Freie Bahnen für die Weihnachtsgottesdienste. Ganz klar, die Religionsfreiheit in unserem Land ist ein hohes Gut. Klar, wir feiern Weihnachten als hohes christliches Fest. Auch klar: wir wussten schon im Frühjahr, dass dieser Winter härter wird, als in den vergangenen Jahren. Die zweite Corona-Welle kam mit Ankündigung!
Ich wundere mich, warum irgendjemand geglaubt hat, dass wir das übliche Weihnachtsfest im Kreis unserer (großen) Familie verbringen werden und die Kirchenbänke voll wie immer sein werden. Hand aufs Herz:
Wie blind wart ihr eigentlich?
Ich will nicht ungerecht sein: Viele haben sich Gedanken gemacht: Krippenspiele im Sommer aufgezeichnet, Kamera-Equipment für den Heiligabend-Livestream organisiert und und und. Aber das ist so ähnlich wie mit den Schulen aktuell. Es gibt ein paar besonders Weitsichtige an entscheidenden Stellen, aber das Gros scheint im Sommer dann doch lieber in den Urlaub gefahren zu sein.
Mich irritiert, warum gerade jetzt viele Gemeinden zu Präsenz-Gottesdiensten einladen: Kirchen offen halten, ist das eine, zu Gottesdiensten aufrufen das andere. Die Türen müssen offenbleiben, damit Seelsorge und das stille Gebet jedem einzelnen weiter möglich sind.
Die Einladung zu Gottesdiensten erscheint mir aber unverantwortlich. Denn hier setzen sich Menschen einem Risiko aus, das in diesem Jahr vermieden werden kann. Es wirft bittere Fragen auf: Warum müssen Läden schließen, warum dürfen Künstler*innen nicht auftreten – aber warum lädt die Kirche zu Gottesdiensten?
Da nutzt es auch nichts, wenn viele Kirchen jetzt das „einerseits und andererseits“ predigen: Einerseits halten viele Kirchen an öffentlichen Weihnachtsgottesdiensten fest und andererseits ermuntern sie, an digitalen Gottesdiensten teilzunehmen oder Gottesdienst in den Familien zu feiern.
Hinter dieser Strategie ist keine klare Linie zu erkennen, um vor dem Coronavirus zu schützen. Im Gegenteil: Die ständige wabernde Unklarheit treibt Menschen ins Risiko. Da hilft es auch nicht, an die Eigenverantwortung eines jeden Menschen zu appellieren – so sieht eher Flucht aus der Verantwortung aus.
„Gehen Sie Weihnachten nicht in die Kirche“ – dieser Aufruf von Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer im Landtag hat viele irritiert. Ein Aufruf, der der Politik nicht gut zu Gesicht steht.
Bitte keine Gottesdienste an Weihnachten in der Kirche