von Nico Bähr
Und anders als heute in autoritären Regimen wie China. Dort wird die Meinungs- und Informationsfreiheit durch eine moderne, unsichtbare „Mauer“ beschränkt: Durch die Internetzensur, die viele Chinesen umgangssprachlich die „Große Feuerschutzmauer“ nennen.
Die wenigsten von uns haben in einer Diktatur wie China gelebt. Menschen meiner Generation können wohl kaum persönliche Erfahrungen mit den historischen Berichten über die DDR verbinden.
Aber gibt es nur in Diktaturen Mauern? Keineswegs!
Griechenland hat in diesem Jahr mit einer 27 Kilometer langen, 5 Meter hohen Anlage die Grenze zur Türkei gegen die Ankunft von Asylsuchenden befestigt. An einer anderen Grenze, im Mittelmeer, steht zwar keine Mauer, aber die Patrouillen der staatlichen Küstenwachen sowie der Grenzschutzbehörde Frontex erfüllen oft genau diesen Zweck.
Ich finde es schrecklich, dass Lebensretter im Mittelmeer sich zum Teil wie Kriminelle verantworten müssen. Fluchthelfer:innen aus der Bundesrepublik, die DDR-Bürgern in die Freiheit halfen, haben Helden-Status – zurecht! Genauso müssten wir und die EU die Lebensretter im Mittelmeer wertschätzen.
Der 60. Jahrestag des Mauerbaus sollte eine Erinnerung sein, dass Grenzen und Mauern noch heute allgegenwärtig sind. Nicht nur in Diktaturen, sondern auch in Demokratien. Auch heute noch sind viele Menschen auf der Welt in ihrer Meinungs- und Bewegungsfreiheit beschränkt. Einige lassen auf der Suche nach diesen Freiheiten ihr Leben.
Für uns, für die diese Rechte selbstverständlich wirken, ist der Mauerbau vor 60 Jahren also auch heute noch aktuell: Wir haben nicht nur das Privileg, sondern auch die Verantwortung, die Grenzen und Mauern von heute in Frage zu stellen – damit wir unsere Freiheiten behalten und irgendwann auch der Rest der Welt in ihren Genuss kommen kann.