Unter Corona leiden viele Menschen. Besonders gebeutelt sind Künstlerinnen und Künstler. Pirkko Cremer ist eine von ihnen. Die Schauspielerin
Sie gerät in eine tiefe Krise. Aber die Telefonseelsorge, eine engagierte Psychiaterin und die Diakonie helfen ihr.
Pirkko Cremer ist nicht nur Schauspielerin. Sie arbeitet auch als Sprecherin, ist seit mehr als zwei Jahrzehnten Teil der Truppe von Michael Quast und seinem Mundarttheater. In „Barock am Main“ wird sie im Sommer 2022 im „Worschtmichel“ spielen.
Sie schreibt auch ihre eigenen Theaterstücke. Die Groteske „Massimo, du hast mich nie geliebt“ war im Hessischen Fernsehen zur Weiberfastnacht zu sehen. In ihren Theaterstücken zum Mitmachen für Kinder bringt sie gesellschaftsrelevante Themen spielerisch auf die Bühne.
Die Künstlerin ist Mutter zweier Kinder, neun und elf Jahre alt. Mit deren Vater hatte sie in Frankreich zusammengelebt. „Wir wollten in Altenheimen zusammen auftreten und singen, außerdem mit einer fahrenden Crêperie umherziehen“, erzählt sie. Mit ihm zusammen könne sie wunderbar singen und träumen, aber keinesfalls den Alltag bewältigen.
Cremer kehrte zurück in ihre Heimatstadt Rodgau und zieht die Kinder nun alleine groß, ohne Unterhalt des Vaters. Aber mit Kindergeld und Unterhaltsvorschuss läuft es einigermaßen.
Freundschaften seien zerbrochen, weil Menschen, die alleine leben, sich nicht vorstellen könnten, wie es ist in Quarantäne mit zwei heranwachsenden Kindern. Das habe sie bis jetzt mehrere Male und wochenlang mitmachen müssen.
An guten Tipps von anderen habe es nicht gemangelt, geholfen habe ihr das kein bisschen. Sie sei so fertig gewesen, dass sie die Telefonseelsorge angerufen habe. „Eine halbe Stunde mit jemandem reden tut schon sehr gut“, sagt sie. Manchmal habe sie über längere Zeit niemanden dort erreicht, das empfinde sie als ganz schlimm.
Das sind acht Seiten, das mache ich nicht.
„Ich war innerlich so zerfetzt, ich konnte nicht mehr“, sagt die 48-Jährige.
Dann ging sie zu einer Psychiaterin. „Sie hat mir sehr geholfen, mir gesagt, was ich alles schon geschafft habe und jeden Tag stemme. Und sie empfahl mir eine Mutter-Kind-Kur.“ Sie bittet ihre Hausärztin, den Antrag auszufüllen. „Das sind acht Seiten, das mache ich nicht“, habe diese entgegnet.
Das seien alles Widerstände, die man in einem solchen Zustand kaum bewältigen könne. Pirkko Cremer erzählt ihrer Psychiaterin davon, daraufhin füllt diese den Antrag aus. Cremer geht zur Diakonie, legt alles vor und bekommt die Kur bewilligt. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort haben sich um alles gekümmert, das war wirklich ganz toll“, lobt sie die Diakonie.
Immer wieder verliere ich Hoffnung und Mut.
Die Schauspielerin bleibt allen Widrigkeiten zum Trotz dran an der Kunst und am Leben. Sie entwickelt für die Stadtbücherei Nieder Roden Puppentheaterstücke und führt sie online auf. Das Kulturamt der Stadt Frankfurt finanziert eine Lesung, die dann wegen eines erneuten Lockdowns keine Premiere feiern konnte und deshalb nun als Hörbuch produziert werden durfte.
„Immer wieder verliere ich Hoffnung und Mut“, sagt die Künstlerin. Kaum freue sie sich über ein zugesagtes Projekt, müsse ein Kind wieder mal in Quarantäne. Dieses Gefühl „Ich bin nichts wert“ nagt an ihr.
Vom Putzgeld konnte ich mir ein Fahrrad kaufen.
Sie könne aber ohne Kunst nicht leben. Die Psychiaterin baut sie immer wieder auf. „Das ist eine ganz tolle Frau“, findet Cremer. Dann bekommt sie von einem Wohnungsverwalter den Zuschlag, mehrere Häuser zu putzen. „Darüber freue ich mich“, sagt sie. „Vom Putzgeld konnte ich mir ein Fahrrad kaufen“, erzählt sie. Bei ihrem alten sei die Achse gebrochen.
Und wenn sie schon dabei ist, Gutes aufzuzählen:
Das möchte sie gerne tun. Aber Ausflüge sind teuer. „Wir waren mal im Center-Park. Die Kinder waren den ganzen Tag beschäftigt, haben sofort neue Freunde gefunden und waren glücklich“, beschreibt Pirkko Cremer. Das möchten sie unbedingt noch mal machen.
Geht aber im Moment nicht. Nintendo, Play-Station und ähnliches für die Kurzweil in langen Quarantäne-Tagen sind nicht vorhanden.