Erst kam Corona, dann der Krieg. Wie reagieren Menschen auf die anhalten Krisen? Wir haben Frauen und Männer ganz unterschiedlichen Alters in Hessen gefragt. Die Antworten haben es in sich.
Eva Johannsen (Name von der Redaktion geändert), 89 Jahre
Corona ist kein Problem für mich, ich gehe sowieso wenig vor die Tür. Aber wenn ich die Bilder sehe aus der Ukraine, rieche ich wieder verbrannte Luft, spüre meine Wimpern, die jucken. Die beißende heiße Luft nach dem Bombenangriff in meiner Heimatstadt hat sie verkürzt, die Augenbrauen verbrannt.
Ich sehe die Frau vor mir, deren Rollstuhl auf der Straße mit flüssigem Asphalt steht und um Hilfe schreit. Es ist der zweite Weltkrieg. Sie ist verbrannt. Ich sehe meine Mutter mit einer Schatulle voller Silberschmuck – das war das Einzige, was uns geblieben war. Von da an waren wir Flüchtlinge.
Alles ist wieder da. Es ist grauenvoll.
Jahrelang träumte ich, dass Wände auf mich zu sausen, wenn ich eine Sirene hörte, wurde mir kalt. Ich wusste nicht, dass das alles im Jahr 2022 noch so präsent in mir ist. Mir fallen sogar Namen ein, die ich lange vergessen glaubte. Alles ist wieder da. Es ist grauenvoll.