Abstands- und Distanzregeln, fehlende Möglichkeiten des Abschiednehmens und starke Beschränkungen bei der Anzahl der Trauergäste bei Beerdigungen. Todesfälle im Familien- oder Freundeskreis sind ohnehin schlimm, doch die Corona-Pandemie sorgt für zusätzliche Belastungen. Deswegen habe ich mit Jennifer (Name von der Redaktion geändert) gesprochen. Sie hat im vergangenen Jahr ihre Mutter verloren.
Jennifers Mutter starb kurz nach einer Corona-Erkrankung. Die über 90-Jährige litt an einer Demenz und lebte im Pflegeheim. Dort hatte sie sich mit Corona infiziert, sagt Jennifer.
Die Infektion brach bei der Mutter im Herbst aus. Sie war daraufhin bettlägerig, hatte Glieder- und Halsschmerzen. „Nach zwei Wochen der Erkrankung war sie dann auch wieder Corona-frei“, sagt Jennifer. Dennoch verstarb die Mutter nur wenige Tage später. Die Erkrankung und ihre Folgen hat sie offenbar nicht verkraftet.
Die Pflegekräfte im Heim riefen Jennifer an. „Ein weiteres Familienmitglied und ich hatten die Möglichkeit, ins Heim zu fahren und Abschied zu nehmen“, erzählt sie. Wenngleich sie nur einzeln und in voller Schutzmontur zur Mutter durften, sei es ein Trost gewesen, die Mutter noch einmal zu sehen.
Denn nachdem die Besuche im Pflegeheim den Sommer über zumindest im Außenbereich wieder möglich waren, gab es ab Herbst mit den steigenden Infektionszahlen wieder ein Besuchsverbot. „Das war eine schlimme Zeit“, sagt Jennifer.
Aufgrund des Gesundheitszustands der Mutter waren auch keine Telefonate mit ihr möglich. Jennifer konnte nur im Haus anrufen und sich nach dem Zustand der Mutter erkundigen konnte.
Die Beerdigung fand zum Beginn des zweiten Lockdowns auf dem Friedhof im Freien statt. „Zum Glück hat es nicht geregnet“, sagt Jennifer. Nur fünf Menschen durften aufgrund der Kontaktbeschränkungen zur Trauerfeier kommen. „Es ist ein großer Schmerz, den man in einer solchen Situation fühlt, die man nicht ändern kann“, sagt sie.
Die Pfarrerin war sehr mitfühlend
Trost habe sie durch die Pfarrerin erfahren, die die Trauerfeier gestaltet hat. „Sie war sehr mitfühlend und hat sich für mich Zeit genommen. Das war
eine große Hilfe für mich und hat mir gut getan.“ Geholfen habe Jennifer auch der Austausch mit guten Freunden in ihrem Umfeld, sowie mit den „Grünen Damen“, ein ehrenamtlicher Besuchsdienst der Evangelischen Kranken- und Alten-Hilfe. Mit ihnen konnte sie über ihre Trauer und ihren Schmerz sprechen.
Der eigenen Trauer Raum zu geben, das findet auch die Mainzer Pfarrerin Violetta Gronau wichtig. Mehrere Menschen, die infolge einer Corona-Infektion gestorben sind, hat sie im vergangenen Jahr beerdigt und war mit den Corona-Beschränkungen konfrontiert. „Menschen suchen gerade auch wenn sie trauern die Nähe zueinander, gleichzeitig ist es aktuell notwendig, Distanz zu halten. Das verträgt sich einfach nicht.“
Neben der Trauer, hat Gronau beobachtet, spielen im Umgang mit Corona auch Gefühle wie Scham und Angst eine Rolle. „Ich erlebe öfter, dass gerade auch innerhalb des Familien- oder Freundeskreises nicht über Corona gesprochen wird, stattdessen tabuisiert man dieses Thema“, sagt sie.
„Manche Angehörige haben Angst vor sozialer Stigmatisierung oder vor Gerüchten, die umgehen könnten.“ Doch gerade diesen Umgang hält Gronau für den falschen Weg. Sie empfiehlt den Austausch mit anderen.
Such dir Hilfe!
„Es gibt Trauergruppen und viele Angebote in der Seelsorge, die Menschen derzeit auch in Anspruch nehmen. Aber es gibt aktuell noch keine Gruppen, die sich konkret mit dem Thema Corona beschäftigen. So etwas fehlt bisher“, sagt sie.
Trotz der schwierigen Lage in Pandemie-Zeiten findet die Pfarrerin Worte der Zuversicht. „Wir haben Ostern gefeiert. Das ist die Erfahrung, dass sich alles über Nacht plötzlich ändern kann. So wie in der Ostergeschichte, wo der Engel den Stein vor dem Grab wegstößt. Als Christin hoffe ich darauf, dass auch Gott den Stein der Pandemie endlich wegzurollen vermag.“
Seit dem vergangenen Jahr sind allein in Deutschland über 79.000 Menschen an oder mit einer Covid-19-Infektion gestorben. Täglich werden es mehr. Hinter der bedrückenden Zahl verbergen sich einzelne Schicksale und Angehörige, die um einen geliebten Menschen trauern, so wie die Geschichte von Jennifer.
Mit einem zentralen Gedenken am 18. April erinnert Deutschland an die Opfer. Einen Gottesdienst aus der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche überträgt die ARD um 10.15 Uhr live, vielerorts erinnern auch Kirchengemeinden in ihren Gottesdiensten an die Toten. Auch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) gedenkt in einem Gottesdienst der Verstorbenen. Er wird am 18. April um 17 Uhr aus der Wormser Dreifaltigkeitskirche übertragen.