Familie

„Mein Baby wurde tot geboren“: Leben als Sternenkindmama

Das Foto zeigt eine Frau mit langen, lockigen, blonden Haaren. Eva trägt ein schwarzes Oberteil mit langen Ärmeln und einen langen Rock in einem rosa- bis weinroten Farbton. Sie lehnt leicht an einer hellen Wand.  Ihr Blick ist direkt auf die Kamera gerichtet, sie wirkt ruhig und nachdenklich.
privat
Eva spricht offen über ihre tot geborene Tochter

Kinder, die keine Chance auf ein Leben bekommen, heißen Sternenkinder. Was macht das mit den Eltern? Eine Mama erzählt von ihrem Verlust.

Ihre Tochter ist tot!“ Diese Worte ziehen Eva al Issa den Boden unter den Füßen weg. Sie ist fast im siebten Monat schwanger, als sie bemerkt, dass sich ihr Baby nicht mehr bewegt. Sie sucht Rat bei ihrer Hebamme und fährt schließlich ins Krankenhaus. Der Arzt findet keine Herztöne mehr.

Warum ihr Baby nicht mehr lebt, kann niemand sagen. „Einfach Pech“ heißt es zu Eva und ihrem Ehemann. Das war im August 2023. 

Das Baby tot zur Welt bringen: „Sie war so wunderschön!“

Am nächsten Tag wird die Geburt eingeleitet. Eva muss ihre Tochter tot zur Welt bringen. Für Eva eine schreckliche Vorstellung.

Gedenken für Sternenkinder: „Worldwide Candle Lighting Day“

Immer am zweiten Sonntag im Dezember ist der „Worldwide Candle Lighting Day“. Viele Eltern und Angehörige von verstorbenen Kindern stellen dann auf der ganzen Welt um 19 Uhr Ortszeit brennende Kerzen sichtbar in die Fenster - als Zeichen der Trauer, Erinnerung und Hoffnung.

Sie kennt Frauen aus ihrem familiären Umfeld, die so etwas schon erlebt haben. Doch entgegen ihrer Erwartung ist die Geburt eine schöne Erfahrung.

Jedes Jahr werden laut Statistischem Bundesamt mehrere tausend Kinder tot geboren. 2023 waren das 3.007 Kinder. Das Baby von Eva aus Neckarsulm in Baden-Württemberg war eines davon.

Ich war dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, meine Tochter auf die Welt zu bringen“, sagt sie.

Es hat keine Rolle gespielt, dass sie tot ist. Es war mein Baby.

Sie ergänzt: „Und ich fand sie so wunderschön!

Erinnerungen an das Sternenkind

Sie lassen Fotos von ihrer Tochter machen und verabschieden sich bei der Beerdigung von ihrem Baby.

Das Grab ist vor allem in der Anfangszeit ein wichtiger Erinnerungsort für Eva. Sie pflanzt Blumen. „Ich hatte das Gefühl, ich kann so noch etwas für meine Tochter tun.“

Es geht ihr gut!

Eva und ihr Mann sprechen sehr offen über den Verlust. Eva weint in dieser Zeit sehr viel. Auch der Glaube hilft dem Paar, mit dem Tod ihrer Tochter umzugehen. Eva ist sich sicher, dass es ihrer Tochter gut geht. „Ich muss mir um sie keine Sorgen machen!“

„Willst du mein totes Kind sehen?“

Ihr Umfeld tut sich schwer im Umgang mit dem Thema. „Ich hatte den Eindruck, viele wollen es nicht hören, oder sie haben sich nicht getraut, etwas zu sagen, weil sie mir nicht wehtun wollten.“

Auch Eva selbst meidet das Thema oft, um niemanden vor den Kopf zu stoßen. „Du gehst ja nicht einfach zu jemandem hin und sagst: Hey, willst du mal ein Foto von meinem toten Kind sehen? Ich find’ sie voll hübsch! Und du?“

 

In einem Rückbildungskurs für Mütter von Sternenkindern kann sie von ihren Erfahrungen erzählen. Das Angebot der Diakonie (in Heilbronn) richtet sich ausschließlich an Mütter, die ihr Baby verloren haben.

Angeleitet von einer Trauerbegleiterin und einer Hebamme teilen die Frauen ihren Schmerz. Sie zeigen sich Fotos ihrer toten Kinder, reden viel, machen Übungen zur Stärkung der Muskulatur. Jemanden zu haben, der durch den „gleichen Scheiß” durchgeht, war wertvoll für Eva.

Tabuthema Tod - nicht nur in der Schwangerschaft

Eva würde sich wünschen, dass wir in unserer Gesellschaft mehr über Trauer und Tod sprechen. „Wir sterben alle, das gehört einfach dazu. Aber keiner will sich damit beschäftigen, bis es dann passiert. Und dann muss man.“

Wir sollten den Tod enttabuisieren, sagt sie, damit die Angst kleiner werde und man angesichts des Schmerzes nicht hilflos sei. „Verdrängen bringt nichts“, findet Eva. „Wir müssen durch solche Krisen durch, um sie hinter uns lassen zu können.“

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Helfen Schwangerschaften über den Verlust eines Babys hinweg?

Eltern von Sternenkindern sagen häufig, eine erneute Schwangerschaft habe dabei geholfen, dass Wunden heilen und neues Vertrauen in den eigenen Körper entstanden ist.

Eva und ihr Ehemann wünschen sich nach wie vor Kinder. Doch die 37-Jährige hatte schon vor der Totgeburt ihrer Tochter mehrere Fehlgeburten und Eileiterschwangerschaften.

Ich weiß nicht, wie ich es verkraften würde, wenn es wieder schief geht. Aber ich will auf jeden Fall! Wir sind dran, aber keiner weiß, wie lange es noch dauert, bis ich meine Angst überwunden habe."