Zeit schenken

Bundesweites Mentoring-Programm „Balu und Du“ für Grundschüler

Student Mathias und Grundschüler Richmond sind gemeinsam im Zoo. Sie stehen vor einem Terrarium.
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Bei „Balu und Du" verbringen Ehrenamtliche Freizeit mit Schüler:innen. Wir waren beim Treffen von Richmond und Mathias in Frankfurt dabei.

Der 9-jährige Richmond sieht zum ersten Mal einen Bären im Frankfurter Zoo. Sie stehen vor dem Gehege.
epd-bild/Tim Wegner

„Boah, da ist ja ein Bär!“, ruft Richmond mit weit aufgerissenen Augen und rennt zum Gehege. Der 9-Jährige betrachtet die Bären gespannt und fragt Mathias Westermann, wie sie heißen. „Das müssten Braunbären sein“, erwidert Westermann.

Programm für Kinder aus prekären Verhältnissen

Richmond runzelt die Stirn, zeigt auf die Tiere und stellt fest: „Nein, die sind doch schwarz.“ Auf die Frage hin, warum er gerne mit dem Studenten zusammen ist, antwortet der Junge knapp: „Weil es mit ihm Spaß macht.“ Dann hastet er weiter und ruft, dass er heute im Zoo auch unbedingt eine große Schlange sehen möchte.

Richmond lebt mit fünf Geschwistern in der Frankfurter Nordweststadt, einem Viertel mit schlechtem Ruf. Der Business-Administration-Student und Richmond kennen sich durch das bundesweite Mentoringprogramm Balu und Du.

Idee kommt von Disneys Dschungelbuch

Wie bei der Geschichte im Dschungelbuch bekommt das Kind, also der Mogli, im Projekt Orientierung und exklusive Zeit durch einen erwachsenen Ehrenamtlichen, also den Bären Balu. Die Grundschüler werden von ihrer Lehrkraft vorgeschlagen. Mitarbeitende des Programms wählen dann ein passendes Tandem aus. Die Ehrenamtlichen dürfen zwischen 17 und 30 Jahre alt sein.

Mathias und Richmond sind fasziniert von der Vielfalt im großen Aquarium. Ein großer Fisch im Vordergrund schwimmt vorbei.
epd-bild/Tim Wegner
Mathias und Richmond sind fasziniert von der Vielfalt im großen Aquarium.

Im Exotarium des Zoos angekommen, ist Richmond über die Trägheit der großen Schlange enttäuscht, „die bewegt sich ja gar nicht“. Westermann zeigt ihm ein Krokodil und die giftigen Kröten. Der 21-Jährige ermahnt Richmond aber auch, als er Schildkröten durch die Scheibe erschrecken möchte.

30 "Balu und Du"-Patenschaften in Frankfurt

Seit Mai 2022 treffen sich Richmond und Mathias immer donnerstags. Das einjährige Ehrenamt umfasst für Mathias neben den wöchentlichen Treffen auch den Austausch mit Koordinator Mathias Elosge von Balu und Du in Frankfurt. Außerdem führt Mathias ein Online-Tagebuch über die Treffen.

Koordinator Mathias Elosge hat „Mogli“ Richmond und „Balu“ Westermann zusammengebracht. Er arbeitet für „Balu und Du“ in Frankfurt. Das Projekt ist seit 2007 bei den Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität angesiedelt. Für die Wahl der beiden sei sein Bauchgefühl entscheidend gewesen, sagt Elosge, aber auch das gemeinsame Hobby: beide spielen Fußball. Aktuell begleiten die Mitarbeitenden von „Balu und Du“ in Frankfurt 30 Tandems.

Richmond und Mathias fühlen sich wie Brüder

Richmond sitzt auf einem künstlichen blauen Löwen vor dem Eingang des Frankfurter Zoos. Mathias steht hinter ihm.
epd-bild/Tim Wegner
Richmond freut sich auf den Zoo-Besuch mit seinem „Balu" Mathias.

Richmond ist sehr aufgeregt. Er hüpft herum, rennt, zappelt. Während einer Pause beim Eis-Essen klopft Mathias immer mal wieder kurz auf Richmonds Oberschenkel. Dadurch beruhigt sich der Grundschüler. Richmond und Mathias beschreiben ihre Beziehung wie die von Brüdern. Sie lachen viel, aber es wird auch deutlich, dass Mathias Führung übernimmt und Grenzen aufzeigt. Das Selbstwertgefühl und die positiven Eigenschaften des Kindes stärken, all das seien einige der Ziele des Projekts, betont Elosge.

Gemeinsames Hobby Fußball schafft Vertrauen

Durch das Fußballspielen seien sie sich anfangs näher gekommen und hätten Vertrauen aufgebaut, erzählt Mathias. „Ich schieße die meisten Tore“, wirft Richmond ein. Der Student holt Richmond von der Schule, dem Hort oder von zu Hause ab.

„Ich darf dann auch mal hupen und Knöpfe im Auto drücken“, erzählt Richmond stolz. Sie waren unter anderem schon gemeinsam in der Trampolin-Halle, im Schwimmbad und der Eissporthalle. Die Kosten für die Aktivitäten werden durch Stiftungen und andere Förderer unterstützt.

Mathias: „Ich will etwas zurückgeben“

Für Mathias ist die Zeit mit Richmond auch wertvoll. Da der Student eine unbeschwerte Kindheit hatte, wolle er etwas zurückgeben. Sie tauschten sich über Gefühle aus, und er schätze die Gastfreundlichkeit der Familie. Denn im Anschluss an ihre wöchentlichen Treffen gehe er immer noch mit nach Hause, um gemeinsam abendzuessen und mit Richmond Fußballkarten zu spielen. Richmond wirft ein: „Mathias isst so scharf, so scharf isst nicht mal meine Mutter.“

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