Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan

Ein Konzept für Veteranen

Andrea Seeger
Kommentar von Andrea Seeger

Der große Zapfenstreich in der Bundeswehr: Wie geht Deutschland mit seinen Veteranninen und Veteranen um?

Der große Zapfenstreich als emotionaler Abschluss des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr. So bezeichnet Bernhard Drescher, Vorsitzender des Bundes Deutscher EinsatzVeteranen e.V., das Ritual, das diese Woche in Berlin über die Bühne ging. War es das?

Für einige Soldatinnen und Soldaten vielleicht. Aber unterm Strich bleibt wohl bei vielen der Eindruck einer insgesamt mangelnden Wertschätzung haften, Zapfenstreich hin, Zapfenstreich her. Sehr sichtbar wurde das bei der stillen Rückkehr der letzten Soldatinnen und Soldaten aus dem Land am Hindukusch im Juli. Keine Verteidigungsministerin, kein Außenminister, kein Parlamentarier weit und breit im niedersächsischen Wunstorf.

Es legt die Vermutung nahe, dass die Bundeswehr nicht sehr weit oben steht im gesellschaftlichen Ansehen. Ein gutes Beispiel dafür sind die nördlichen Bundesländer. Auch bei den Kirchen ist die Truppe nicht überall wohlgelitten. Der pompöse Abschlussappell mit der gesamten Staatsspitze samt Bundespräsident und Kanzlerin ist innerkirchlich durchaus umstritten - ebenso wie auch die Militärseelsorge nicht überall als notwendig erachtet wird.

Kirchen könnten mehr zum Ansehen der Bundeswehr beitragen

Schade, denn die Kirchen könnten viel dazu beitragen, die Soldatinnen und Soldaten als Menschen stärker wahrzunehmen.  Denn wer, wenn nicht Vertreterinnen und Vertreter von Kirchen, haben den einzelnen Menschen und seine Würde so sehr im Blick? Das gilt auch für Angehörige der Bundeswehr. Klar, die Frauen und Männer haben ihren Beruf aus freien Stücken gewählt, sie tun ihre Arbeit. Was sie aber genau erwartet in solch einem Einsatz, das wird vielen vorher nicht bewusst gewesen sein.

Man muss nur mal auf den Rückholeinsatz in Kabul schauen, nachdem die Amerikaner das Land verlassen hatten. Der hochdekorierte Brigadegeneral Jens Arlt sitzt am 14. August bei einer privaten Feier, bekommt einen Anruf, kurze Zeit später findet er sich mit seiner Truppe in Kabul ein. Es spricht von einem moralischen Ausnahmezustand.

Die Bilder von niedergewalzten Frauen und Kindern vom Flughafen brennen sich ihm und den anderen ein. Bis zu 6000 Menschen gleichzeitig halten sich dort auf, das Abwasser wird nicht entsorgt, überall Exkremente, es stinkt zum Himmel. Mehrere tausend Mal müssen die Soldaten entscheiden, wer den Flieger der Hoffnung besteigen darf und wer nicht. Sind die Soldaten tatsächlich dafür ausgebildet? Die Bilder der Verzweiflung und des Schreckens bekommen die Soldatinnen und Soldaten nicht aus dem Kopf.

Was sie aber genau erwartet in solch einem Einsatz, das wird vielen vorher nicht bewusst gewesen sein.

Mehr Hilfe für Rückkehrer:innen aus Kriegsgebieten

Wer hilft ihnen dabei, damit fertig zu werden? Wie wäre es nach 30 Jahren Auslandseinsatz endlich mit einem Programm für Heimkehrer, einem Veteranen-Konzept? Mit Leitlinien, wie die Gesellschaft umgehen soll mit seelisch, körperlich, moralisch Verwundeten und ihren Angehörigen. Dazu gehören unterschiedliche Formen der Therapie. Und Möglichkeiten, ihre Identität mit diesen besonderen Erfahrungen leben zu können. Und eine Anerkennung von uns allen. Die Politik muss dafür den Rahmen setzen, muss Impulse geben.

Die Menschen irgendwo hinzuschicken ist leicht. Sie anschließend wieder in die Gesellschaft zu integrieren ist ungleich schwieriger. Gut ausgebildete Seelsorgerinnen und Seelsorger können auf diesem Feld wichtige Arbeit leisten. Dabei ist es völlig egal, wie diese oder jene Landeskirche zur Militärseelsorge steht. Die Bundesrepublik schickt Menschen in Krisen- und in Kriegsgebiete. Sie muss auch Verantwortung für die Folgen übernehmen. Dabei kann die Kirche helfen, um der Menschen willen.   

Was ist deine Meinung?

Die Bundeswehr und die Einsätze werden viel diskutiert und kritisiert. Was aber ist mit den Soldat:innen, die aus den Kriegsgebieten zurück kommen? Was muss die Gesellschaft und die Kirche für sie tun? Inwiefern können wir für diese Menschen da sein? Deine Meinung und deine Ideen zu diesem Thema interessiert uns. Schreibe uns zum Thema über unsere sozialen Netzwerke auf

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