Familie

Inside Kreißsaal: Hebammen-Stories rund um die Geburt

Auf dem Foto ist eine rote Badewanne zu sehen, ein grüner Hüpfball. Alles ist in warmen Licht gehalten.
gettyimages/upixa
Ein Kreißsaal in Deutschland.

Kotzende Hunde, werdende Papas, die im Kreißsaal arbeiten oder Weihwasser als erste Nahrung. Vier Hebammen erzählen.

Unmittelbar vor der Geburt und auch danach sind Hebammen die ersten Aprechpartnerinnen für die werdende Familie. In der Geburtshilfe gibt es viele Probleme und oft auch einen hohen Druck für die Frauen. Sie müssen einfühlsam und zugleich nicht zimperlich sein.

Geschichten aus dem Kreißsaal

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Die Geburt ist einerseits etwas ganz Natürliches, andererseits immer etwas Besonderes. Hebammen unterstützen und bereiten diese vor, so dass Mutter und Kind möglichst gut durch diese Zeit kommen.

Deine Eltern haben dir sicherlich die Umstände deiner eigenen Geburt erzählt. Manche Familienlegende wird jedes Jahr zum Geburtstag zelebriert. Aber heute lassen wir die Hebammen zu Wort kommen. Sie erzählen die Geschichten, die bei ihnen ganz besonders in Erinnerung geblieben sind.

„Keine Hunde bei der Geburt“

Sarina Eichhorn ist seit sechs Jahren Hebamme und selbst Mutter.
privat
Sarina Eichhorn ist seit sechs Jahren Hebamme und selbst Mutter.

Sarina Eichhorn arbeitet im Raum Offenbach und Darmstadt/Dieburg seit sechs Jahren als Hebamme. Sarina sagt, dass sie bislang über 250 Geburten begleiten durfte. Die 27-Jährige ist selbst Mama einer kleinen Tochter. Bei der Geburt der Tochter saß eine ihrer drei Katzen dauerhaft neben der Badewanne auf dem Klodeckel und hat Wache gehalten. 

Fruchtwasser im Mund

„Meine Kollegin kniete während der Geburt unter der Frau. Dann machte es einen riesen Platsch und sie hat das Fruchtwasser in den geöffneten Mund bekommen. Das war sehr lustig. Sie sagte dann ‚Ich gehe mich mal waschen‘ und ich habe dann weiter gemacht.“

Kotzende Hunde bei der Hausgeburt

„Bei einer Hausgeburt waren zwei Hunde dabei. Die beiden waren so gestresst, durch die ganzen Emotionen der Geburt, dass sie die ganze Zeit irgendwo hingekotzt haben. Wir waren zu dritt bei der Hausgeburt. Zwei von uns mussten immer die Wohnung putzen. Seitdem sage ich: ‚Bitte keine Hunde mehr während der Geburt!‘.“

Beim zweiten Kind geht es häufig schneller

„Ich habe noch gesagt: ‚Bitte meldet euch, wenn ihr merkt, dass es losgeht, gebt mir eine halbe Stunde Zeit.‘ Der Vater rief mich dann an: ‚Es sind Wehen, du kannst kommen.‘ Ich habe mein Auto, es war mitten in der Nacht, einfach direkt auf der Straße vorm Haus abgestellt. Dann bin ich hoch gesprintet und habe schon den Kopf vom Baby gesehen. Ich hatte meinen Rucksack noch auf und ohne Handschuhe das Kind aufgefangen. Der Vater fragte mich: ‚Soll ich dir den Rucksack abnehmen?‘. Und ich ‚äh, danke gleich, ich habe gerade die Hände voll‘. Das war ein sehr lustiges Timing vom Vater.“

Eltern finden eigenen Weg für gemeinsame Geburt

Hebamme Christina Schwehn hat selbst sechs Kinder. Sie lacht in der Natur in die Kamera.
privat
Hebamme Christina Schwehn hat selbst sechs Kinder.

Christina Schwehn ist Hebamme rund um Dillenburg. Sie ist 36 Jahre alt und hat sechs Kinder. Bei ihrer eigenen Zwillingsgeburt waren zwölf Menschen im Kreißsaal anwesend. Sie sagt: „Unter der Geburt ist man nicht mehr Hebamme“ und war dankbar, selbst eine Hebamme an der Seite zu haben. 

Anfeuern im Kreißsaal

„Wir hatten Mal ein Paar im Kreißsaal, da dachte ich, wäre das mein Mann, ich hätte ihn schon lange des Raumes verwiesen. Er hat die werdende Mutter ständig angefeuert, als wäre sie eine Sportlerin. Er hat ihr die ganze Zeit ins Gesicht gebrüllt. Die Frau hat das aber motiviert, denn sie ist Sportlerin, Langstreckenläuferin. Der Mann hat sie vor jedem Training so motiviert und das hat er dann aufgegriffen, bei der Geburt.
Das war eine super Taktik. So konnte er etwas tun, dass die Frau motiviert und aufbaut. Er selbst kam sich als Vater dann auch nicht so verloren vor, während der Geburt.“

Restaurant-Empfehlung während der Wehenpausen

„Eine Frau hat in jeder Wehenpause drauf los geschnattert, also viel geredet. Irgendwann kam das Thema Essen auf. Also, was sie essen möchte, wenn das Kind da ist. Zum Beispiel Sushi und als ich gesagt habe, dass ich auch gerne Sushi esse, dann fing sie an, mir sämtliche Sushi-Restaurants aufzulisten. Wenn eine Wehe kam, dann hat sie gestoppt und als die Wehe zu Ende war, hat sie mir weiter Empfehlungen gegeben.“

„Du bleibst bitte bei meinem Baby.“

„Es gab Mal eine Frau, die hatte einen Kaiserschnitt und sie hat mir einen Auftrag gegeben. Sie hat gesagt: ‚Christina, egal, was passiert, du bleibst bitte bei meinem Baby.‘ Den Auftrag habe ich auch erfüllt und ich weiß bis heute, wie das Kind heißt. Das sind manchmal so besondere Betreuungen, die vergisst man auch nicht mehr.“

Geschichten aus dem Hebammenalltag

Hebamme Luise Schmitt hat selbst drei Kinder. Sie lächelt in die Kamera und steht in der Natur.
privat
Hebamme Luise Schmitt hat selbst drei Kinder.

