Mental Health First Aid

Erste-Hilfe-Kurs für psychische Gesundheit

Der Kurs beschäftigt sich dem Thema Depressionen und schaut passenden Film dazu.
Max Löser
Kursteilnehmer schauen Film „Mein schwarzer Hund" zum Thema Depressionen.

Erste Hilfe für mentale Gesundheit: Wie du Betroffenen mit psychischen Gesundheitsproblemen helfen kannst, erfährst du hier.

In einem Erste-Hilfe-Kurs lernst du, wie du eine Person in die stabile Seitenlage bringst. Du übst, wie du einen Menschen im Worst Case wiederbelebst. Aber weißt du, was du tun musst, wenn eine Person aus deinem Umfeld psychisch erkrankt ist und Hilfe braucht?

Die MHFA Ersthelfer:innen-Kurse (Mental Health First Aid) klären über die wichtigsten seelischen Erkrankungen und Krisen auf. Ich habe für dich einen solchen Kurs absolviert und praktische Tipps gesammelt, wie du reagieren kannst, wenn du merkst, jemandem in deinem Umfeld geht es schlecht.

Das ROGER-Prinzip als Verbandskasten

In der Ersten Hilfe bei psychischen Problemen ist das sogenannte ROGER-Prinzip der MHFA dein „Verbandskasten“

  • Reagieren: begegne der Person, von der du denkst, dass es ihr nicht gut geht. Bewerte die Situation und stehe der Person bei.
  • Offen und unvoreingenommen zuhören und kommunizieren
  • Gib Unterstützung und Information: Im MHFA-Kurs bekommen die Ersthelfer:innen viele Informationen und Anlaufstellen, die sie an Betroffene weitergeben können. MHFA hat auf ihrer Website einige Anlaufstellen aufgelistet.
  • Ermutige zu professioneller Hilfe: Viele Betroffene wissen nicht, welche Hilfen es gibt. Klär sie auf!
  • Reaktiviere Ressourcen: Mache der Person klar: Du bist für sie da. Vielleicht könnt ihr etwas zusammen unternehmen. Frag sie, was sie gerne macht in ihrer Freizeit. Ermutige sie auch mit anderen Betroffenen über ihre Probleme zu sprechen.

Immer wenn du als Ersthelfer:in redest, solltest du ruhig und langsam sprechen, Ruhe vermitteln und Hoffnung ausstrahlen, erklärt Kursleiter Oliver Dodt. Er leitet regelmäßig MHFA-Kurse im Frankfurter Würdezentrum.

Erste-Hilfe für psychische Gesundheit

Den MHFA-Kurs gibt es in 29 Ländern. Entwickelt wurde das MHFA-Programm Anfang der 2000er in Australien. In Deutschland werden die MHFA-Ersthelfer:innen-Kurse in Trägerschaft des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim angeboten. Das Projekt wird von der Beisheim Stiftung gefördert und unterstützt. 

In Deutschland leidet laut dem Gesundheitsbericht des Bundes vom RKI etwa jeder vierte innerhalb eines Jahres an einer psychischen Störung. Im Kurs sollen Vorurteile gegenüber psychischen Gesundheitsproblemen abgebaut werden.

Der MHFA-Ersthelfer:innen-Kurs ist in vier Blöcke aufgeteilt. An zwei Tagen (insgesamt zwölf Stunden) wirst du zur Ersthelfer:in ausgebildet. Du bekommst viel Basiswissen zu diesen vier psychiatrischen Erkrankungen:

  • Depressionen
  • Angststörungen
  • Psychose
  • Suchterkrankung (Substanzmissbrauch- und abhängigkeit)

Im Kurs haben wir aber auch über psychische Krisen wie Suizidalität, Aggressivität und Panikattacken gesprochen.

Wichtig: Nach dem MHFA-Kurs bist du kein:e ausgebildete:r Therapeut:in.

Ich muss nur merken, meinem Arbeitskollegen oder Familienangehörigen geht's schlechter.

Oliver Dodt, Kursleiter

Stefanie Decker wird zu ROGER-Prinzip befragt.
Max Löser
Kursteilnehmerin fragt Stefanie Decker das ROGER-Prinzip ab.

Auch Stefanie Decker aus Mainz hat mit mir den MHFA-Kurs absolviert. Sie hatte in ihrem privaten Umfeld viele Jahre mit einer Person zu tun, die an einer psychischen Erkrankung litt. Damals hat sie diese Krankheit „komplett abgewehrt” und zog sich zurück. „Das war eine jahrelange Belastung.”

Aber sie nutzt die gewonnen Fähigkeiten nicht nur in ihrem privaten Umfeld. Stefanie arbeitet in einem Seniorenpflegeheim in Frankfurt. Sie habe jeden Tag mit psychisch auffälligen Menschen zu tun.

Da ist es gut, einfach auch mehr Wissen und Instrumente an der Hand zu haben.

Stefanie Decker

Auch für ihren Job ist das erlernte Wissen über psychische Krankheiten hilfreich. Ihr wichtigstes Learning: Wenn sich eine Person merkwürdig ihr gegenüber verhält, hat das nichts mit ihr persönlich zu tun. Seitdem sie das verstanden hat, könne sie betroffenen Menschen ganz anders begegnen.

