Pride

Kirche beim CSD in Frankfurt

CSD-Truck
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Ein starkes Zeichen der Evangelischen Kirche für die queere Community beim Christopher Street Day in Frankfurt. Gegen Hass und für bunte Liebe.

Am 28. Juni 1969, also vor 55 Jahren, fand der Stonewall-Aufstand in New York City statt. Die Polizei wollte eine Razzia im Stonewall Inn durchführen, eine Bar für Anhänger:innen der LGBT-Community. In den 1960er Jahren kam es öfters zu solchen queerfeindlichen Razzien in Schwulenbars. Diese Polizeieinsätze zogen Verhaftungen und Anklagen wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ nach sich. Die Menschen im Stonewall Inn wehrten sich gegen die Polizeigewalt; und waren erfolgreich. Die Aufruhen damals hielten 5 Tage lang an.

Das Stonewall Inn liegt an der Christopher-Street. Deshalb auch der Name des Protesttages: Christopher-Street-Day. An diesem Protest-Tag demonstriert die queere Community jedes Jahr gegen Diskriminierung und für Selbstbestimmungsrechte

Der Christopher-Street-Day wird international gefeiert, aber nicht immer am 28. Juni. Die Demonstrationen finden zwischen Juni und August auch in vielen deutschen Großstädten statt.

Wir haben Pfarrer Nulf Schade-James auf dem CSD in Frankfurt begleitet.

Bunte Menschen, Regenbogenflaggen und laute Musik – und mittendrin ein Truck der Evangelischen Kirche. Beim Christopher Street Day (CSD) 2023 in Frankfurt setzt die Kirche ein starkes Zeichen der Solidarität.

Zeichen der Solidarität für Rechte queerer Menschen

Das Motto des CSD lautet „Here and queer“. Genau das steht auf den großen Schildern an den Seiten des Trucks, auf dem Pfarrerpersonen und Gemeindemitglieder aus Frankfurt und Offenbach gemeinsam mit Kolleg:innen anderer Berufe mitfahren.

Angriffe auf Pride-Paraden

Auch heute noch erfahren queere Menschen Diskriminierung. Nicht nur im Ausland wie in Istanbul gab es queerfeindliche Vorfälle, sondern beispielsweise auch beim CSD in Wiesbaden.

Pfarrer Holger Kamlah, Prodekan des Stadtdekanats Frankfurt und Offenbach, wird ebenfalls beim CSD dabei sein. „Es ist an der Zeit, ein deutliches Zeichen der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach zu setzen“, begründet er seine Teilnahme.

Gleichstellung homsexueller Paare in der Evangelischen Kirche

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) habe einen langen Lernprozess durchlaufen. Seit fünf Jahren gebe es kirchenrechtlich die völlige Gleichstellung von heterosexuellen und homosexuellen Trauungen. Das aber, vermutet Kamlah, „ist in der Öffentlichkeit noch gar nicht richtig angekommen“.

Holger Kamlah verweist auch auf das Schuldbekenntnis, das die Kirchensynode der EKHN im April mit großer Mehrheit abgelegt hat. Darin bekennt die Kirche, schuldig geworden zu sein an queeren Menschen. „Lesben, Schwule, Trans- und Intersexuelle haben in Gemeinden und Einrichtungen der EKHN Diskriminierung erfahren. Dem haben wir als Kirche nicht gewehrt“, heißt es in dem Text.

Heteronormative und patriarchale Strukturen in der Kirche

Schlimmer noch, man habe „die Würde von Gottes Geschöpfen verletzt“, in dem man sich in Erklärungen und Verlautbarungen „einseitig auf ein nur binäres, heteronormatives und letztlich patriarchales Familienmodell“ bezogen habe. Prodekan Holger Kamlah begrüßt die Entwicklung der EKHN und das Schuldbekenntnis.

Gott segnet alle Liebenden. Das haben wir verstanden.

Holger Kamlah

Mit der Beteiligung am CSD wolle er dieses Selbstverständnis sichtbar machen und queere Menschen einladen „mit uns ihren Glauben zu leben“, sagt Kamlah.

Holger Kamlah
Tamara Jung-König

Holger Kamlah könne sich durchaus vorstellen, dass es auch Kritik für die Teilnahme der Kirche am CSD geben werde. „Aber nicht aus den Reihen der Kirche“, vermutet er. Dort sei das Thema „einfach durch“. Dem künftigen Stadtdekan fallen spontan im Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach neun gleichgeschlechtliche Paare in Pfarrhäuser ein. „Das ist inzwischen Alltag“, sagt Holger Kamlah.

Homosexuelle Paare im Pfarrhaus

Einer der ersten, der mit seinem Partner in ein Pfarrhaus gezogen ist, ohne das zu verbergen, war Pfarrer Nulf Schade-James. Er ist seit 1989 Pfarrer in der Kirchengemeinde Frieden und Versöhnung in Frankfurt. Beim CSD macht er seit 2001 mit. „Wir sind als Kirchengemeinde mitgelaufen“, erinnert er sich. Das sei eine Entscheidung des Kirchenvorstands gewesen.

Zunächst hätte die Gruppe eine riesige Regenbogenflagge getragen, anschließend sei das Banner der Kirchengemeinde dazugekommen und dann auch das Logo der EKHN. „Wir haben uns nie für den Demonstrationszug angemeldet“, erinnert sich Schade-James. Man sei einfach dazu gestoßen und dann vorneweggelaufen, weil die elf Meter lange Regenbogenflagge sonst schwierig einzureihen gewesen wäre.

Pfarrer Nulf Schade-James (rechts) mit einem großen Regenbogentuch beim Christopher Street Day 2014
epd-bild/ Thomas Lohnes
Pfarrer Nulf Schade-James (rechts) mit einem großen Regenbogentuch beim Christopher Street Day 2014

Mit ihren insgesamt drei Flaggen sei die Gruppe lange Zeit unbehelligt dabei gewesen, bis die Organisatoren des CSD gemerkt hätten, „dass eigentlich der ganze Zug der EKHN-Fahne hinterherläuft“, erinnert sich der Pfarrer. Danach musste sich die Gemeinde anmelden und einreihen.

Hass gegenüber Kirche bei der Pride-Parade CSD

Für die Kirche beim CSD habe es Applaus gegeben, aber auch Anfeindungen. Er sei oft gefragt worden: „Wie kannst du als Schwuler bei der Kirche arbeiten, einer Institution, die Homosexuelle seit Jahrhunderten diskriminiert?“.

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Das Befremden habe sich größtenteils gelegt. „Wir erweisen der Community einen großen Dienst, indem wir zeigen: Die Kirche sagt Ja zu Schwulen und Lesben“, ist sich Pfarrer Schade-James sicher.

„Für unsere Kirche bräuchten wir keinen CSD mehr“, sagt der Seelsorger. Aber solange Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert und getötet werden, sei es ein wichtiges Signal an die Welt. „Auch an unsere Partnerkirchen in Ghana und anderswo“, fügt er hinzu.

Auch Karina Lutter wird bei der Parade am 15. Juli dabei sein. Die Erzieherin in einer evangelischen Kita und Mitglied der Gemeinde Frieden und Versöhnung, hält das für selbstverständlich. Wenn jemand diskriminiert werde oder für den es gefährlich sei, sich auf der Straße zu zeigen, dann müsse man für diese Menschen einstehen. „Das geht nicht anders“, betont sie und fragt: „Was ist denn daran verkehrt, wenn ein Mensch einen anderen Menschen liebt?“ 

Karina Lutter freut sich auch auf die Party beim CSD. „Wir haben Spaß zusammen“, sagt sie.