Luise Schmitt ist in Waldbrunn Hebamme, seit 2021. Sie hat selbst drei Kinder.  Am Hebammen-Beruf gefällt ihr, dass sie sehr viel mitfühlen darf. Außerdem ist es ihr wichtig zu sagen, dass auch ein Kaiserschnitt eine sanfte, bestärkende Geburt sein kann, wenn die Geburtshelfer:innen den Eltern zugewandt agieren und es keine Massenabfertigung ist.

Baby wäre fast in die Toilette gefallen

„Wir waren im Kreißsaal und es sah nicht so aus, als würde die Geburt losgehen. Dann ist die Frau auf Toilette gegangen und hat gerufen. Hätten wir ihr Baby nicht gefangen, wäre es fast in die Toilette gefallen. Das war knapp. Und eine riesige Überraschung. Seitdem trage ich immer Handschuhe, wenn ich mit einer Frau im Kreißsaal bin.“

Werdender Papa arbeitet im Kreißsaal

„Es gab tatsächlich mal einen werdenden Papa, der seinen Laptop mit im Kreißsaal hatte. Er hat gearbeitet, während seine Frau die Wehen veratmet hat. Das war natürlich nicht so zuträglich. Dann haben wir ihn freundlich darauf hingewiesen, dass das ein besonderer Moment ist und wir alle für seine Frau da sein wollen.“

Alleine eine Geburt begleiten, während der Ausbildung

„In meiner Ausbildung musste ich zu einer Hausgeburt. Ich sollte mit einer Hebamme dort hingehen und mithelfen. Als ich da war, stand der aufgeregte Papa schon in der Tür. Ich habe auch die Frau schon gehört und sie kniete vorm Bett. Während der Geburt haben wir die Hebamme angerufen und ich habe ihr immer ganz genau gesagt, was passiert. Die fuhr aber hinter einem sehr langsamen Fahrschul-Auto her. Als sie dann kam, lagen Mama und Baby schon in Bett. Das war in meiner Laufbahn der größte Adrenalin-Schub, den ich erlebt habe.“

Wiedersehen mit großer Freude

„Eine besonders rührende Situation hatte ich mit einer Frau, die ich kannte, weil ich ihre stille Geburt begleitet habe. Durch Zufall habe ich sie anderthalb Jahre später wieder in der Klinik getroffen. Das war sehr sehr rührend zu sehen, dass sie ihr lebendes Kind in den Armen hielt.“

Rituale rund um die Geburt

Hebamme Lilly Klöpfel hockt mit ihrem braun-weiß gefleckten Hund im Garten. Im Hintergrund ist ein Insektenhotel zu sehen.
privat
Hebamme Lilly Klöpfel ist 24 Jahre alt und findet das Schönste an Ihrem Beruf ist, dass sie nie weiß, was passieren wird, wenn sie in die Klinik kommt.

Lilly Klöpfel ist 24 Jahre alt und arbeitet im Klinikum Kassel . Sie findet es besonders interessant die unterschiedlichen Kulturen und Rituale im Kreißsaal zu sehen. 

Baby bekommt Weihwasser in den Mund

„In manchen Kulturen ist es normal, dass Schwiegermama und Mama bei der Geburt sind. Die beiden haben der Frau ständig Weihwasser über den Kopf geschüttet und Datteln in den Mund gesteckt. Sie konnte kaum Wehen veratmen, weil so damit beschäftigt war, die Datteln zu essen. Als das Baby dann da war, hat mich die Schwiegermama gefragt, ob ich eine kleine Spritze hätte. Dann hat sie den Rest des Weihwassers aufgezogen und dem Baby in den Mund gegeben. Da war ich ein bisschen geflasht und es war sehr witzig.“

Hund bewacht Baby

„Wenn ich die Frauen nach der Geburt zu Hause versorge, erlebe ich immer wieder, dass ich die Hunde erst mal kennenlernen muss. Ich hatte mal einen Hund, der immer den Kopf auf dem Bauch vom Baby gelegt hat oder sich dazu auf die Couch dazu gekuschelt hat. Bei dem Hund war es so, dass er mir nicht mehr von der Seite gewichen ist. Er hat aufgepasst, dass ich ja nichts Falsches mache und gebellt, wenn er nicht mit in den Raum durfte.“

Werdender Vater steckt sich Ohropax ins Ohr

„Einmal hat sich ein Mann Ohropax in die Ohren gemacht, während der Geburt. Obwohl die Frau eigentlich gar nicht so laut gestöhnt hat. Davor war er so voll mit dabei bei der Geburt. Aber dann hat er sich in einen Stuhl gesetzt und rumgedreht. Wir haben dann weiter gemacht und das Kind bekommen. Für die Mutter war das okay. Als das Kind da war, hat er die Ohropax dann wieder rausgenommen.“