Hilfe an der Uni

Kirche hilft ausländischen Studierenden in Not

Finanzielle Hilfe für Studierende in Not
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Was können ausländische Studierende tun, wenn sie völlig pleite und planlos sind? Die Evangelischen Studierendengemeinden helfen gerne. Auch mit Geld.

Kein Geld, keine Zeit und keine Ahnung, wie man etwas ändern könnte? Dafür Prüfungsstress und dringende Rechnungen? So geht es vielen Studierenden aus armen Ländern in Deutschland. Die Evangelischen Studierendengemeinden (ESG) helfen gerne - mit offenen Ohren, praktischen Tipps und hilfreichem Geld. Ich habe mit Adham Abuayyash gesprochen. Er hat diese Hilfe bekommen. 

Studieren im Kriegsgebiet

Im Juni 2014 hatte Adham ein Problem: Krieg. Nicht in Hebron, seiner palästinensischen Heimat, sondern in Libyen, wo er damals studierte. „Ich war im Heimaturlaub und hatte ein Rückflugticket, aber ich konnte nicht zurückfliegen“, erzählt er.

Also habe er sich umgehört, wo er gut studieren und nebenher auch arbeiten kann, denn sein Vater konnte ihn nicht unterstützen. Der Tipp: Deutschland. Aber ganz so einfach war das nicht.

Hürden für ausländische Studierende in Deutschland

Wer einfach so aus dem Ausland nach Deutschland zum Studieren kommt, muss bei der Einreise ein Sperrkonto von etwa 10.000 Euro oder eine Bürgschaft vorweisen.

„Ich habe viele Leute gefragt, aber niemand wollte helfen“, erzählt der Palästinenser. Er wollte seinen Traum vom Studium in Deutschland schon aufgeben und trotz des Krieges in Libyen weiterstudieren. Genau an diesem Tag hat sich ein Nachbar in Hebron zur Bürgschaft bereit erklärt.

Zwei Monate musste Adham noch auf sein Visum warten, bevor er in Dortmund ein Semester lang Deutsch lernen konnte. „Ich konnte nur ein paar Worte, aus YouTube-Videos und etwas durch einen Sprachkurs.“ Im darauffolgenden Sommersemester konnte er anfangen. Die nächste Hürde: Nur dort, wo die Uni im Sommersemester beginnt. Wie in Mainz. Er musste umziehen: „Im Vergleich zu Dortmund war das richtig teuer, 300 Euro Miete statt 100 Euro.“

Es geht nicht ohne Job neben dem Studium

Arbeiten dürfen ausländische Studierende pro Jahr 120 ganze Tage oder 240 halbe Tage. Adham jobbte bei Amazon im Lager und als Leiharbeiter. Mal in Mombach, mal in Darmstadt, einfache Arbeiten. Immer Mindestlohn, immer flexibel, immer unsicher.

„Man wird bestellt, wenn die einen brauchen“, erzählt Adham. „Manchmal saß ich in der Vorlesung und der Chef ruft an, weil er mich für die Spätschicht braucht. Da bin ich dann nach der Uni hingefahren und habe nachts gearbeitet.“

Nachtschichten und Studium machen den Kopf kaputt.

Obwohl er die Zulagen für die Nachtschichten gut gebrauchen konnte, stellt er fest: „ Das macht den Kopf kaputt.“ Und das Studium im Bauingenieurwesen geht vor. Deshalb reichte das Geld bei ihm oft gerade so für Miete (360 Euro), Krankenversicherung (110 Euro) und Essen. „Neue Kleidung oder Schuhe konnte ich mir nur in den Semesterferien leisten, wenn ich voll gearbeitet habe.“ In sechs Jahren hat er nur einmal seine Familie in Palästina besucht.

