Asyl & Migration

EKHN-Synode fordert Wahrung des Asylrechts

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Große Hilfsbereitschaft für Geflüchtete - trotzdem weniger Geld für Flüchtlingshilfe. In Zeiten knapper Kassen muss die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau Prioritäten setzen.

Die Hilfe für Geflüchtete geht weiter, wenn auch in geringerem finanziellen Umfang. „Wir sind dankbar, dass das gelungen ist,“ freut sich Andreas Lipsch, Interkultureller Beauftragter der EKHN sichtlich erleichtert im indeon-Videointerview. Im Kontext der vielen Spardiskussionen sei dies nicht selbstverständlich gewesen, so Lipsch. Die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat die Fortsetzung ihres Flüchtlingsfonds beschlossen. 

Die Delegierten billigten am Donnerstag in Frankfurt am Main einstimmig das neue Konzept, das sich auf die unabhängige Rechtsberatung für Geflüchtete und Asylsuchende und die Begleitung von Kirchenasylen konzentriert.

Finanziert wird das Konzept durch gut vier Millionen Euro, die nach Auslaufen des derzeitigen Flüchtlingsfonds 2025 voraussichtlich übrig sein werden, und weiteren knapp 3,4 Millionen Euro.

Legale und sichere Fluchtwege schaffen

„Statt einer immer weiteren Abschottung müssen legale und sichere Fluchtwege geschaffen werden“, heißt es in der Resolution. „Menschen auf lebensgefährlichen Fluchtwegen zu schützen und gegebenenfalls zu retten, ist und bleibt Aufgabe der europäischen Staatengemeinschaft.“

Zur gerechten Gestaltung der Migration gehörten auch die Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierungen sowie die Gewährung gleicher Chancen und Rechte für alle.

Migration ist nicht die Ursache aller aktuellen Probleme unserer Gesellschaft.

Synode und Kirchenleitung

Migration sei Teil und Motor der Menschheitsgeschichte. Ohne sie gäbe es keine jüdisch-christliche Tradition und keine modernen Gemeinwesen: „Unsere Gesellschaft ist das Ergebnis von Migration.“ Deutschland brauche weiterhin Zuwanderung. Migration sei eine Herausforderung, die menschenwürdig und gerecht gestaltet werden müsse und könne.

Zugleich macht sich die Resolution der Synode für eine Versachlichung der Flüchtlingsdebatte stark. In der aktuellen Debatte über Migration und Geflüchtete würden vielfach Fakten verdreht, pauschalisiert und Stimmung gegen Geflüchtete gemacht, so die Resolution. 

Es sei wichtig, sich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen, bekräftigte Kirchenpräsident Volker Jung. „Das macht man aber nicht, wenn man Ängste verstärkt“, betonte er. Deutschland und seine Wirtschaft benötigten Einwanderung. 

Andreas Lipsch und Andreas Fauth führen im Studio auf der EKHN Synode ein Interview
Andreas Fauth
Andreas Lipsch und Andreas Fauth im Studio auf der EKHN Synode

Resolution: Migration menschenwürdig und gerecht gestalten

Die Synode der EKHN fordert zugleich, den Schutz von Flüchtlingen gemäß den Menschenrechten zu gewährleisten. In der aktuellen politischen Debatte über Migration würden mittlerweile Menschenrechte und rechtsstaatliche Prinzipien offen infrage gestellt, kritisieren die Synodalen und die Kirchenleitung in einer am Donnerstag in Frankfurt am Main während der Herbstsynode einstimmig verabschiedeten Resolution.

Das Recht auf Asyl sowie die historischen Errungenschaften der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention dürften nicht zur Disposition gestellt werden.

EKHN-Synode

Die Synode ist das entscheidende Organ in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Bei den Treffen finden Wahlen, Gesetzesgebung und finanzielle Entscheidungen statt. 

Fortsetzung des EKHN-Flüchtlingsfonds bis 2030

Ohne eine Fortsetzung des Flüchtlingsfonds hätten Geflüchtete in 16 Gebietskörperschaften im EKHN-Gebiet ab 2026 aller Voraussicht nach nirgendwo mehr Zugang zu unentgeltlicher behördenunabhängiger Rechtsberatung gefunden, heißt es in dem Bericht der Kirche. 

Zudem steige die Zahl von Schutzsuchenden im Kirchenasyl und damit auch deren Beratungsbedarf. Im Jahr 2023 wurden dem Bericht zufolge 167 Fälle von Kirchenasyl in der EKHN betreut, im ersten Halbjahr dieses Jahres seien es bereits 88 Fälle gewesen, mit 95 Erwachsenen und 18 Kindern.

Kirchenpräsident Volker Jung zählte auf, dass die EKHN von 2013 bis 2025 insgesamt 23,9 Millionen Euro für die Flüchtlingsarbeit einsetzt. Zuletzt hatte die Synode im  vergangenen Jahr eine Million Euro für die Hilfe für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer beschlossen.

Beratung und Willkommenskultur

Der im Herbst 2015 auf dem Gipfel der Flüchtlingsaufnahmekrise beschlossene Flüchtlingsfonds für die Jahre von 2016 bis 2025 finanzierte die Qualifizierung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden in der Flüchtlingsarbeit, die Beratung von Flüchtlingen und Projekte zur Unterstützung einer Willkommenskultur. Ein eigenes Augenmerk galt der Aufnahme und Integration von Kindern in evangelischen Kindertagesstätten.

Die Flüchtlings- und Asylberatung wird seither in fast allen Erstaufnahmeeinrichtungen, Städten und Landkreisen im Gebiet der EKHN angeboten. Unterstützt wurden 310 modellhafte Projekte einer Willkommenskultur in Kirchengemeinden. In diesem Jahr laufen noch 30 Projekte. Zwei Drittel der evangelischen Kitas nahmen Fördermittel in Anspruch. 

Unterstützung von Ehrenamtlichen

Der Fachreferent für Flüchtlingsarbeit in den Propsteien Nord-Nassau und Oberhessen, Ralf Müller, erläuterte die Bedeutung des Flüchtlingsfonds für den Aufbau von Hilfsstrukturen auf dem Land.

Im Evangelischen Dekanat Vogelsberg seien mehr als 130 Freiwillige zu Begleitern von Flüchtlingen ausgebildet worden. Männertreffs, Mutter-Kind-Gruppen, Deutschkurse und ein Sprachmittlerpool seien organisiert worden. Außerdem sei die Kommunen bei der Bildung von Ehrenamtskreisen unterstützt worden, ebenso der Landkreis bei der Vorbereitung von Unterkünften.

Durch den Fonds hätten Kirche und Diakonie schneller Hilfen aufbauen können als der Staat, sagte Müller. Vieles deckten inzwischen auch Strukturen der Länder und Gebietskörperschaften ab, aber in der Flüchtlings- und Asylberatung sei der Staat weiterhin nicht präsent.

Die unabhängige Beratung sei wichtig, weil Behörden Flüchtlingen nicht immer ihre Rechte zubilligten und mitunter auch falsche Entscheidungen träfen, sagten Beraterinnen der Diakonie vor der Synode.