Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

Interview „Auf Diskurs“ mit Kirchenpräsident Volker Jung

Kirchenpräsident Volker Jung im Interview
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Die Evangelische Kirche reformiert sich. Ein Grund: Weniger Geld. Dabei könnten einige Stellen gestrichen werden.

Auch die Evangelische Kirche muss sparen. Das weiß sie seit einigen Jahren und in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), entscheidet die sogenannte Synode darüber, wieviel Geld zur Verfügung steht.

Kirche muss sparen: Wieviel Geld bleibt im Haushalt?

Das sogenannte Kirchenparlament tagt dieses Mal in Offenbach. Ähnlich wie eine Regierung entscheidet die Herbstsynode jedes Jahr über den Haushalt, der der Kirche zur Verfügung steht. 2022 hatte die EKHN 710 Millionen Euro im Haushalt geplant, für 2023 sieht die Kirche Ausgaben in Höhe von 721 Millionen Euro vor.

Die Kirchensynode der EKHN 2022 in der Offenbacher Stadthalle.
EKHN
Die Kirchensynode der EKHN 2022 in der Offenbacher Stadthalle.

Steigende Kosten treffen Kirche

Der Finanzdezernent Thorsten Hinte erklärte bei der Einbringung, das führe für 2023 rechnerisch zu einem Jahresfehlbetrag von 50 Millionen Euro. Dieses riesige Defizit solle durch Entnahmen aus den Rücklagen ausgeglichen werden.

Schon im vergangenen Haushalt - dem für das laufende Jahr 2022 - hatte die Kirche einen Jahresfehlbetrag von 59,5 Millionen Euro eingerechnet. Der müsste allerdings nicht durch Rücklagen beglichen werden. Denn dieses Jahr ist das Defizit wahrscheinlich über die „Sondereffekte bei der Kircheneinkommensteuer" ausgeglichen. Das heißt, weil dieses Jahr einige sehr reiche Menschen sehr viel Kirchensteuer bezahlt haben, hat auch die Kirche davon profitiert. 

Ob das aber ein Modell für die Zukunft ist, bleibt fragwürdig. Hinte prognostiziert, in den kommenden Jahren werde der Jahresfehlbetrag steigen.

Wohin geht das Geld in der EKHN?

Im Haushalt der EKHN geht das Geld unter anderem an die Kirchengemeinden und Dekanate, vor allem die Kindertagesstätten. Das meiste Geld gibt die Kirche für ihr Personal aus. Größter Einzelempfänger ist die Diakonie Hessen.

Unter dem Stichwort „ekhn2030“ fasst die EKHN ihre Spar- und ihre Reformpläne zusammen. Dieser Prozess soll auf zwei Punkte reagieren:

  • die tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung und
  • knapper werdende Ressourcen.

Kirchenpräsident Volker Jung betont: Es sei notwendig, die jährlichen Ausgaben um 140 Millionen Euro im Jahr 2030 zu senken. Bisher hat die EKHN erst 90 Millionen Euro dieser Einsparungen erreicht.

Sparmaßnahmen der Kirche im Millionenbereich

Dafür gibt es verschiedene Vorschläge für die Sparmaßnahmen in der Kirche:

Die Stelle der geschäftsführenden Pfarrerin der Evangelischen Frauen streichen

Der Landesverband der Evangelischen Frauen in Hessen und Nassau soll deutlich weniger finanzielle Unterstützung bekommen. In dem sogenannten „Arbeitspaket 9“ der Synode wird von 75 Prozent weniger Geld ausgegangen. Die Pfarrstelle für die Frauenarbeit in der EKHN soll gestrichen werden. Dagegen haben die Evangelischen Frauen einen offenen Brief formuliert.

Eines der kirchlichen Schulämter aufgeben

In der EKHN gibt es fünf für den Religionsunterricht und die Schulseelsorge zuständige kirchliche Schulämter.

Die Trägerschaft für die Grundschule in Weiten Gesäß abgeben

Die Grundschule in Weiten Gesäß im Odenwaldkreis hat 50 Plätze, von denen zurzeit 36 belegt sind. Dagegen haben vor der Synode Kinder, Eltern und Lehrkräfte demonstriert.

Pfarrstellen im Zentrum Verkündigung streichen

Manche Aufgaben in der EKHN übernehmen die sogenannten Zentren. Das Zentrum Verkündigung kümmert sich um alles, was mit der Verbreitung des Evangeliums zu tun hat. Das betrifft beispielsweise Gottesdienste oder auch die Kirchenmusik.

Außerdem gibt es ein paar spezielle Pfarrstellen. Gestrichen werden sollen: die halbe Pfarrstelle für die Motorradseelsorge, die Seelsorge im Frankfurter Stadion, die ganze Pfarrstelle Geistliche Gemeindeentwicklung und missionarisches Handeln. Für die halben Stellen sucht die EKHN Kooperationspartnerinnen bei anderen christlichen Kirchen.

Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirchen in Hessen und Nassau Volker Jung auf der Synode in der Offenbacher Stadthalle.
EKHN
Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirchen in Hessen und Nassau Volker Jung auf der Synode in der Offenbacher Stadthalle.

Personal der Kirche gesucht: Auch Pfarrpersonen fehlen

Kirche in der Krise?

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Auch wenn die Kirche sparen muss, beklagt auch die EKHN einen zunehmenden Fachkräftemangel.

In der Verwaltung gibt es rund 900 Stellen. Davon sind knapp neun Prozent nicht besetzt, sagt der Personaldezernent Jens Böhm.

Aber auch bei den Pfarrpersonen fehlen Interessent:innen. Die seit Jahren prognostizierte Pensionierungswelle schlage jetzt durch. In Zahlen: 94 Menschen sind in den Ruhestand gegangen, aber es gab nur 34 Neueinstellungen im Jahr 2022. Übrigens gäbe es keinen Unterschied, ob die Pfarrstelle auf dem Land oder in der Stadt sei, sagt Böhm.

Derzeit seien etwa 16,5 Prozent der Stellen im Pfarrdienst unbesetzt