicht mal Sterben sein: Überleben mit einem bleibenden Lungenschaden kann auch richtig, richtig scheiße sein. Für den Rest des dann erbärmlichen Lebens. Angst, Angst, Angst. Immerhin: Dem Kleinen läuft nur die Nase, der Große und meine Frau sind noch negativ.

Ich habe Angst, und ich habe Wut. Dankeschön, liebe Politik.

Die Angst vor unangenehmen Nachrichten (Carina)

Die Angst vor schlechten Nachrichten.
privat
Carina fürchtet den Moment, in dem sie eine schlechte Nachricht erhält

Vorab: Ich bin ein harmoniebedürftiger Mensch. Ich habe nicht gerne Streit, möchte, dass man mich mag.

Nun mal angenommen, ich bin heute Abend mit einer Freundin zum Essen verabredet, fühle mich aber abgeschlagen, habe Kopfschmerzen und will einfach nur aufs Sofa. Dann mache ich Folgendes: Nachdem die WhatsApp-Nachricht mit der Absage raus ist (die ich mit zitternden Fingen und flauem Magen nach mehreren Überarbeitungsverfahren verfasst habe), schalte ich mein Handy aus und werfe es weit von mir weg. Kein Scherz.

„Schlimm!“, schimpfe ich mich selbst aus, lasse das Handy aber zumindest für eine halbe Stunde ausgeschaltet. Denn ich habe Angst. Angst vor der Reaktion des Anderen. Was, wenn Sie mir jetzt eine böse Nachricht zurückschickt? Nicht mehr mit mir befreundet sein will? Denkt, ich hätte keine Lust auf ein Treffen.

Klar, früher oder später lese ich die gefürchtete Nachricht. Aber noch bin ich eben nicht bereit dafür. Ich muss mich mental darauf einstellen. Nach 30 Minuten also fische ich vorsichtig das Handy zu mir rüber und drückte todesmutig den „On“-Schalter. Mit Herzklopfen und zugekniffenen Augen.

Und ob ihr es glaubt oder nicht, die Freundschaft hat mir noch niemand gekündigt.

Optimismus gegen Angst (Esther)

Was Esther zu ihren Ängsten sagt: Ich halte mich nicht für einen besonders ängstlichen Menschen. Ich neige sogar eher dazu durch meinen Optimismus Gefahren schlechter einzuschätzen, als es mein Umfeld tut. Wenn ich zum Beispiel Ungerechtigkeit beobachte, dann kann ich die Klappe einfach nicht halten.

Was mir aber eine Himmel-Angst macht?

  • Der Rechtsruck in Deutschland.
  • Das planetare Verschlafen der Klimakrise.
  • Der Tod meiner Eltern.

Aber ich bin viel zu optimistisch, als dass ich meinen Alltag durch Ängste dominieren lassen würde. Hin und wieder erfasst mich der Weltschmerz und ich lass meine Angst über mich rollen. Dennoch sehe ich es nicht ein, davon meinen Alltag bestimmen zu lassen.

Milch im Kaffee
Karsten Fink

Ich trinke meinen Kaffee nicht schwarz, sondern lieber mit einem Schuss Milch in der Tasse. Und so sehe ich auch die Welt: Eigentlich eine absolute Katastrophe, aber ich gebe gerne einen Schuss Milch in die bittere Brühe.

  • Elektro-Tretroller zur Seite stellen.
  • Für die Freundin in Isolation einkaufen gehen.
  • Keine Frischhaltefolie und Küchenrolle in der Küche.

Für mich bedeuten diese kleinen Gesten, dass meine Umwelt ein bisschen heller wird und ich hoffe, dir geht es ähnlich. Den folgenden Tweet von Marina Weisband finde ich ziemlich treffend 🔽

Angst vor Prüfungen (Detlef)

Detlef bei der Vorbereitung auf sein Examen.
privat
Detlef bei der Vorbereitung auf sein Examen.

Hilfe, ich will nicht!!!! Am Morgen meiner Examensprüfung dreht sich mir der Magen um. Naja, was heißt am Morgen? Genau genommen sind es zehn Morgen. Fünf Klausuren und fünf mündliche Prüfungen sieht meine Studienordnung vor.

Es ist jedes Mal dasselbe: Aufstehen mit einem flauen Gefühl im Bauch, nur widerwillig unter die Dusche, mit zittrigen Händen Kaffee kochen, den ich fast verschütte. Frühstück brauche ich keins, das kriege ich sowieso nicht runter.

Ich verlasse das Studentenwohnheim. Am Liebsten will ich umkehren. Ja, das ist gut! Aber wie und wann mache ich dann mein Examen? Beim Nachholtermin? Nächstes Semester? Okay, doch keine so gute Idee. Ich gehe weiter.

Eigentlich, überlege ich, müsste ich mal mit der Dekanin sprechen. Examensprüfungen, das ist doch ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Wieso müssen die in meinem Magisterstudiengang alle am Ende des Studiums stattfinden? Und überhaupt – was heißt hier Prüfungen? Sind 14 Semester Theologiestudium nicht schon Prüfung genug?!

Etliche Studien belegen bestimmt, dass dieses Modell nicht zielführend ist. Sicher sind schon ganze Heerscharen an Studierenden allein aufgrund von Prüfungsangst durchgefallen. Da müsste doch auch die Dekanin wissen, dass …

Ich bin an der Uni angekommen. Dann geht alles ganz schnell. Die 20 Minuten der mündlichen Prüfung vergehen wie im Flug. Bis es heißt: „Bitte warten Sie einen Moment draußen.“ Himmelherrgott!! Unruhig laufe ich vor der Tür auf und ab. Auch diesen Teil, überlege ich, das müsste man mit der Dekanin wirklich mal …

Die Tür geht auf. „Kommen Sie rein“, sagt der Prüfer, und: „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben bestanden!“ Puuuh! Eine Last so schwer wie 500 dicke Bücher fällt von mir ab.

Der ganze Stress und die Anspannung haben sich gelohnt. Von Angst ist auf einmal kein Hauch mehr zu spüren. Am Ende bin ich dann doch ein wenig stolz. Meine Angst habe ich überwunden, indem ich ihr nicht nachgegeben habe.

Vor was hast du eine Heidenangst?

Ngst vor Spinnen, Höhenangst oder Klaustrophobie: Mit unseren Ängsten sind wir nicht alleine! Erzähl uns: Was macht dir Angst? Und was hilft dir dagegen? Erzähl uns deine Geschichte! Schreibe uns eine E-Mail oder melde dich über unsere Social-Media-Kanäle auf:

Instagram

Facebook oder

Twitter.