Bibelgeschichten

Du sollst nicht lügen! Oder doch?

Frau blickt in die Kamera - der Blick lässt vermuten, dass sie etwas bewegt.
gettyimages/standret

In der Geschichte waren alle Vorbilder gut? Pustekuchen! Schon in der Bibel finden sich ganz große Lügen-Geschichten. Hier ein Best-of.

Die Lüge gehört zum Menschsein. Ist sie moralisch verwerflich? Oder dann doch akzeptiert, wenn sie einen guten Zweck verfolgt und von Erfolg gekrönt ist? Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich.

Schon in der Bibel gibt es unterschiedliche Bewertungen. Die Heilige Schrift ist ein Buch voller Geschichten mit, von und über Menschen. Demzufolge kommt es vor, dass die Wahrheit auf der Strecke bleibt.

Abraham möchte seine schöne Frau behalten

Abraham zum Beispiel gibt gleich zwei Mal seine schöne Frau Sara als seine Schwester aus (1. Mose 12,10–20 und 1. Mose 20,2).

Sein Motiv: pure Angst. Er fürchtet, neidische andere Männer könnten ihn aus dem Weg räumen, um sich dann seine Witwe zur Frau zu nehmen.

Abrahams Lügen sind kein Ruhmesblatt. Es fehlt nicht viel und sie hätten zu einem bösen Ende geführt. Trotzdem gilt Abraham in der Bibel als ein Glaubensvorbild. Vielleicht gerade deshalb: Einer, der auch mal einen falschen Weg einschlägt, aber wieder zurück zum Vertrauen auf Gott findet.

Die Hebammen lügen, um die Babies zu retten

Im zweiten Buch Mose (Exodus 1,15–21) befiehlt der Pharao den hebräischen Hebammen, alle neugeborenen Jungen zu töten. Die Geburtshelferinnen widersetzen sich dem Befehl. Die Kinder seien schon auf der Welt, wenn sie an den Ort des Geschehens kämen, erklären sie lapidar dem erzürnten Pharao.

Darum ließ Gott es den Hebammen gut gehen.

So heißt es im biblischen Text. Gott belohnt hier die Notlüge der Frauen, weil sie den Mordsbefehl des Pharaos durchkreuzt und Leben rettet.

Jakob betrügt seinen Vater und seinen Bruder

Im ersten Buch der Bibel lügt sich Jakob das Recht des Erstgeborenen herbei (1. Mose 27). Esau, sein etwas älterer Zwillingsbruder, ist ein starker Mann, der gern auf die Jagd geht.

Das gefällt dem Vater Isaak. Ganz anders Jakob, der Jüngere. Er arbeitet am liebsten im Haus, kann gut kochen und ist der Liebling der Mutter. Die Kräfte des Vaters lassen nach, er wird älter, schwächer und sieht kaum noch etwas. Eines Tages geht Esau zur Jagd. Jakob nutzt die Gunst der Stunde. Er richtet sich so her, dass er wie Esau riecht und sich genauso anfühlt.

Dann geht er mit einem guten Essen zu seinem Vater. „Wer bist du?“, fragt Isaak. „Ich bin Esau, dein ältester Sohn“, lügt Jakob. „Bist du wirklich Esau?“ Isaak zweifelt, denn das ist doch nicht Esaus Stimme, die er da hört! „Ganz bestimmt!“, lügt Jakob wieder. Da beginnt Isaak zu essen. Dann segnet er den jüngeren seiner beiden Söhne: „Gott segne dich! Du wirst reich sein, stark und mächtig. Du wirst mächtiger sein als dein Bruder!“

Jakob betrügt Vater und Bruder. Moralisch verwerflich, aber erfolgreich vom Ergebnis her: Der Segen wirkt. Aber die Lüge wirkt ebenfalls nach. Es braucht ein halbes Leben, bis Jakob seinen Bruder Esau versöhnlich wiedersieht.

Judit lügt, betrügt und mordet

Oder Judit, die fromme Witwe, die dem gegnerischen Hauptmann Holofernes das Blaue vom Himmel vorlügt, ihn betrügt und schließlich enthauptet (Judit 8–13). Sie tut das alles, um ihr Volk zu retten. Wird sie verurteilt? Nein, die Menschen bejubeln ihr ihr Verhalten.

