Dienst an Heiligabend

Hinter den Kulissen von Weihnachten

Feuerwehrleitstelle_Heiligabend
epdbild/Jochen_Günther

Wie verbringen Menschen den Heiligabend, wenn sie arbeiten müssen? Wir haben uns umgehört.

Die Weihnachtstage gemütlich mit Familie oder Freunden unterm Weihnachtsbaum verbringen? Das geht nicht bei allen Menschen. Denn egal ob bei der Feuerwehr, der Polizei oder in Pflegeheimen: Der Betrieb läuft dort auch über die Feiertage ganz normal weiter. Und natürlich auch in den Kirchen herrscht an Weihnachten Hochbetrieb.

Die Advents- und Weihnachtszeit ist die stressigste Zeit des Jahres - die Pfarrerin

Lisa Tumma
privat

Lisa Tumma, 31, ist Pfarrerin in Neuhäusel im Westerwald. Sie erzählt:

Die allerersten Weihnachtsvorbereitungen beginnen für mich bereits im Oktober. Dann fange ich an zu überlegen, was wir wem in der Gemeinde schenken können. Außerdem, wann und wo der Posaunenchor spielt und wir planen schon mal die Weihnachtsgottesdienste und suchen Organisten.

Wenn es auf die Adventszeit zugeht, beginnen die stressigen Wochen in der Gemeinde mit allerlei Veranstaltungen. Das sind zum Beispiel verschiedene Nikolaus- und Weihnachtsfeiern von Frauenkreis, Seniorenkreis und – sofern nicht gerade Corona ist – den Proben für das Krippenspiel im Kindergottesdienst.

In der Adventszeit merke ich, dass die Leute mehr Lust auf Kirche haben, als im Rest des Jahres. Der Gottesdienstbesuch ist höher, und letztes Jahr, als wir Corona-bedingt einen „Wandergottesdienst“ angeboten haben, kam dieser gut bei den Gemeindemitgliedern an.

Drei Gottesdienste an Heiligabend

Hier in der Gemeinde finden an Heiligabend normalerweise drei Gottesdienste statt, die ich halte. Auch wenn ich über Weihnachten arbeite: Mich stört das nicht.

Ich liebe Weihnachten und feiere es gerne mit der Gemeinde wie auch mit meiner Familie, das geht gut zusammen. Während ich Heiligabend in der Kirche bin, trifft mein Mann zuhause die Weihnachtsvorbereitungen. Wobei ich auch dazu sagen muss, dass ich keine Kinder habe, vielleicht macht es das etwas einfacher.

Trotz all dem Trubel und der Arbeit: Mein schönster Weihnachtsmoment ist jedes Jahr, wenn wir im Weihnachtsgottesdienst gemeinsam und von der Orgel oder dem Posaunenchor begleitet „Oh du fröhliche“ singen. Da habe ich dann jedes Mal Tränen in den Augen.

Der erste der kommt und der letzte der geht - der Küster

Sebastian Villmar
privat

Sebastian Villmar (37) ist Küster an der Marktkirche in Wiesbaden. 

Vorbereitungen für Weihnachten treffe ich bereits Anfang November. Dann bestelle ich etwa Programmhefte und Kerzen, allein von letzteren brauchen wir in der Advents- und Weihnachtszeit gut 10.000 Stück. Auch um den Adventskranz kümmere ich mich – wenn er kommt, tragen wir ihn zu zweit in die Kirche, da er einen Durchmesser von drei Metern hat. Und ich stehe in Kontakt mit dem Weihnachtsbaumlieferanten im Schwarzwald.

Wenn der Baum im Dezember geliefert wird, bin ich schon früh morgens vor Ort. Eine sieben Meter hohe Tanne quer durch Wiesbaden zu transportieren, das ist schon ein logistischer Aufwand. Gemeinsam mit Helfern stellen wir den Baum  in der Kirche auf und schmücken ihn – unter anderem mit großen Strohsternen und gut 200 Metern Lichterkette.

