Lindner-Hochzeit

Als Nicht-Mitglied kirchlich heiraten?

Pro und Contra Lindnerhochzeit
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PRO CONTRA

Was ist, wenn das Brautpaar keiner Kirche angehört? Dürfen sie sich dann kirchlich trauen lassen. Geht oder geht gar nicht? Unser Pro & Contra.

Was für ein Skandal!? Finanzminister Christian Lindner und Franca Lehfeldt haben ihre Hochzeit auf Sylt gefeiert. Wie es sich für so ein Promi-Paar gehört, natürlich richtig dekadent. Und in einer schönen Location: der evangelischen St.-Severin-Kirche in Keitum. Die Kirchen-Bubble tobt, denn weder Lindner noch Lehfeldt gehören einer Kirche an. Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, schimpft. Die hannoversche Regionalbischöfin Petra Bahr hält dagegen. Ein Pro und Contra zur kirchlichen Trauung von Carina Dobra und Angela Wolf. 

Pro: Kirche = Besser billige Event-Location als Abriss-Gebäude

Carina Dobra
Christoph Boeckheler

Hach, so eine Hochzeit ist doch was Schönes. Perfekt ist der Kitsch, wenn das Ganze in einer hübschen Kirche von statten geht.

Dachten sich Herr Lindner und seine Angebetete und haben sich für ihre Traumhochzeit auf Sylt eine evangelische Kirche gesichert.

Lindner und Lehfeldt sind keine Kirchenmitglieder

Alles kein Problem, wäre da nicht ein kleiner Haken, der die Kirchen-Bubble gerade erzürnen lässt: Weder der Finanzminister noch Lehfeldt sind Mitglied in einer Kirche.

Shame, Shame, Shame.

Margot Käßmann sieht den Untergang des Abendlandes: Kirche dürfe keine „billige Event-Location“ sein.

Eine Hochzeit ist eine gute Möglichkeit zu zeigen, was Kirche zu bieten hat.

Kirche war schon immer Event-Location

Hä!? Klar, ist Kirche eine Event-Location. Und das ist wichtig, damit die Menschen sie überhaupt noch wahrnehmen. So eine Hochzeit ist doch eine gute Möglichkeit, zu zeigen, was man zu bieten hat.

Aber Nein, Kirche spielt (mal wieder) lieber die Spielverderberin. Wobei es zum Glück auch andere Stimmen gibt: Die hannoversche Regionalbischöfin Petra Bahr etwa warf Käßmann vor, sie urteile über die Motive des Paares, obgleich sie beim vorbereitenden Traugespräch nicht dabei gewesen sei. 

Kirche ist nicht ganz aus der Mode

Jedenfalls steht die Kirche gerade im Rampenlicht. Das ist doch schon mal ein Gewinn. Selbstverständlich ist es naiv zu denken, dass Lindner jetzt überzeugter Christ wird und bald Selfies von der Kirchenbank postet. Aber wer weiß!? Vielleicht hat die Trauung und die sakrale Atmosphäre etwas in ihm und seiner Gattin ausgelöst. Wissen wir es!? Nein. Also.

Kirche sollte für alle Menschen offen sein.

Wenn Kirche hier ihre Türen verschließt und ein „nur für geladene Gäste“-Schild an den Eingang hämmert, schießt sie sich nur mehr ins Aus.

Wofür zahle ich Kirchensteuer?

„Wofür zahle ich dann Kirchensteuer?“, schreien jetzt einige. Ist es denn moralisch wertvoller, die Taschen aufzumachen, nur um eines Tages mal kirchlich heiraten zu können? Oder sein Kind taufen zu lassen? Sind das denn authentische Mitglieder?

Einige lästern auch über einen „Promi-Bonus“ von Lindner und seiner Frau. In Wirklichkeit gibt es aber immer wieder Paare, die nicht in der Kirche sind und doch getraut werden. Denn die Regelung der Kirche sieht Ausnahmen vor. Das gilt übrigens auch für Taufen und Bestattungen.  

Weniger Mitglieder: Kirche sollte andere Dinge anpacken

Kirche sollte jetzt aufpassen, sich nicht intern zu zerfleischen, wie wir es zur Genüge von politischen Parteien kennen. Solche Streitereien kommen bei Wählerinnen und Wählern, in diesem Fall bei Mitgliedern, nicht gut an.

Außerdem frage ich mich: Hat Kirche keine anderen Probleme!? Dinge, die es anzupacken gibt mit Blick auf sinkende Mitgliedszahlen.

Es geht doch darum, die Botschaft wieder unter die Leute zu bringen, Werbung zu machen für die eigene Sache. So eine Hochzeit könnte doch ein Weg dafür sein. Event-Locations sind gefragt.

Contra: Kirche ist sich für nichts zu schade

Angela Wolf
privat

Die Evangelische Kirche macht Schlagzeilen. Wie schön, möchte man denken. Doch weit gefehlt. Es hagelt mal wieder Kritik und viele können sich das Kopfschütteln nicht verkneifen.

Der Stein des Anstoßes war, genau, die Lindner-Hochzeit auf Sylt. Mit viel Atmo gab sich das Brautpaar in St. Severin das Ja-Wort. Und das, obwohl weder Lindner noch Lehfeldt Mitglied der Kirche sind.

Kirche reduziert sich auf Eventagentur

Zurecht tobt nun eine hitzige Debatte darüber, ob Kirche sich auf eine Eventagentur reduzieren lässt und nur um der schönen Kulisse wegen ihre Pforten auch für selbsterklärte Freigeister öffnet, die mit dem christlichen Glauben nichts anfangen können.

Wer kann sie noch hören, die Lamenta über die Zerissenheit der Kirche? Öffnen für alle in dem naiven Glauben, die ein oder andere doch noch catchen zu können? Exklusiv für die anderen, die es bis zum bitteren Ende ernst meinen mit ihrer Institution und selbst bei abgedrehter Heizung noch die Kirchenbank drücken?

Wer Ausnahmen zulässt, verliert an Glaubwürdigkeit.

Trauung auch für Nicht-Mitglieder?

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Kirche soll klare Kante zeigen

Die Kirche arbeitet emsig daran, sich selbst abzuschaffen. Weil sie keinen Mut beweist, keine klare Kante zeigt und es irgendwie immer allen recht machen will. Wer Ausnahmen von der Regel zulässt, verliert an Glaubwürdigkeit. Das ist pures Gift und besonders dann, wenn man sowieso schon angezählt ist.

Kirchliche Pforten stehen denen offen, die in Not sind. Völlig unabhängig von Konfession, Ethnie und Geschlecht. Das ist die Stärke von Kirche und auf die muss sie sich konzentrieren. Für Megaevents sind andere zuständig, die dafür unverhältnismäßig bezahlt werden. Sie gehören dem freien Markt an und haben so gar nichts gemein mit der Kirche.