Serie Mutmacher

Bernhard Fliegl setzt sich für Para-Dressur-Reiter ein

Bernhard Fliegl ist Trainer für Para-Dressur-Reiter
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Bernhard Fliegl war bis 2022 Bundestrainer der Reiter mit Behinderung. Heute trainiert er Menschen im Para-Dressur-Reiten

Stall ausmisten, ein Pferd pflegen, es satteln. Das ist für Menschen mit Behinderung gar nicht so leicht. Noch schwieriger wird es dann beim Reiten selbst. Üblicherweise verständigt sich ein Reiter mit seinem Pferd über die sogenannten „Hilfen“, das sind Kommandos, die die reitende Person über ihre Körpersprache an das Tier weitergibt. Aus deren Zusammenspiel ergibt sich dann eine Lektion, also eine spezielle Übung, die das Pferd dann ausführt.

Trainer für Para-Reiter

Para-Dressur-Trainer Bernhard Fliegl
Clarissa Weber
Para-Dressur-Trainer Bernhard Fliegl

Para-Reiter können manche Hilfen aufgrund ihrer Behinderung nicht wie gesunde Reiter einsetzenWie versteht das Pferd dann also was sein Para-Reiter von ihm möchte? Hier kommt Bernhard Fliegl vom Waldhohlhof in Karben ins Spiel. Er ist selbst erfolgreicher Dressurreiter im Regelsport. Als Trainer arbeitet er sowohl mit Regel- als auch mit Para-Reitern. Er war 12 Jahre (bis 2022) Bundestrainer der Reiter mit Behinderung.

Er und seine Schützlinge konnten in dieser Zeit insgesamt 48 Medaillen bei Paralympics, Welt- und Europameisterschaften sammeln„Das war eine Herausforderung, die besonders war. Reiter mit einem Handicap auf ein Pferd einzustellen oder auch ein Pferd auf einen Reiter mit Handicap einzustellen“, erinnert er sich. Was das bedeutet, zeigen er und seine Schülerinnen und Schüler eindrucksvoll.

Para-Reiten mit Spezialwerkzeug

Spezial-Sattel in dem Angelika Trabert auch ohne Beine reiten kann
Clarissa Weber
Spezial-Sattel in dem Angelika Trabert auch ohne Beine reiten kann

Angelika Trabert ist Narkose-Ärztin und kam ohne Beine und mit nur drei Fingern an der rechten Hand zu Welt. Meist ist sie also mit dem Rollstuhl unterwegs – auch im Stall. Sie reitet mit einem speziell angefertigten Sattel. Ohne Beine fehlt ihr außerdem ein Kommunikationsweg mit dem Pferd, die sogenannten Schenkelhilfen. Stattdessen nutzt Angelika zwei Gerten, eine Art kleiner Peitschen, um mit dem Pferd zu kommunizieren.

Eine Besonderheit ist, dass Bernhard Fliegl auch ab und an mit Traberts speziellem Sattel reitet. „Das machen nicht viele“, erzählt Trabert, „Es ist sehr wackelig, der Knieschluss fehlt.“ Aber genau deshalb macht er es. So kann er besser nachfühlen wie es mir ohne Beine beim reiten geht.

Hilfsmittel im Para-Reitsport

Damit die Para-Reiter ihren Sport auch sicher ausüben können, dürfen sie Hilfsmittel, sogenannte Kompensationhilfen verwenden. Je nach Behinderung kann das ein spezieller Sattel oder besondere Zügel sein. Auch spezielle Clips und Gummis um Füße in Steigbügeln zu halten sind erlaubt.

Ehepaar im Para-Sport

Und dann gibt es noch Sonja und Frank Hasselberg. Sonja ist seit ihrer Geburt gehbehindert. Sie hat einen sogenannten „Klumpfuß“ und kann mit dem linken Bein fast gar nicht reiten. Ihr Mann Frank war früher erfolgreicher Springreiter im Regelsport. Jedoch hatte er gleich zwei schlimme Unfälle. Einmal ist er beim Springreiten im Steigbügel hängen geblieben, dabei hat er sich achtmal das Becken gebrochen. Dadurch kann er seine Beine nicht mehr richtig schließen. Beim zweiten Unfall wurde er vom LKW überrollt. Seitdem ist sein linker Arm ohne Gefühl und der Ellbogen auf 90 Grad steif. Das Ehepaar ist wohl weltweit das einzige Pärchen, welches gemeinsam im Para-Sport reitet.

Das Paar wohnt bei Gießen und fährt etwa 60km einfache Strecke um bei Bernhard Fliegl zu trainieren. Sonja Hasselber sagt: „Bernhard ist jeden Cent wert.“ Und ihr Mann ergänzt: „Wir erfahren von ihm jede Unterstützung. Auch hier im Stall von anderen. Jeder hilft uns, wenn wir Hilfe brauchen. Das ist nicht selbstverständlich.“

Unterstützung für Parasportler

Bernhard Fliegl beim unterrichten
Clarissa Weber
Bernhard Fliegl beim unterrichten

Bernhard Fliegls Para-Schüler sind alle national und international erfolgreich. Obwohl er nicht mehr als Para-Bundestrainer tätig ist, setzt er sich für den Para-Dressursport in Hessen ein. Das ist eine schwierige Aufgabe und er würde sich besonders von Verbandsseite mehr Unterstützung für sich und seine Schüler wünschen. Das fängt bei der Reitausstattung an, geht über den Aufbau eines Kaders und endet bei geeigneten Pferden für diesen Sport.

Auch wenn noch Luft nach oben ist, was das Thema Unterstützung angeht, gibt es Schritte in die richtige Richtung. So freut sich Bernhard Fliegl über die erste hessische Meisterschaft im Para-Dressurreiten dieses Jahr. Im Moment bekommen die Reiter immerhin etwas Unterstützung bei Trainigsstunden und Turnierbetreuung. Auch Teile der Ausstattung für Pferd und Reiter werden gesponsert. Dennoch sei der Weg lang, sagt Bernhard Fliegl.

 Der Para-Sport ist so etwas wie ein Stiefkind im System

Bernhard Fliegl, Para-Dressur-Trainer

Und wie ein Stiefkind würde der Sport auch behandelt werden, kritisiert er. Man bekomme erst Unterstützung, wenn man schon gut sei. Aber um gut zu werden, brauche man ja erstmal Unterstüzung. Und da mangelt es hauptsächlich an Sponsoren, die auch mal Fahrkosten oder Nenngelder übernehmen. „Am meisten würde es helfen, wenn Sponsoren sich an guten Pferden für diese Reiter beteiligen würden“, wünscht sich Fiegl.