Digitales Theaterstück

War Jesus etwa queer?

Szenenbild Theater Bibelhaus
Bibelhaus
Jesus als queere Person im Theaterstück.

Jesus kommt als queere Person in unsere heutige Zeit. Genau darum geht es in dem Theaterstück „Jesus, Queen of Heaven“.

Von Doris Stickler

„Die Jünger waren keine zwölf weißen Männer mit langen Bärten, sondern eine kunterbunte Mischung zu der auch Frauen gehörten.“ Der Schauspieler Brix Schaumburg kann in der Online-Performance „Jesus, Queen of Heaven“ diese These anhand alter Bibelillustrationen belegen. Er hat das Theaterstück der englischen Transgender-Autor*in Jo Clifford ins Deutsche übersetzt und als Gang durch das Frankfurter Bibelhaus inszeniert. Wie die aktuelle Ausstellung „G*tt w/m/d - Geschlechtervielfalt seit biblischen Zeiten“ nimmt er hierbei biblisches Geschehen aus einer unüblichen Perspektive in den Blick.

Eine Dragqueen als barmherziger Samariter

In dem 40-minütigen Video ist Brix Schaumburg als Jesus unterwegs, der in predigtähnlichem Stil Geschichten aus Sicht einer queeren Person erzählt. Wie etwa das Gleichnis vom verlorenen Sohn, der des Hauses verwiesen wird, weil er sich dem Vater als Tochter outet. Als sie nach Jahren zurückkehrt, nimmt der Vater sie mit großer Freude wieder auf, besorgt ihr ein prachtvolles Kleid und organisiert ein Fest. Wenn sich eine Dragqueen als barmherziger Samariter erweist oder Jesus verkündet „Ich bin queer, war queer und werde immer queer bleiben“, mag das manche vielleicht irritieren, andere sogar empören.

Im Trailer kannst du dir einen Einblick ins Stück verschaffen:

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Jesus als „genderfluide Person“

Für unvoreingenommene Zeitgenoss:innen dürfte die etwas andere Art der Bibellektüre dagegen erhellend und Horizont erweiternd sein. Museumsdirektor Veit Dinkelaker brachte nicht von ungefähr die Übersetzung und Videoproduktion des 2009 uraufgeführten Bühnenwerks auf den Weg: „Jo Cliffords Stück ruft in Erinnerung, dass Jesus nicht nur auf der Seite der Ausgestoßenen und Entrechteten steht, sondern sich mit ihnen identifiziert – das ist das Evangelium.“

Der Pfarrer begreift Jesus als „genderfluide Person“, die die gesamte Geschlechtervielfalt verkörpert. „In der Exegese ist von einem androgynen Jesus die Rede.“ So fülle er auch in gewohnter Lesart die herkömmliche Rolle des Mannes nicht aus. Jesus sei kein Vater, kein Ernährer, stelle Frauen gleich und übernehme weibliche Aufgaben wie Fürsorge und Schutz.

Digitale Termine

Mittwoch, 22. September, 19.30 Uhr

Mittwoch, 6. Oktober, 19.30 Uhr

Dienstag, 26.Oktober, 19.30 Uhr

Mittwoch, 10. November, 19.30 Uhr

Mittwoch, 24. November, 19.30 Uhr

Mittwoch, 8. Dezember, 19.30 Uhr

Mittwoch, 15. Dezember, 19.30 Uhr

Tickets und Hintergründe zum Stück gibt es im Bibelhaus Erlebnismuseum.

Während der Produktion der Online-Performance war Brix Schaumburg „fasziniert, wie aktuell noch immer viele biblische Themen sind“. Bei dem 31-Jährigen, der sich hierzulande als erster Schauspieler offiziell als transgender geoutet hat, hinterließ das Video auch auf persönlicher Ebene Spuren. „Durch die Arbeit und die Begegnung mit Veit Dinkelaker bin ich der Kirche wieder ein ganzes Stück näher gekommen.“ 

"Jesus, Queen of Heaven" kam 2016 weltweit in die Schlagzeilen, als es bei einer portugiesisch übersetzten Aufführung in Sao Paolo zu Anfeindungen im Theater gegenüber der Schauspielerin Renata Carvalho kam. Lokaler Richter hatten daraufhin die Aufführung verboten, bis das oberste Gericht des Landes das Verbot aufhob.

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