Tag der deutschen Einheit

3. Oktober: Waren wir blind?

Nils Sandrisser
Kommentar von Nils Sandrisser

Der Tag der Deutschen Einheit im Zeichen des Ukraine-Kriegs. Den Tabubruch beging Putin schon 2014, als er die Krim annektierte.

Es wirkt wie aus einer anderen Zeit. Vor 32 Jahren feierten die Deutschen am 3. Oktober nicht nur ihre Wiedervereinigung, sondern auch das Ende einer Weltordnung, die von Spaltung und gegenseitiger Vernichtungsdrohung zweier großer Machtblöcke geprägt war. Am Horizont schien eine neue Ära auf, ein Paradies auf Erden, das nach Regeln der friedlichen Zusammenarbeit funktioniert.

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Deutschen sahen autoritäre Wende in Russland nicht

Waren wir blind?

Offensichtlich haben gerade wir Deutschen allzu lange an unserer Illusion festgehalten. Wir haben nicht gesehen, dass in Russland eine autoritäre Wende stattfand, nachdem es sich anfangs zaghaft demokratisiert hatte. All das geschah lange, bevor der russische Präsident Putin sich auf einmal nicht mehr an internationale Regeln halten wollte. Zum Beispiel an die Regel, keine Grenzen gewaltsam zu verändern. Und selbst als er es tat, weigerten wir uns, die Realität zu sehen.

Putin beginnt mit Annexion der Krim Tabubruch 

Der offene Krieg gegen die Ukraine ist ja nur in der Quantität etwas Neues, nicht in der Qualität.

Tag der deutschen Einheit

Am 3. Oktober wird der Zusammenschluss von West- und Ostdeutschland - gefeiert. 1990 wurde die DDR formal als Staat aufgelöst und der Bundesrepublik angegliedert. Seitdem ist der Tag ein gesetzlicher Feiertag. (Quelle: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg)

Den eigentlichen Tabubruch beging Putin schon 2014, als er die Krim annektierte. Selbst danach fädelten wir mit ihm den Bau einer neuen Gaspipeline ein, als wäre nichts gewesen. Mit China sind wir immer noch gut im Geschäft, obwohl auch dort die Zeichen auf Repression stehen.

Montagsdemos und Co. spalten Gesellschaft

Auch im Inneren haben wir als Gesamtgesellschaft Spaltung zugelassen. Mittlerweile ziehen wieder Menschen in sogenannten Montagsdemos umher, weil sie sich in einer Diktatur wähnen.

Auch wenn Russland diese Stimmung über seine Propaganda in Sozialen Netzwerke kräftig anheizt, müssen wir uns dafür auch selbst die Schuld geben. Nicht zuletzt deshalb, weil wir die soziale Spaltung entlang Arm und Reich und entlang des Bildungsstands zugelassen haben – trotz Warnungen. Diesen Boden haben wir selbst bereitet.

Mittlerweile dürften auch die Letzten sehend geworden sein und die Realität zur Kenntnis genommen haben. Zugleich ist es wichtig, die Stimmung, wie sie vor 32 Jahren herrschte, nicht zu vergessen. Als Blaupause dafür nämlich, wie es auch sein könnte.