Brot für die Welt ist ein Hilfswerk der evangelischen Kirche für die Entwicklungszusammenarbeit. Was ist das Spezifische an Ihrer Arbeit, beziehungsweise wo unterscheidet sich die Arbeit der Organisation von der Arbeit anderer Institutionen in der Entwicklungszusammenarbeit?
Dagmar Pruin: Weltweit arbeiten wir mit mehr als 1.500 kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Partnerorganisationen an der Überwindung von Hunger und Armut und kämpfen gegen Ungerechtigkeit und die Folgen der Klimakrise. Das heißt konkret: Wir führen keine Projekte durch, sondern unsere lokalen Partner. Wir unterstützen sie dabei. Unser Ziel ist Hilfe zur Selbsthilfe.
Weltweit sind unsere kirchlichen Partner ausgegrenzten Menschen besonders nahe und können dort helfen, wo der Staat fehlt. Darüber hinaus ermöglicht uns die Kooperation mit kirchlichen Einrichtungen auch in Ländern zu arbeiten, deren Regierungen aus politischen Gründen kein Geld für die Entwicklungszusammenarbeit vom deutschen Staat erhalten. Beispiel Simbabwe: Dort hat der Kirchenrat in der Corona-Pandemie durch unsere Unterstützung die Menschen informieren und Kliniken mit Schutzmaterial ausstatten können.
Was ist die Motivation für diesen Ansatz?
Dagmar Pruin: Brot für die Welt setzt sich für die Überwindung von Hunger, Armut und Ungerechtigkeit in der Welt ein. Wir verstehen uns dabei als Teil der weltweiten Christenheit, getragen von evangelischen Kirchengemeinden in Deutschland und von der biblischen Verheißung, dass alle „das Leben haben und volle Genüge“ (Joh 10.10).
Die Würde des Menschen stellen wir in den Mittelpunkt. Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen und Partnerkirchen in aller Welt ist es gelungen, Millionen von Menschen darin zu unterstützen, ihre Lebensumstände aus eigener Kraft zu verbessern.
Ins Leben gerufen wurde Brot für die Welt 1959 von den evangelischen Landes- und Freikirchen aus Dankbarkeit für die Hilfe, die den Menschen nach dem Krieg in Deutschland zuteilgeworden ist und war zugleich ein Signal gegen die reine Orientierung am Konsum in der Zeit des Wirtschaftswunders der 1950er Jahre. „Es geht nicht ohne einen jeden von uns“ – sagte der Theologe Helmut Gollwitzer bei der Gründungsveranstaltung in der Deutschlandhalle in Berlin.
Das gilt bis heute: Wir setzen uns für einen maßvollen Lebensstil und einen Wandel in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ein.
Welche Rolle spielt Brot für die Welt rein quantitativ in der Entwicklungszusammenarbeit?
Dagmar Pruin: Wir gehören zu den großen nichtstaatlichen Entwicklungsorganisationen in Deutschland und Europa. Aktuell fördern wir rund 1.800 Projekte von Partnerorganisationen in 85 Ländern weltweit und haben einen Gesamtetat von mehr als 320 Millionen Euro.
Der deutsche Staat stellt den kirchlichen Entwicklungswerken Brot für die Welt und Misereor seit 60 Jahren erhebliche Mittel zur Verfügung. Auch das zeigt, dass wir für die Entwicklungszusammenarbeit unverzichtbar sind.