Würdezentrum Frankfurt

Das Würdezentrum möchte das Thema Tod und Sterben enttabuisieren. Mit Kursen und Schulungen klärt das Zentrum auf. Damit möchte es Menschen, die sich am Ende ihres Lebens befinden, stärken. Außerdem ist das Würdezentrum ein Ausbildungs- und Forschungsinstitut. Etwa im Bereich Suizidprävention.

Das ist das Ziel der MHFA-Kurse: Deine Hilfekompetenzen stärken und als Ersthelfer:in einer Person im Notfall solange beistehen können, bis professionelle Hilfe zur Verfügung steht oder eine psychische Krise überwunden ist.

Im Kurs gibt es praktische Tipps, wie du mit einem psychischen Gesundheitsproblem umgehen kannst. Zum Teil gibt es Rollenspiele oder auch spielerischen Aufgaben. Damit bekommen die Teilnehmer:innen praktische Fähigkeiten beigebracht.

Vermeide Begriffe

Wenn es um das Thema Suizid geht, sollten Begriffe, wie Selbstmord oder Freitod vermieden werden. Nutze besser den neutralen Begriff Suizid.

Suizidalität als Krise bei Depression

Besonders emotional war das Rollenspiel in meiner Gruppe, als wir über Suizidalität als einer Krise der Depression geredet haben. Ein Tabu-Thema, über das vorher nicht alle sprechen wollten. Im Kurs habe ich gelernt: Es ist falsch zu denken, das Ansprechen auf Suizidgedanken könnte die Lage verschlimmern. Auch, wenn ich zugeben muss, dass ich Hemmungen hatte: Es ist wichtig zu fragen, ob sich jemand das Leben nehmen möchte. Meistens ist das für Betroffene sogar ein Stück weit erleichternd, wenn du sie darauf ansprichst.

    Telefonseelsorge

    Wenn es dir nicht gut geht, kannst du dich an die Telefonseelsorge wenden. Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222erreichbar.

    Wenn du lieber chatten möchtest, kannst du mit den Seelsorger*Innen auch chatten oder E-Mails schreiben.

    Wir haben darüber gesprochen, wie Hilfe ganz konkret aussieht. Also, Reicht es, der betroffenen Person professionelle Anlaufstellen zu geben? Oder muss ich in der akuten Krise doch sofort handeln und professionelle Hilfe aufsuchen, auch gegen den Willen der Betroffenen?

    Das ist bei Suizidalität auf jeden Fall ratsam:

    • nimm Suizidgedanken immer ernst 
    • Ruf beispielsweise die Telefonseelsorge oder beim Krisendienst an und lass dich beraten, wenn du dir unsicher bist, was du tun sollst. Du musst das nicht alleine lösen! 
    • Mache der Person keine Schuldgefühle. 
    Zynep und ich stellen ein Gespräch nach, indem ich sie frage, ob sie sich das Leben nehmen möchte.
    Oliver Dodt
    Zeynep und ich (Max Löser) im Rollenspiel zum Thema Suizidverdacht.

    Auch Zeynep aus Frankfurt hat am MHFA-Kurs teilgenommen. Eine ihrer Freundinnen leidet an einer Depression. Zeynep bietet ihr seit Beginn der Krankheit ihre Hilfe an. Sie ist immer für sie erreichbar. Egal, ob telefonisch, im Chat oder auf eine Tasse Kaffee. Auch an Tagen, an denen sich Zeyneps Freundin isoliert, ermutigt sie sie dazuzukommen. Zum Beispiel, wenn die Freundesgruppe etwas zusammen unternimmt.

    Das Miteinbeziehen ist ihr besonders wichtig. Auch wenn sich die Bekannte von Zeynep eigenständig Hilfe geholt hat: Sie sagt, dass offen darüber reden hilft.

    Man darf nicht warten, bis die Person einen auf ihre Probleme anspricht.

    Zeynep

    Ihr Learning aus dem Kurs: Bekannte und Freund:innen sollten mögliche mentale Probleme bei der Person ansprechen, nicht umgekehrt.

    Deine Tipps

    Hast du Personen in deinem Umfeld, die an einer psychischen Erkrankung leiden? Wenn ja, wie gehst du mit ihnen um? Schreib uns deine Tipps per Direktnachricht über unsere Sozialen Netzwerke.

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    Kurse in ganz Deutschland

    Die MHFA-Ersthelfer:innen Kurse gibt es in vielen deutschen Städten oder als Online-Kurs. Zu Beginn bekommst du ein dickes Handbuch. In dem findest du auf 258 Seiten viele nützliche Informationen zu den wichtigsten psychiatrischen Erkrankungen und psychischen Krisen. Zu dem Handbuch bekommst du ein Übungsheft und am Ende gibt es auch eine Prüfung. Nach Bestehen bist du MHFA Ersthelfer:in.

    Mein Fazit

    Ich fühle mich nach dem MHFA-Kurs besser gewappnet für Situationen, in denen ich Menschen begegne, denen es offenbar nicht gut geht. Ich nehme aus den zwei Tagen mit: Habe Verständnis für die Situation der anderen und informiere im passenden Moment über die zahlreichen Hilfsangebote.