von Hermann Roth
Greta Waltenberg ist 18 Jahre alt und seit 2019 in der Organisation von Fridays for Future Mainz aktiv. 2021 will sie in den Landtag von Rheinland-Pfalz einziehen. Felix Kibellus ist 27 Jahre, IT Consultant, im Kreisvorstand der FDP Gießen und im Bundesvorstand der Jungen Liberalen. Beide nehmen den Klimawandel sehr ernst und wollen etwas für den Umweltschutz tun, aber wie soll das in einer weltweiten Pandemie klappen?
Greta: Wir hatten genügend Zeit Infektionsschutzmaßnahmen für Demonstrationen zu erarbeiten. Aber wir können nicht Corona abwarten, um wieder für den Klimaschutz demonstrieren zu gehen. Es stehen in Deutschland und international wichtige Entscheidungen an, wie zum Beispiel in Europa das „EU Climate Law“ und die Landwirtschaftsreform und in Deutschland die „Erneuerbare Energien Novelle“.
Wir haben auch gesehen, dass ohne unsere Proteste Klimaschutz komplett von der Agenda verschwunden ist. Deswegen ist es eindeutig nötig, dass wir weiter demonstrieren. Die Klimakrise macht auch während Corona keine Pause. Und wir demonstrieren können, ohne massenhaft Menschen anzustecken, erachten wir das auch als legitim.
Felix: Also erstmal kritisieren wir die Bewegung nicht. Ich persönlich finde die Bewegung generell sehr gut, weil ich junges politisches Engagement sehr sehr schätze. Was wir aber kritisieren ist die Pauschalität, mit der Forderungen gestellt werden, ohne dass sich die Aktivistinnen und Aktivisten damit beschäftigen, was denn das geeignetste Mittel ist, um das Ziel zu erreichen.
Uns geht es darum, dass verschiedenen Ideen gegeneinander aufgewogen werden, anstatt einfach Verbote zu fordern, ohne sich anzuschauen, was die Effekte davon sind und wer davon am meisten betroffen ist. Mein größter Kritikpunkt ist, dass Fridays for Future die Wissenschaft immer so hochhält, sich dann aber mit den Fakten gar nicht so auseinandersetzt.
Greta: Klimaschutz ist nichts, was es „gerade jetzt“ zu machen gilt, sondern wir müssen durchgehend dran bleiben. Wenn wir uns nicht jetzt mit der Klimakrise beschäftigen und jetzt die Entscheidungen treffen, um die CO2-Emissionen stark zu senken, dann werden wir auch ganz ganz große andere Probleme haben. Probleme, die noch zu denen, die wir jetzt schon haben, dazukommen. Denn die Klimakrise ist jetzt schon eine humanitäre Krise und wird auch in einer wirtschaftlichen Katastrophe enden. Das können wir nicht verantworten, sondern da müssen wir, vor allem die Politik, in der Lage sein, mehrere Krisen gleichzeitig anzugehen.
Felix: Ich glaube, dass wir Umweltschutz auch in diesen Zeiten nicht vernachlässigen dürfen. Aber ich glaube auch, dass wir uns bei jeder Maßnahme überlegen müssen: „Wieviel kann ich damit überhaupt bewirken?“ Ich finde, man sollte genau das Maßnahmenpaket wählen, womit man dem Klima am meisten hilft, aber den Menschen am wenigsten schadet. Während Corona geht es vor allem darum, man schaut, wie können Arbeitsplätze erhalten und trotzdem das Klima geschützt werden. Ich kann mir vorstellen, dass erst einmal die Maßnahmen, die die Automobilindustrie betreffen zurückgestellt werden und dafür andere Punkte priorisiert werden.