von Valerie Jandeisek
Ich bin Valerie und wohne in Frankfurt am Main. Das gilt bundesweit als Corona-Risikogebiet und die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus verschärfen sich laufend. Zur Zeit beobachte ich im Verhalten der Menschen eine Ambivalenz, die mich aufregt: Einerseits die allgemein wachsende Sorge vor der nächsten Welle, die sich für mich in der unverständlichen, aber vermehrten Nachfrage nach Klopapier äußert.
Andererseits sehe ich in der Innenstadt immer wieder Mitmenschen, die ihren Mund-Nase-Schutz nicht oder nicht korrekt tragen: Menschen mit Maske unter dem Kinn, unter der Nase oder ganz ohne Maske, obwohl dort doch seit dem 19. Oktober eine umfassende Maskenpflicht herrscht. Ich frage mich warum und beschließe: Bevor ich mich länger ärgere, frage ich nach.
Ich spreche zwei junge Männer, Micha und Nick, in der Nähe der Katharinenkirche an. Ihre Masken haben sie dabei. Micha hat seine Stoffmaske unter das Kinn geklemmt, während Nicks Einwegmaske den Mund bedeckt, aber die Nase frei lässt. Sie seien gerade aus einem Laden gekommen und hätten die Maske runtergenommen, um frische Luft zu schnappen.
Sie erzählen, dass ein älterer Mann sie sofort auf die Maskenpflicht hingewiesen habe. Angezogen hatten sie sie dennoch nicht. An der frischen Luft sei doch das Ansteckungsrisiko geringer. Überhaupt könne der Abstand meist eingehalten werden, die Regeln in Frankfurt sehen sie als übertrieben an.
Ich frage, warum Nick seine Maske überhaupt trägt. Wenn sie die Nase frei lässt, dann könne er sie doch genauso gut ausziehen. Er sagt, sie rutsche beim Reden immer wieder herunter und er ziehe sie immer wieder über die Nase. Die beiden lehnen die Maskenpflicht nicht kategorisch ab: in geschlossenen Räumen und der Bahn können sie sie nachvollziehen.
Danach begegne ich Huda und ihrer Freundin auf der Zeil. Beide tragen keine Maske. Als ich sie darauf anspreche, ziehen sie sofort ihre Masken an und sagen, sie hätten es schlichtweg vergessen. Sie sind auf dem Heimweg nach einem langen Tag in der Bibliothek. Beim Nachhaken zeigt sich aber auch, dass sie ein zwiespältiges Verhältnis zu Masken haben.
Die beiden jungen Frauen finden die Maskenpflicht in geschlossenen Räumen grundsätzlich sinnvoll. Allerdings stört sie, dass sie die Masken auch dann in Räumen tragen müssen, wenn sie beinahe allein sind. Sie fragen sich zudem, ob viele ihre Masken überhaupt regelmäßig waschen oder wechseln, denn dann bringe auch die Maske keinen Schutz.