von Stefanie Bock
Wie kann ich über was schreiben, was ich nicht verstehe? Ich versuche es. Meine Freundin, nennen wir sie Susi, und ich sind keine Freundinnen mehr. Nein, das trifft es nicht, ich existiere für Susi nicht mehr. Warum, ich weiß es nicht.
Nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht, ich bin bestimmt kein Engel oder ein stilles Mäuschen. Nicht alles, was ich getan habe in meinem Leben, würde ich wieder tun und manches rutscht mir im Überschwang über die Lippen. Doch was den Bruch zwischen Susi und mir verursacht hat, ich weiß es nicht.
Was zum Bruch führte, weiß ich nicht.
Nicht zu wissen, was unsere Freundschaft, unsere enge Freundschaft, zerstört hat, hat mich lange beschäftigt. Ich habe viel gegrübelt und überlegt, wie ich es herausfinden kann. Noch heute träume ich von einem vermeintlichen klärenden Gespräch. Denn geredet haben wir über das Ende unserer Freundschaft nie.
Kein klärendes Gespräch für das Ende
Bis vor einem Jahr haben wir unser Leben geteilt. Gequatscht, gefeiert, sind in den Urlaub gefahren, haben uns in Krisen ohne große Worte unterstützt, sämtliche Lockdowns gemeinsam durchlebt.
Irgendwann bemerkte ich, dass unser Austausch knapper, unpersönlicher wurde. Irgendwas war anders. Wir sahen uns seltener, wir tauschten uns weniger aus, wir schwiegen uns an, wo wir doch bislang quasi eine Standleitung zueinander hatten. Tatsächlich nahm ich die Veränderung war, doch der Alltagsstress hielt mich davon ab, nachzufragen. Oder die Bequemlichkeit. Vielleicht war es auch die Angst vor der Antwort. Unser letzter Austausch fand über WhatsApp statt.
Als ich dann doch fragte, ob alles okay sei, erhielt ich ein „nein“. Was konkret passiert ist, habe ich nicht erfahren. Nur den Hinweis, jemand habe berichtet, ich hätte schlecht über Susi gesprochen. Wer dies Susi mitgeteilt hat oder was ich gesagt haben soll, wollte mir Susi nicht sagen. Sie wolle nicht darüber sprechen. Das müsse ich akzeptieren, aber wir könnten ja weiter in Kontakt bleiben. Mit etwas Unbekanntem zwischen uns? Da konnte ich nicht.
Seit einem Jahr Luft füreinander
Ein Jahr ist es nun so, dass ich Luft für Susi bin. Sie geht an mir vorüber, als wäre ich nicht da. Wir stehen dicht an dicht und es wirkt als wäre nur eine von uns anwesend. Lässt es sich vermeiden, taucht Susi nicht dort auf wo ich bin. Wir haben uns nicht angeschrien, nicht zusammen geweint, nicht gekämpft.
Es ist so als hätte Susi einen großen Radierer genommen und damit mich und meinen Spuren wegradiert. Alles was war hat sich aufgelöst.
Geghostet werden, ist schwer zu ertragen
Anfangs hat es mich echt fertig gemacht, ich wollte unbedingt wissen, was vorgefallen ist, ich fand das Ghosting schwer zu ertragen. Mittlerweile ist es mir egal, was der Auslöser war. Vielleicht habe ich etwas Falsches gesagt, vielleicht stehe ich aber auch heute noch zu dem, was Susi verletzt hat, vielleicht hat eine Dritte was weitergeben, was ich nie so gesagt habe.
Wie absurd, wenn alles nur ein Mißverständis gewesen sein soll.
Dass wir als Freundinnen das nicht ausgehalten haben, erstaunt mich aber noch immer.