Der Prophet sagt schonungslos die Wahrheit - aber nicht immer

Nehmen wir den Propheten Jeremia (Jeremia 38,1ff). Die Stadt Jerusalem ist belagert. Jetzt nicht aufgeben, lautet die Durchhalteparole. Schlechtredner sind einzusperren oder zu töten.

Doch der König kommt ins Grübeln. Jeremia, einer der Eingesperrten, hatte immer die Wahrheit gesagt - schonungslos. Das gehört zu seinem Job als Prophet. Noch dazu lag er bisher stets richtig.

Der König lässt ihn heimlich holen und befragt ihn: „Was wird aus mir?“ Jeremia baut vor. „Wenn ich dir die Wahrheit sage, bringst du mich um.“ Der König schwört Stein und Bein, ihn am Leben zu lassen. Jeremia entschließt sich zur Wahrheit: „Gib auf. Der Feind tut dir nichts. Die Stadt wird sowieso erobert. Ergibst du dich aber nicht, wird sich der Feind übel an dir rächen.“

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Jeremia behält sein Leben. Allerdings verlangt der König von ihm, ein bisschen zu schummeln, wenn seine Hauptmänner fragen, was Jeremia mit ihm besprochen habe. „Sag ihnen, du hättest mich um Gnade gebeten.“ Jeremia kommt der Bitte nach. Nicht zu seinem Nachteil.

Kain belügt Gott

Doch es geht auch anders, zum Beispiel beim berühmten Brüderpaar Kain und Abel (Genesis 4, 9–10). Kain, eifersüchtig auf seinen Bruder, erschlägt ihn. Dann fragt Gott, ob er wisse, wo sein Bruder Abel sei. „Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders Hüter sein?“, lügt Kain. Gott deckt die Lüge auf und verflucht Kain. Er kommt also nicht ungeschoren davon.

Einer der wichigsten Jünger lügt - gleich drei Mal

Das Neue Testament findet große Worte gegen die Lüge. Christen sollen nichts als die Wahrheit reden.

Das klappt nicht immer. Ausgerechnet einer der wichtigsten Jünger versagt der Wahrheit den Dienst - bei der Festnahme Jesu. „Heute Nacht werdet ihr mich alle im Stich lassen“, verkündet Jesus seinen Aposteln. Petrus entgegnet etwas großspurig: „Ich nicht! Auch wenn alle anderen dich verlassen.“

Ich verlasse dich niemals!

Da erklärt ihm Jesus: „Bevor heute ein Hahn kräht, wirst du drei Mal sagen, dass du mich nicht kennst.“

Die Soldaten bringen Jesus zu dem Haus, in dem ihm der kurze Prozess gemacht werden soll. Alle Jünger sind geflohen. Zwei von ihnen folgen allerdings der Menge. Einer davon ist Petrus.

Er geht in den Innenhof und wärmt sich an einem Feuer. Im Lichtschein sieht ihn ein Dienstmädchen und sagt: „Ich kenne dich. Du gehörst zu Jesus!“ Petrus widerspricht: „Nein, das stimmt nicht! Ich weiß nicht, wovon du redest!“ Dann geht er weg,

Richtung Eingangstor. Kurz danach entdeckt ihn ein anderes Dienstmädchen und erzählt den Leuten: „Dieser Mann gehört zu Jesus!“ Petrus bleibt dabei: „Ich kenne diesen Jesus überhaupt nicht! Ein Mann sagt: „Du bist ganz bestimmt einer von denen! Ich höre doch an deinem Dialekt, dass du aus Galiläa bist — genau wie Jesus.“ Aber Petrus schwört: „Ich kenne diesen Menschen nicht!“ (Matthäus 26,72). Das Verleugnen Jesu haftet Petrus bis heute als Makel an.

Schmeicheln und hinterher lästern? Geht gar nicht!

Die Bibel verurteilt auch boshaftes Lügen im Alltag. Erst schmeicheln und dann hinterrücks lästern geht gar nicht. Etwa wenn die Kolleginnen ausrufen: „Das Kleid steht dir gut!“ und kaum hat sie den Raum verlassen, zerreißen sich die anderen den Mund: „Wurstpelle!“ 

Die Bibel geißelt das so: „Glatte Lippen und ein böses Herz, das ist wie Tongeschirr, mit Silberschaum überzogen (Sprüche 26,23). Das heißt so viel: Das ist wertloses Blendwerk und dabei ist es egal, ob die Geschädigte das Geläster mitbekommt oder nicht.

„Du soll nicht lügen“ steht übrigens gar nicht in den zehn Geboten. 

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