Tiere dürfen nicht leiden

Gesundes Essen statt Lebensmittelskandale

Renate Haller
Kommentar von Renate Haller

Belastetes Fleisch und Gemüse will niemand auf dem Teller haben. Aber viele Bauern produzieren Masse statt Klasse. Das muss sich ändern.

Hühner mit nackten Hälsen oder eng zusammengepferchte Schweine. Tonnenweise Antibiotika für Tausende Gänse und Puten gleichzeitig, weil einzelne Tiere in riesigen Ställen kaum behandelt werden können. Resistente Erreger, die über das Fleisch dieser Tiere zu uns Menschen gelangen. Grauenhafte Bilder aus der Massentierhaltung und deren Folgen will niemand mehr sehen. Es reicht!

Antibiotika in den Ställen

Die Landwirte stehen in Deutschland am Pranger. Daran hätte auch die Produktschau und der Austausch bei der Grünen Woche nichts geändert, die auch 2022 wegen Corona abgesagt wurde.

Billig, aber mit Massentierhaltung erkauft

Kritiker werfen den Bauern vor, dass sie uns mit Fleisch versorgen, das zwar unglaublich billig, aber mit dem Leiden der Tiere erkauft ist. Dass sie die Böden mit Pestiziden und Dünger vergiften und für das Artensterben verantwortlich sind.

Traktoren im Regierungsviertel 

Demo: „Agrarwende jetzt“

Mit einem Traktoren-Korso vor dem Reichstag haben in Berlin Bäuerinnen und Bauern des Bündnisses „Wir haben es satt!" für eine nachhaltige Agrar- und Ernährungspolitik demonstriert. Sie fordern einen agrarpolitischen Kurswechsel. Um das Höfe-Sterben zu bremsen, müsse Landwirtschaftsminister Cem Özdemir jetzt für einen schnellen und entschlossenen Umbau der Land- und Lebensmittelwirtschaft sorgen.

„Es ist höchste Zeit, dass die Höfe und Menschen in diesem Land wieder zu den Gewinnern der Agrar- und Ernährungspolitik zählen“, sagte Sprecherin Saskia Richartz. Die Lage auf dem Land sei dramatisch. Weder Chemie-, Milch- und Fleischkonzerne noch Bodenspekulanten dürften weiterhin die Zukunft die Agrarpolitik bestimmen. epd

Die Vorwürfe sind hart und auch nicht falsch. Niemand wird ernsthaft bezweifeln, dass es einen Zusammenhang zwischen Ackerbau und Insektensterben gibt. Und auch nicht, dass resistente Erreger nicht in die gegrillte Hühnerbrust gehört.

Neben dem berechtigten Ärger darüber, sollte aber auch klar sein: Bauern müssen Aufmerksamkeit nicht nur bei Skandalen bekommen, sondern auch, wenn es um ihre Produktions- und Lebensbedingungen geht. Dass die schlecht sind, zeigt sich am stetigen Sterben der Höfe. 2010 gab es in Deutschland 299.100 landwirtschaftliche Betriebe, 2020 waren es noch 263.500.

Fast ein Drittel soll ökologisch wirtschaften

Öko-Landwirtschaft ist noch immer eine Nische in Deutschland. Aber ihr Anteil wächst. 2010 haben 7,3 Prozent der Landwirt nach ökologischen Methoden gewirtschaftet, 2020 waren es 13,5 Prozent. Bis 2030 will Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) diesen Anteil auf 30 Prozent steigern. Das ist ein gutes, ein ehrgeiziges Ziel. Aber Özdemir muss auch dafür sorgen, dass Bauern das schaffen können.

Masse statt Qualität

Dazu gehört das gesamte Prinzip der Förderung der Agrarwirtschaft auf den Prüfstand. Dort werden Milliarden versenkt, mit den bekannten ökologischen und tierethischen Folgen.

Der größte Teil des Geldes fließt in Großbetriebe. Das hängt auch an der Förderung nach Fläche. Wer mehr Hektar Rüben anbaut, bekommt mehr Subventionen. Das ist nicht prinzipiell falsch, belohnt aber Masse statt Qualität.

Gesunde Böden und gesundes Essen

Die gesamte Gesellschaft – inklusive der Landwirte – muss ein Interesse haben an gesunden Böden, Artenvielfalt und Klimaschutz, an Tierwohl und Landschaftspflege. Dieses gemeinsame Interesse gilt es zu stärken. Auch Bauernpräsident Joachim Rukwied sagt, „wir müssen Lebensmittelerzeugung und Artenschutz gemeinsam denken“. Aber die Landwirte können das alleine nicht leisten, sonst wären ihre Produkte zu teuer.

Nachhaltige Landwirtschaft unterstützen

Die Politik muss dafür sorgen, dass nachhaltige Produktion subventioniert wird und Bauern die Chance bekommen, ihre Höfe bei ausreichendem Einkommen entsprechend umzubauen. Das wird viel Geld kosten. Rukwied nennt etwa für den Umbau der Ställe die Summe von vier Milliarden Euro pro Jahr. Dieses Geld muss bereitstehen, wenn die neue Allianz von Agrar- und Umweltministerium es ernst meint.

 

Menschen demonstrieren und halten Schilder hoch. Darauf steht "Kein Schwein braucht Tierfabriken" und "Faire Lebensmittel für alle".
epd/Christian Ditsch
Bauern und Bäuerinnen des Bündnisses „Wir haben es satt!“ demonstrieren im Berliner Regierungsviertel für eine Agrarwende.

Gemeinsam für das Tierwohl kämpfen

Viel zu lange haben Agrar- und Umweltministerium sowie der Bauernverband an verschiedenen Strängen gezogen. Lachende Vierte waren die Lobbyisten der industriellen Agrarbetriebe.

Damit muss Schluss sein.

Die Folgen der falschen Anreize in der Agrarsubvention baden wir alle aus. Die Bauern verdienen zu wenig, sie müssen mit dem Vorwurf leben, Tierschänder und Umweltfrevler zu sein und die Höfe sterben. Für die Verbraucher und Verbraucherinnen bleibt belastetes Fleisch, Obst und Gemüse.

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