Was stimmt?

Vorurteil vs. Realität: Das musst du über gehörlose Menschen wissen

Christian steht vor einer blauen Wand. Die abgebildete Geste zeigt ihn, wie er mit der rechten Hand das Handzeichen für den Buchstaben „R“ in der Gebärdensprache darstellt: Der Daumen ist abgespreizt, Zeige- und Mittelfinger zeigen schräg oben zeigen und die Hand liegt auf seiner Brust. Die linke Hand zeigt die Handhaltung umgekehrt, also mit nach vornegedrehter Handfläche. Ring- und kleiner Finger sind jeweils eingeklappt.
Evangelisches Medienhaus
Christian Hermann zeigt hier die Gebärde für das Wort „Realität“.

Gebärdensprache ist international? Gehörlose schreiben und lesen wie Menschen, die Hören können? Wir beantworten dir 5 Vorurteile, damit du nicht zu fragen brauchst.

von Juliane Eberwein

Stell dir vor, du bist in einem Raum voller Menschen, alle reden miteinander, und du so sehr du dich auch anstrengst - du verstehst kein Wort. Genau so fühlen sich viele taube Menschen täglich. Nach Schätzungen des Deutschen Gehörlosenverbunds e.V. gibt es in Deutschland davon etwa 80.000. Das sind rund 0,1 Prozent der Bevölkerung.

Was du schon immer über Gehörlose wissen wolltest, aber nicht zu fragen wagtest

Und nicht nur die täglichen Kommunikationshürden müssen Taube überwinden, sondern auch die Vorurteile, die viele Hörende ihnen gegenüber haben. Die meisten Hörenden haben wenig bis keine Berührungen mit tauben Menschen und wissen daher über Gehörlosenkultur und Gebärdensprache nicht Bescheid. Und dadurch, dass Gehörlose selten Lautsprache, sondern meistens Gebärdensprache sprechen, sind die Missverständnisse vorprogrammiert.

Grund genug, mal ein paar der häufigsten Vorurteile gegenüber Gehörlosen und der Gebärdensprache aufzuklären. Hier im Video, oder hier im Artikel: 

Vorurteil: Gehörlose Menschen können nicht sprechen.

Vorurteil: Taub sein hat nur Nachteile.

Vorurteil: Gehörlose können keine normalen Berufe ausüben.

Vorurteil: Gehörlose können so wie Hörende lesen und schreiben.

Vorurteil: Gebärdensprache ist international.

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Vorurteil: Gehörlose Menschen können nicht sprechen.

Stimmt nicht!

Die meisten Gehörlosen können durchaus sprechen, tun es aber nicht. Warum? Das hat verschiedene Gründe. Da Gehörlose ihre eigene Stimme nicht hören, können sie diese schwer kontrollieren und wissen nicht, wie sie sich selbst anhören. Für Hörende klingt das oft komisch - und viele reagieren entsprechend darauf.

Zudem ist die Muttersprache der meisten Gehörlosen die Gebärdensprache. So unsicher, wie wir Hörende uns in Fremdsprachen fühlen, so unsicher fühlen sich einige taube Menschen in der Lautsprache - und vermeiden sie daher lieber.

Aber: Es gibt natürlich auch Ausnahmen. Es gibt Gehörlose, die durch ihre Erziehung und durch intensives Sprechtraining gut sprechen können und das dann auch eher tun.

Vorurteil: Taub sein hat nur Nachteile.

Stimmt nicht!

Viele Gehörlose empfinden ihre Taubheit nicht nachteilig, sondern sehen darin viele Vorteile. Dafür gibt es sogar einen eigenen Begriff: „Deaf Gain“. Er beschreibt, was Taube an ihrer Gehörlosigkeit zu schätzen wissen.

Christian zum Beispiel findet’s super, sich über die Gebärdensprache auch in lauter Umgebung mit anderen zu unterhalten oder eben auch bei enormer Geräuschkulisse tief und fest schlafen zu können. Außerdem hätten viele Gehörlose ein ausgeprägtes räumliches Denken, erzählt er, da das für die Gebärdensprache notwendig ist und damit ständig trainiert werde.

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Vorurteil: Gehörlose können keine normalen Berufe ausüben.

Stimmt nicht!

Gehörlose können grundsätzlich die gleichen Berufe ausüben wie Hörende - sofern diese eben kein besonderes Hörvermögen erfordern. Allerdings brauchen taube Menschen das Entgegenkommen ihrer hörenden Kolleginnen und Kollegen, zum Beispiel die Bereitschaft, mehr schriftlich zu kommunizieren oder auch Dolmetscher im Arbeitsalltag einzusetzen.

Vorurteil: Gehörlose können so wie Hörende lesen und schreiben.

Stimmt nicht!

Die Muttersprache ist für die meisten Gehörlosen die Gebärdensprache. Die Lautsprache lernen viele taube Menschen auch, tun sich aber deutlich schwerer als Hörende, da sie die Sprache nicht „nebenher“ durchs Hören gelernt haben wie Hörende. Christian erzählt, dass es durchaus vorkäme, dass sich Hörende zum Beispiel über seine seltsame Grammtik in E-Mails wundern. Dazu kommt - und das wissen viele auch nicht: Die Deutsche Gebärdensprache hat eine völlig andere Satzstruktur und eine andere Grammatik als die Deutsche Lautsprache.

Aber auch hier gibt es natürlich ein breites Spektrum. Manche Gehörlose tun sich mit Lautsprache und -schrift schwer. Andere haben sie gut trainiert und können auch so mühelos kommunizieren.

Vorurteil: Gebärdensprache ist international.

Stimmt nicht!

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Anders als viele Hörende denken, ist Gebärdensprache keineswegs international. So wie jedes Land eine eigene Lautsprache hat, hat es auch eine eigene Gebärdensprache. Und selbst innerhalb eines Landes ist die Gebärdensprache nicht komplett einheitlich. Es gibt verschiedene Dialekte und sogar Jugendsprache.

Wenn sich taube Menschen aus unterschiedlichen Nationen treffen, nutzen sie eine gemeinsame Gebärdensprache, die sogenannte „International Sign Language“.