An Heiligabend übernachtet der Küster im Kirchturm

In der Adventszeit finden in der Marktkirche täglich Veranstaltungen wie Orgelkonzerte und Andachten statt, die ich vorbereite und bei denen ich als Ansprechpartner zugegen bin. Grundsätzlich bin ich der Erste, der morgens in der Kirche ist und hinterher der letzte, der wieder abschließt. Deswegen habe ich im Kirchturm ein kleines Küsterzimmer, in dem ich etwa an Heiligabend auch übernachte.

Am 24. Dezember haben wir in der Marktkirche vier Gottesdienste. Einen einzelnen besuchen normalerweise gut 1.000 Menschen, Corona-bedingt waren es im vergangenen Jahr aber nur halb so viele. Auch für die Kontrolle der Hygienemaßnahmen bin ich zuständig, wobei wir letztes Jahr zusätzlich einen Sicherheitsdienst engagiert hatten, um deren Einhaltung zu gewährleisten.

Nach der Christvesper um 18 Uhr holt mich meine Frau ab. Auch wenn das Zeitfenster kurz ist – 22 Uhr muss ich zur Vorbereitung der Christmette wieder in der Kirche sein – ist das mein persönliches Highlight des Jahres: Gemeinsam mit meiner Frau und den Schwiegereltern an Heiligabend traditionell Karpfen essen.

Der schönste Moment ist das ehrliche Lächeln der Bewohner:innen - die Pflegerin

Jacqueline Müller und Pflegeleiter Herr Ruppert
privat

Jacqueline Müller (24) arbeitet seit vier Jahren in einem Altenheim. 

Meine Tätigkeiten als Pflegefachkraft umfassen die Körperpflege, Nahrungsaufnahme, Wundversorgung sowie behandlungspflegerische Aufgaben bei unseren Bewohner:innen. In meiner Funktion als Schichtleiterin bin ich zudem dafür verantwortlich, dass die Versorgung und Betreuung im Haus sichergestellt ist.

In der Pflege gibt es keine Feiertage und keine vier freien Wochenenden, die Versorgung der Bewohner:innen muss schließlich durchgängig gewährleistet sein. Da ich keine Kinder habe, arbeite ich auch an Heiligabend gerne in der Spätschicht, die 14 Uhr beginnt, sowie am 25. Dezember. Dafür habe ich am zweiten Weihnachtstag sowie an Silvester frei.

Meine Freunde und Familie haben erst lernen müssen, mit dem 3-Schichtsystem und meiner Art von Berufung klarzukommen. Jedoch hat sich inzwischen gut eingespielt.

Die Bewohner:innen schmücken das Altenheim weihnachtlich

An Weihnachten schmücken die Bewohner:innen, die es können, die Wohnbereiche und die vom Heim gestellten Weihnachtsbäume selbst. So kommt eine besinnliche Stimmung auf. Zudem sind an Weihnachten Mitarbeitende von der Sozialen Betreuung vor Ort, die mit den Bewohner:innen gemeinsam singen oder etwas vorlesen.

Mein Dienst an Weihnachten schenkt mir das Glück, unterschiedliche Arten von kulturellen Weihnachtsfeiern kennenzulernen und zu vereinen. Denn jeder der drei Wohnbereiche mit  je zwölf Bewohnern wünscht sich zum Fest sein Lieblingsgericht. Auch durch Corona lassen wir uns diese Weihnachtsstimmung nicht nehmen. Das Heim stellt zudem Tablets bereit, die die Bewohner:innen für Videotelefonate mit ihren Familien nutzen.

Die Situation in der Pflege ist insgesamt angspannt. Meine Kolleg:innen und ich leisten viele Überstundenwir arbeiten am Limit!  Und dennoch: Meinen Job mache ich gern. Mein schönster Weihnachtsmoment im Dienst ist das ehrliche Lächeln der Bewohner:innen, wenn sie Telefonate, Karten und Besuche bekommen.

Einsätze an Weihnachten spielen sich im häuslichen Bereich ab - der Polizist

Thomas Hollerbach
Polizei_FFM

Thomas Hollerbach (41), ist Polizeihauptkommissar in Frankfurt. 

Bei der Polizei arbeiten wir jeweils in 12-Stunden-Schichten, auch über Heiligabend und die Weihnachtstage ist das nicht anders. So kommt es vor, dass wir auch an Weihnachten oder an anderen Feiertagen immer mal wieder arbeiten müssen. Je nach Wache sind dann zwischen fünf und zwölf Leute gleichzeitig im Dienst.

