Ehrenamt am Sonntag

Ehemaliger Flüchtling schenkt seine Zeit alten Menschen

Ehrenamtler Atiqullah Miazada trägt ein kleines rundes rotes Tablett mit einer Karaffe Wasser durch das Café.
Charlotte Mattes

Jeden Sonntag steht der Afghane parat: Er serviert Kaffee und Kuchen. Seit drei Jahren ehrenamtlich. Warum macht er das?

Atiqullah Miazada lebt seit 2019 in Deutschland. Er ist allein aus Afghanistan geflüchtet und hat hier viel Hilfe bekommen. Durch sein Ehrenamt möchte er etwas zurückgeben. Neben seinem Vollzeitjob in einer Druckerei, bedient er deswegen jeden Sonntag Seniorinnen und Senioren in Altenpflegeeinrichtungen

Ehrenamtlich in Dreieich unterwegs

Ehrenamtler Atiqullah Miazada steht hinter dem Tresen und greift nach einem Teller.
Charlotte Mattes

Sonntags ab 14.30 Uhr serviert Atiqullah Kaffee und Kuchen. Der 32-Jährige trägt ein weißes Hemd, lächelt viel und begrüßt alle älteren Herrschaften, die das Café des Johanniter-Hauses Dietrichsroth in Dreieich betreten. Er hält die Türen auf und wartet geduldig, bis die Menschen sich setzen. Manchmal bleibt er etwas länger stehen oder setzt sich an einen Tisch dazu, für eine kurze Unterhaltung.

Ich möchte etwas zurück geben, weil mir die Deutschen damals so viel geholfen haben.

Damit begründet er sein Engagement. Atiqullah schildert, dass er insbesondere dankbar für die Hilfe beim Deutschlernen ist und war. Außerdem auch dafür, dass er eine eigene Wohnung gefunden hat und durch viel Unterstützung eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hat. Diese sei vorletzten Monat nochmal für drei Jahre verlängert worden. Atiqullah plant Ende dieses Jahres einen Antrag auf Einbürgerung zu stellen.

Atiqullah will die Menschen zum Lachen bringen.

Bewohnerin freut sich auf den Ehrenamtler

Ehrenamtler Atiqullah Miazada bedient Bewohnerin Brigitte Buß, die man nur von hinten am Tisch sitzen sieht.
Charlotte Mattes
Brigitte Buß kennt Atiqullah schon länger und freut sich, wenn sie ihn sonntags sieht.

Mit einem Tablett in der Hand und aufmerksamen Blick läuft er durch das Café. Er bringt Brigitte Buß eine Karaffe Wasser. Die 80-Jährige wohnt hier in der Alten- und Pflegeeinrichtung. Buß freut sich, wenn sie den Ehrenamtler sieht, denn er sei sehr liebenswert und man müsse ihn einfach mögen, sagt sie. Buß fügt mit strahlenden Augen und großem Lachen hinzu:

Er hat auch einen gewissen Charme, das darf ich sagen, auch als alte Oma.

Atiqullah lacht auch herzlich, Frau Buß und er unterhielten sich häufiger. Sie kennt Teile aus seiner Vergangenheit in Afghanistan. „Schade, dass es in seinem Heimatland alles so traurig ausschaut, mal kurz gesagt“, sagt sie und schüttelt den Kopf.

Ehrenamtler Atiqullah Miazada sitzt draußen auf einer Bank und lacht in die Kamera.
Charlotte Mattes
Bei gutem Wetter sitzen sonst die Bewohnerinnen und Bewohner in der Sonne und lassen sich von Atiqullah bedienen.

Atiqullah verbessert durch das Ehrenamt sein Deutsch

„Mein Deutsch ist nicht so gut, ich mache oft Fehler, aber natürlich lerne ich auch hier von den Deutschen: die Sprache und die Kultur“, sagt Atiqullah. Er ist aus Afghanistan geflüchtet. Die Gründe seiner Flucht möchte er nicht erzählen. Der Mann mit den dunklen kurzen Haaren sagt aber, dass er dort Probleme hatte und deshalb allein, ohne Eltern und Geschwister, geflüchtet sei.

2019 sei er in Gießen angekommen, dann habe er in Büdingen gelebt, danach in einer Unterkunft für Geflüchtete in Dreieich. Seit zwei Jahren hat er eine eigene kleine Wohnung in Neu-Isenburg. Hier kann er lesen, schlafen, lernen und einfach machen, was er möchte. Aber natürlich habe er Heimweh, schiebt Atiqullah mit ernster Miene nach. Vor zwei Jahren sei sein Vater gestorben und er habe ihn nicht nochmal sehen können.

Aber ich versuche immer positiv weiter zu machen.

Vergangenes Jahr hat er seinen Führerschein gemacht und kommendes werde er sich um einen Ausbildungsplatz im Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik bewerben. Denn trotz seiner zehnjährigen Erfahrung als Mechaniker habe er von über 40 Autowerkstätten nur Absagen für einen Ausbildungsplatz erhalten.

Ehrenamtliche gesucht

Du findest, es sollte mehr Ehrenamtliche geben? Dann mach doch mit. Im Johanniter-Haus Dietrichroth kannst du dich hier melden.

Seit drei Jahren arbeitet Atiqullah an drei Sonntagen pro Monat ehrenamtlich im Johanniter-Haus Dietrichsroth. Die Einrichtungsleiterin Gabriele Roettger findet seine Motivation außergewöhnlich und sein Engagement sehr bereichernd. Er habe einfach eine wahnsinnig positive und freundliche Ausstrahlung und das würde von den Seniorinnen und Senioren sehr geschätzt.

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An dem verbleibenden Sonntag helfe er ehrenamtlich in der Winkelsmühle, in Dreieich, einem Begegnungsort des Diakonischen Werks Offenbach-Dreieich-Rodgau. Atiqullah fährt bei gutem Wetter mit dem Fahrrad oder seinem Motorroller, bei Regen ist er mit dem Bus unterwegs.

„Andere Leute wollen ins Schwimmbad gehen oder einfach Ruhe haben, am Sonntag, aber ich will auf jeden Fall zu den Menschen gehen und helfen, auch wenn ich manchmal müde bin, macht es Spaß“, betont Atiqullah. Denn die Seniorinnen und Senioren redeten gerne mit ihm, weil sie die meiste Zeit allein seien. Er arbeite von Montag bis Samstag, 48 Stunden pro Woche. Aber trotzdem wolle er die Menschen hier in Dreieich zum Lachen bringen und etwas dafür tun, damit sie glücklich seien.

Helga Müller wohnt auch im Haus Dietrichsroth und freut sich über das Engagement von Atiqullah: „Toll, dass er hier ist, wir freuen uns, wenn wir gut unterhalten werden und wenn wir noch verwöhnt werden, mit Kuchen und Kaffee, wunderbar.“ Atiqullah ist sehr glücklich, dass er hier in Deutschland ist, denn hier habe er seine Ruhe, könne lernen was er wolle, arbeiten und alles sei offen für ihn. „Ich sage vielen Dank an alle Leute, die mir geholfen haben, damals.“