Erfahrungsberichte in der Corona-Pandemie

Mit systemrelevantem Beruf in der zweiten Corona-Welle

Tobias ist Lehrer und Jacqueline Altenpflegerin
privat & Linda Henrich
Tobias ist Lehrer und Jacqueline Altenpflegerin

Menschen aus systemrelevanten Berufen erzählen: „So geht es mir in der zweiten Corona-Welle“.

Tobias ist ein angehender Lehrer und steht kurz vor seinem Referendariat. Der 23-Jährige arbeitet in einer Grundschule, zunächst als Vertretung, dann kam Corona. Seit dem ersten sogenannten Lockdown fehlen Tobias nicht nur seine Schüler*innen, sondern auch seine Kolleg*innen.

Grundschullehrer Tobias
privat
Grundschullehrer Tobias

Tobias: Es wird schlimmer! Das merke ich einfach daran, dass mehrere Kolleg*innen immer wieder in Quarantäne sind. Ich selbst war auch schon zwei Mal in Quarantäne. Die Einschläge um mich herum werden häufiger. Ich kenne jetzt schon einige Personen, die an Corona erkrank sind und es werden mehr.

Eigentlich arbeite ich als Vertretungslehrer. Aber da eine Kollegin in Quarantäne ist, habe ich jetzt selber eine erste Klasse. Das ist ein Vollzeitjob.

Ich muss die Kinder loben: die machen das sehr gut!

Die Kinder an meiner Schule denken selber an die Maske und tragen sie überall da, wo es Pflicht ist. Beim Spielen merken sie teilweise gar nicht, dass sie eine Maske aufhaben.

Die Erfahrungen im März haben uns in der Schule gezeigt, dass gerade in den Klassen eins bis drei der Präsenzunterricht besonders wichtig ist. Das liegt daran, dass bei jüngeren Kindern das Wissen spielerisch vermittelt wird. Wir haben auch ein Online-Tool, in dem wir Arbeitsaufträge hochladen können. Das ging bei den Viertklässlern sehr gut, bei den jüngeren Kindern schwieriger. Mit Online-Konferenzen erreichen wir bloß die Hälfte der Schüler.

So wie es im Moment ist, ist es nicht der Beruf den ich ausgewählt habe: Das ganze schulische Leben drum herum fehlt aktuell. Es gibt keine AG’s, keine Feiern und keine Aufführungen. Das, was das Schulleben ausmacht, fehlt im Moment komplett.

Ich wünsche mir, dass wir alle lernen, besser mit der Corona-Thematik umzugehen. Wir haben jetzt nun einmal das Problem mit dem Virus. Das müssen wir gemeinsam eindämmen. Aber das geht nicht damit, dass wir die Schulen schließen! Schulen sind keine Brutstätten. Für Kinder sind die sozialen Kontakte und die Bildung besonders wichtig. Das sollten wir möglichst nicht einschränken.

„Mich frustriert das rücksichtslose Verhalten“

Jacqueline arbeitet schon mehrere Jahre als Altenpflegerin in einer Seniorendependance. Auch wenn der Job Altenpflegerin mit Corona für sie noch härter ist, als er sowieso schon ist, liebt die 22-Jährige ihre Aufgabe.

Altenpflegerin Jacqueline
Linda Henrich
Altenpflegerin Jacqueline

Jacqueline: Wir müssen alle jetzt noch viel mehr arbeiten. Im Herbst und Winter sind mehr, auch Kollegen, krank. Und Corona kommt zusätzlich dazu. Daher achten wir noch viel stärker auf die Hygienemaßnahmen. Dann braucht auch kein Bewohner Angst zu haben.

Durch die Nachrichten und auch, dass die Angehörigen jetzt nicht mehr so oft kommen können, ist die Stimmung aber bei allen etwas gedämpft.

Alle sind sehr gestresst. Das schlägt auf die Gemüter.

Aus diesem Grund haben wir Möglichkeiten gesucht, wie die Bewohner trotz Einschränkungen mit ihren Angehörigen reden und sie sogar sehen können. Wir haben Tablets, da kann dann jeder seine Liebsten per Videocall erreichen. Die Älteren und gerade die Bewohner mit Demenz sind davon begeistert.

Auch die Angehörigen sind dankbar, dass wir da sind und uns kümmern. Es ist wichtig, dass die pflegebedürftige Mama, der Opa oder die Tante versorgt sind. Auch wenn Angehörige in Quarantäne müssen und dann nicht kommen können. Im Moment sind viele Angehörige besorgt oder haben das Gefühl nicht mehr den Überblick, über alle Maßnahmen zu haben. Da ist viel Feingefühl gefragt.

Altenpflege hat für mich viel mit Dankbarkeit zu tun. Die Leute die hier leben, haben viel erlebt. Aktuell ist es besonders wichtig, dass die Pflegekräfte den Bewohnern und Angehörigen zuhören und umgekehrt. Mir macht es in diesen schweren Zeit Mut, wenn die Bewohner lächeln.

Dagegen frustriert es mich, dass viele Leute sich rücksichtslos verhalten. Viele tragen im öffentlichen Raum die Maske falsch oder treffen sich in großen Gruppen. Für sowas, wie beispielsweise im Sommer am Opernplatz in Frankfurt, da habe ich kein Verständnis!

Daher wünsche ich mir mehr Entgegenkommen für die Maßnahmen der Bundesregierung. Da müssen wir uns alle daranhalten. Aber ich wünsche mir auch mehr Verständnis für das jeweilige Gegenüber: Corona heizt die Gemüter auf, da sollten wir achtsamer miteinander umgehen. Also sich auch die Zeit nehmen, für einen rücksichtsvollen Umgang. Es ist wichtig, dass wir jetzt alle zusammen- und durchhalten.