Evangelische Studierendengemeinden helfen bedürftigen Studierenden

Wie Adham geht es vielen Studierenden aus ärmeren Ländern. „Das kann man nicht jedem erzählen“, findet der 27-Jährige. „Aber die Leute in der ESG und Herr Ackermann waren immer sehr hilfreich. Man kann echt mit offenem Herzen dorthin gehen und erzählen, wenn man Probleme hat. Die helfen gerne.“

Hochschulpfarrer Erich Ackermann
privat
Hochschulpfarrer Erich Ackermann

Ein Mal pro Semester können Studierende aus Schwellen- und Entwicklungsländern (PDF) einen Zuschuss von ihrer ESG erhalten. Adham hat es sechs Mal genutzt und zwischen 200 und 400 Euro pro Semester erhalten. Wichtige Voraussetzung: Die Studierenden müssen nicht-deutsche Staatsbürger:innen sein, Studienleistungen erbringen und bedürftig sein.

„Das ist eine Art Entwicklungshilfe vor Ort, damit die Studierenden ihr Studium abschließen können“, erklärt der Hochschulpfarrer Erich Ackermann. „Wir fördern alle Studierende, die in Not sind, egal ob Buddhist, Jude, Moslem oder Christ. Das sehe ich als diakonischen Auftrag.“

Welche Kriterien muss ich für eine Förderung durch die ESG erfüllen?

  • Aktuelle Immatrikulation und Studienleistungen
  • Herkunft/ Staatsangehörigkeit aus einem Entwicklungsland (Hier geht es zur jeweils aktuellen Liste)
  • Bedürftigkeit/Finanzielle Notlage

Wie lange dauert der Prozess?

  • Nach Antragstellung in der Regel etwa 14 Tage

Unterschiedlich hohe Zuschüsse für die Studierenden - je nach Studienort

Das Geld stamme zu etwa zwei Dritteln aus dem ökumenischen Notfonds von Brot für die Welt und zu einem Drittel aus den Töpfen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau EKHN. „Die Summe hängt von der Anzahl der Studierenden aus lower and least developed countries an einer Uni ab.“ In Bingen könne es nur einmal pro Jahr 200 Euro geben, in Mainz dagegen 300 bis 400 Euro pro Semester.

„Die ESGs in Hessen bekommen außerdem über den Hessenfonds vom Land zusätzliche Gelder für ausländische Studierende, in Rheinland-Pfalz gibt es das leider nicht.“ Deshalb könnten die Fördergelder für Studierende in Frankfurt oder Gießen auch höher ausfallen.

ESG steht Studierenden zur Seite

Aber die ESG hilft nicht nur bei finanziellen Notlagen. An den Universitäten sind die ESGs mit allen anderen Stellen vernetzt, die mit ausländischen Studierenden zu tun haben und können auch auf andere mögliche Stipendien verweisen oder Tipps fürs Visum geben. „Viele wissen gar nicht, dass die Kirche den Leuten in Not hilft, “ stellt Ackermann fest.

Er wünscht sich aber, dass die geförderten Studierenden an den monatlichen Themen- oder Länderabenden der STUBE teilnehmen „Die machen Vorträge, zum Beispiel über Eritrea, “ berichtet der Palästinenser Adham. „Es geht vor allem um das Land und die Kultur. Das fand ich toll, wenn die von ihrer Heimat erzählen. Und es werden alle Leute, denen geholfen wurde, eingeladen.“ Die meisten stammen laut Ackermann aktuell aus Kamerun, Palästina, Marokko und Syrien.

Studium in Deutschland: Gute Entscheidung

Adham hat im August 2020 sein Bachelor-Studium erfolgreich abgeschlossen, für seine Abschlussarbeit hat er eine 1,3 bekommen. Nach drei Monaten Bewerbungsphase arbeitet er jetzt als Bauingenieur in Frankfurt am Main und hat einen unbefristeten Aufenthaltstitel. „Ich will erst mal Praxiserfahrung sammeln und auch Geld verdienen.“ In seinem Job bekämen die meisten in Palästina weniger als 1.000 Euro. Außerdem hat er sich daran gewöhnt, dass man in Deutschland so „frei und sicher“ ist. „Ich habe Schlimmes gesehen und auch Krieg erlebt. Hier ist es anders. In Deutschland fühle ich mich in meiner Heimat.“