Bei den Einsätzen, die wir über die Feiertage fahren, merke ich, dass es speziell an Heiligabend zunächst sehr ruhig zugeht. Wir werden weniger gerufen als sonst. Die Menschen kommen zur Ruhe, ein paar gehen in die Kirche. Erst im späteren Verlauf des Abends ändert sich das: Speziell in Vierteln mit Clubs und Discotheken ist dann wieder mehr los.

Ansonsten haben wir insbesondere über die Feiertage mit Einsätzen zu tun, die sich im häuslichen Bereich abspielen. Das können Familienstreitigkeiten sein, oder aber der brennende Weihnachtsbaum.

Die Stimmung an Weihnachten ist ruhiger und besinnlicher

Innerbetrieblich sieht es bei uns so aus, dass wir uns die Weihnachtstage möglichst angenehm gestalten. Im Aufenthaltsraum steht ein Christbaum, jeder im Dienst bringt von zuhause Essen mit. Das bereiten wir dann vor und essen zusammen – sofern die Auftragslage es zulässt. So feiern wir dann Weihnachten nicht nur zuhause, sondern auch in der jeweiligen Dienstgruppe.

Insgesamt stelle ich fest: In der Vorweihnachtszeit sind die Leute ruhiger, die Stimmung ist von meinem Gefühl her besinnlicher. Das merkt man etwa daran, wenn sich die Leute gegenseitig „Frohe Weihnachten“ wünschen. Und ich empfinde das als einen schönen Kontrast zu Silvester – dann ist bei uns nämlich Hochbetrieb.

Wegen brennender Kerzen im Einsatz - der Feuerwehrmann

Aron Geisel
Feuerwehr_FFM

Aron Geisel, 32, ist Oberbrandmeister bei der Berufsfeuerwehr in Frankfurt. 

Auf der Feuerwache arbeiten wir in 24-Stunden-Schichten, die 7 Uhr morgens beginnen. Rund 20 Einsatzkräfte sind gleichzeitig im Dienst. Da die Wache durchgängig besetzt ist, sieht der Dienstplan keine Feiertage oder „Feiertagsbetrieb“ vor, es sind ganz normale Dienste wie sonst auch. Dennoch achten wir darauf, dass zum Beispiel junge Familienväter Weihnachten zuhause feiern können.

Auch an Weihnachten beginnt der Dienst wie jeden Morgen mit dem üblichen Ablauf: Wir überprüfen die Gerätschaften auf den Einsatzfahrzeugen, machen Sport und erledigen unsere Aufgaben. Aber kleine Unterschiede gibt es: Vor Corona war es ein schönes Ritual, dass wir vor dem 24.12. unsere Familien auf die Feuerwache eingeladen haben. Mittags haben wir das Essen vorbereitet und am Abend gemeinsam mit der Familie gegessen und alkoholfreien Punsch auf dem Hof getrunken.

Wer Kerzen anzündet, sollte auch Löschmittel bereithalten

Im Schnitt fahren wir pro Dienst zu zehn Einsätzen, wobei sich das pauschal schwer sagen lässt – jeder Dienst ist anders. Auch über Weihnachten rücken wir nicht öfter aus. Aber in der Advents- und Weihnachtszeit sind wir in häufiger mit Einsätzen konfrontiert, wo brennende Kerzen eine Rolle spielen – etwa auf Fensterbänken oder Adventskränzen. Die betroffenen Personen sagen dann „Ich war nur kurz in der Küche“ – und schon ist etwas passiert.

Deswegen rate ich, Kerzen am besten komplett zu vermeiden. Und wer doch welche anzündet, der sollte sie immer im Auge behalten und Löschmittel bereitstellen. 

Wenn wir zu Einsätzen ausrücken, dann sehen wir auch andere Familien miteinander feiern. Schlimm finde ich das nicht. Mir gibt es ein gutes Gefühl zu wissen, dass wir im Notfall schnell vor Ort sind. Und das auch und gerade an einem Abend, an dem andere Leute feiern und nicht so sehr an alles denken.

Wie erlebst du den Dienst an Weihnachten?

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