Krieg in der Ukraine

Flucht aus der Ukraine: In Deutschland angekommen

Tochter & Mutter in der Küche
Angela Wolf
Oksana (links) und ihre Mutter Olena nach der Flucht aus der Ukraine.

Endlich in Sicherheit vor dem Krieg in der Ukraine. Olena hat sich auf den Weg gemacht und findet bei ihrer Tochter ein Zuhause.

Am dritten Tag der Offensive Russlands gegen die Ukraine macht sich Olena auf, um nach Frankfurt am Main zu fliehen. Dort lebt ihre Tochter, bei der die 68-Jährige nun in Sicherheit ist.

Sicherheit nach der Flucht bei der Tochter

Es ist eine gastfreundliche Atmosphäre in der hellen Wohnung im Frankfurter Westen. Oksana hat für unser Treffen einen Kuchen gebacken. Olena, Oksana’s Mutter, bittet an den Tisch. Beiden Frauen sind die Strapazen der letzten Tage anzusehen.

Ich habe innerhalb von einer Woche fünf Kilo abgenommen.

Oksana ist nervös, erschöpft. Sie lebt bereits seit 2005 in Deutschland. Auch ihre zwei kleinen Kinder spüren, dass etwas anders ist. Sie wundern sich, dass ihre Oma plötzlich auf der Bettcouch im Wohnzimmer übernachtet. „Die letzten Tage waren der reinste Wahnsinn. Mein kleiner Sohn ist noch in Quarantäne. Corona, der Krieg. Jetzt bin ich einfach froh, meine Mutter bei uns hier in Sicherheit zu wissen.“

Wenn die Männer in der Ukraine bleiben

Portrait der Frau
Angela Wolf

Olena spricht kein Deutsch. Ihre freundlichen Augen wirken traurig. Sie hat ihr Zuhause zurückgelassen. „Und meinen Mann.“ Bei diesem Satz steigen ihr die Tränen in die Augen. Oksana, die Taschentücher reicht, übersetzt. Dass der Partner ihrer Mutter von Toten berichte. Dass er um jeden Preis ausharren und alles tun wolle, wozu er in der Lage sei.

Auch mein Vater ist noch in der Ukraine. Er will nicht weg.“ Auch Oksana weint jetzt, greift ebenfalls in die Taschentücherbox. Ihre Stimme wirkt unfassbar. So, als ob sie von einem schlimmen Traum berichtet.

Informationen zum Ukraine-Krieg über Telegram

Bilder, Videos und Nachrichten aus dem Kriegsgebiet: Nicht nur die Medien informieren die Menschen in der Ukraine. Die Familie ist beispielsweise in einer Telegram-Gruppe, die Informationen teilt. Dabei können die Bilder nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden.

Ihr Vater beschreibe die Lage als dramatisch, erzählt von Angriffen auf Schulen und Krankenhäuser, jungen Männern, die schwer verletzt oder tot auf der Straße liegen. Dass er dieses Leid nicht fassen könne und untätig zusehen müsse. Dass auch er als letzte Option in den Krieg ziehen wolle.

Angst vor der Flucht aus der Ukraine

Auch Olena will anfangs bleiben. Sie scheut die Unsicherheiten einer Flucht, hat Angst. „Ich habe unermüdlich auf sie eingeredet, ihr gesagt, dass ihr Leben in Gefahr sei, sollte sie bleiben.“ Oksana schafft es schließlich, ihre Mutter zu überzeugen.

Am 26. Februar bricht Olena gemeinsam mit einer Freundin in Kiew auf. Von Deutschland aus organisiert und koordiniert ihre Tochter die Route, den Fahrer, den Bustransfer. „Die größte Hürde war, die beiden auf die andere Seite des Flusses zu bringen.“ Die Brücken des Dnepr werden stark kontrolliert.

Fluss in der Ukraine: Dnepr

Nach der Donau und der Wolgau ist der Dnepr der drittgrößte Fluss Europas. Kiew liegt an den beiden Ufern des Dnepr.

Sogenannte Diversante, eine Bezeichnung für feindliche Agenten oder Saboteure, markieren nach Aussage der Familienmitglieder unauffällig strategische Punkte für die russische Armee. Aus der Luft werden diese dann, meist in der Nacht, beschossen. Die Verbindungen der beiden Ufer zählen dazu.

„Ein alter Schulfreund, heute Straßenkämpfer, hat meine Mutter und ihre Freundin in einer Unterführung aufgegabelt und über viele Seitenstraßen, in denen nicht gekämpft wird, zum Abfahrtsort des Busses gebracht.“

Gefährliche Flucht aus dem Kriegsgebiet

Oksana übersetzt wieder ihre Mutter, die von Sperrstunden erzählt, wie gefährlich diese Transferfahrt zum Bus war und wie groß die Erleichterung, als die beiden Frauen am Abend des 28. Februar die Grenze zu Polen erreichen. Wie herzlich sie empfangen werden, welch große Hilfsbereitschaft die polnischen Nachbar:innen ihnen entgegen bringen und von vielen Frauen mit ihren Kindern, die schlicht zu Fuß unterwegs waren.

Menschen aus der Ukraine stehen vor einem Bus
Diakonie Katastrophenhilfe/Frank Schultze
Am polnisch-ukrainischen Grenzübergang Medyka warten die Menschen aus der Ukraine auf einen Platz in einem der Busse, welche sie weiter bringt.

Im sicheren Polen geht es weiter nach Warschau und von dort zu einer Raststätte in Deutschland, an der Olena von ihren Kindern in Empfang genommen wird. Alle sind erleichtert, alle sind erschöpft, alle weinen und liegen sich in den Armen.

Unterstützung für Ukraine-Flüchtlinge

Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sind seit dem 24. Februar infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine mehr als 1,7 Millionen Menschen geflüchtet. Ein Teil von ihnen bis nach Deutschland. Die Hilfsbereitschaft, die die Menschen erfahren, ist an vielen Stellen groß.

Ausgeruht und in Sicherheit ist Olena wütend, fassungslos und entschlossen: „Wir werden siegen! Unser Volk hält zusammen.“ Gleichzeitig warnt sie aber, dass der „Russische Bär“ nur gemeinsam aufgehalten werden könne. Sie vermutet, dass, sollte die Ukraine doch fallen, Putin weiterziehen werde. „Putin muss bekämpft werden!“ sagt sie unter Tränen. Es ist ihr Hilferuf an die Weltgemeinschaft

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Wir bleiben mit Oksana und Olena in Kontakt. Sie wollen, dass ihre Geschichte und damit die der Ukraine bekannter wird. Wenn auch du ihr Anliegen unterstützen möchtest, dann teile den Artikel in deinen Profilen oder unsere Postings auf: 

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