Kirchliches Leben

Wenn junge Menschen Kirche leiten…

Dominic-Lucas vor einer Kirchentür
Fundus.media/privat
Dominic-Lucas ist als Kirchenvorsteher im Einsatz

Der Kirche laufen die jungen Menschen davon? Nicht ganz, denn in Bad Homburg zeigt ein 24-Jähriger, was Kirche bieten kann.

von Valentin Teufel

Dominic-Lucas Broweleit fragt sich nicht, was er mit seiner Zeit anstellen soll. Langeweile hat der 24-Jährige selten – und erst recht nicht mehr, seit er Vorsitzender des Kirchenvorstands der Bad Homburger Gedächtniskirche ist.

Vorsitzender des Kirchenvorstands” klingt sperrig, doch dahinter verbergen sich ganz viele Aktivitäten: Verantwortung für mehr als 40 Mitarbeitende, finanzielle Entscheidungen absegnen, Sitzungen des Kirchenvorstands leiten: All das gehört nun zum Alltag von Dominic-Lucas. In seinem Hauptjob arbeitet der ausgebildete Geomatiker beim Stadtvermessungsamt in Frankfurt.

Den Trend des Mitgliederschwunds aufhalten

Dominic-Lucas Broweleit vor der Gedächtniskirche in Bad Homburg
privat

Der Kirche laufen die Leute davon. Anstehende Reformprozesse überlasten die Gemeinden. Immer weniger besuchen den Gottesdienst. Kirchenleitungen und Synode suchen nach neuene Wegen, den Trend aufzuhalten. Doch die beste Möglichkeit zu zeigen, wie die moderne Kirche funktionieren und wirken kann – die bietet sich im vermeintlich Kleinen. 

Dominic-Lucas ist so einer, der nicht am größten Rad dreht. Er riss mit seiner Wahl zum Vorsitzenden des Kirchenvorstands mal kurz alle Klischees ein, die so über die Kirche kursieren. Nur alte Menschen? Nicht mehr! Gremienarbeit will keiner machen? Dominic-Lucas ist seit Jahren engagiert, etwa bei den Pfadfindern. Die Kirche bietet eh keinen Freiraum? Er sucht die Lücken. 

In der Kirche ist Teamarbeit gefragt

Doch klar ist: Vorstandsarbeit ist Teamarbeit, alle Entscheidungen werden vom Vorstand abgesegnet. In unterschiedlichen Ausschüssen werden die Themen diskutiert. Allein gelassen wird Dominic-Lucas, einer der jüngsten, wenn nicht der jüngste, Vorsitzender eines Kirchenvorstands in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) nicht. „Im Grunde genommen bin ich eine Repräsentationsfigur”, sagt Broweleit. 

Seine Tätigkeit ist keineswegs die eines freischaffenden Künstlers, der tun und lassen kann, was er möchte. Dominic-Lucas ist an die geltenden Kirchengesetze gebunden, ist viel mit der Verwaltung beschäftigt – unterschreibt Rechnungen für die Kindertagesstätten, diskutiert neue Gottesdienstformate, entscheidet mit über infrastrukturelle Maßnahmen.

Nur noch die Hälfte der Deutschen ist Mitglied der Kirche

Dominic-Lucas handelt antizyklisch: Weniger als die Hälfte aller Deutschen gehört noch einer Kirche an, besonders junge Menschen fremdeln mit dem Glauben oder der Kirche als Institution. „Viele junge Menschen bekommen ihr erstes Gehalt und sehen dann, was an Kirchensteuer abgezogen wird. Sie fragen sich dann: Was habe ich eigentlich davon”, sagt Broweleit. Ein Gedanke, den er durchaus nachvollziehen, aber nicht teilen kann. Er sagt:

Vielleicht hat man jetzt gerade nichts davon, aber die Kirche zeichnet sich durch mehr aus, als nur die Gottesdienste.

Sorge um ältere Menschen, Beratung von Menschen, die nichts mit der Kirche zu tun haben, die Bereitstellung von Kita-Plätzen sind auch Aufgaben der Kirche.

Dominic-Lucas geht nicht jeden Sonntag in den Gottesdienst

Der Mensch, Dominic-Lucas Broweleit, das wird schnell klar, zeichnet sich durch ein großes Verantwortungsgefühl aus. Doch dabei folgt er keineswegs blind den Dogmen der Kirche, ist beispielsweise nicht jeden Sonntag Stammgast im Gottesdienst. Glaube hat für ihn etwas sehr individuelles: „Man teilt die Momente miteinander, es ist ein Gefühl von Geborgenheit.” 

Ein zentraler Gedanke, den Kirchen künftig durchaus mehr in den Mittelpunkt rücken sollten: Individuelles Gestaltungsvermögen im Glauben bei gleichzeitiger Geborgenheit in der Gemeinschaft - kann das ein unattraktives Angebot für junge Menschen sein?

Doch es ist nicht immer so einfach: Dominic-Lucas hatte Glück, seine Kirche unterstützt jüngere Menschen:

Es ist schön, dass unsere Gemeinde so auf jüngere Menschen setzt. Das ist nicht immer der Fall.

Oftmals sperren sich Gemeinden auch gegen neue Ideen.

Dominic-Lucas scheut sich davor nicht. Zum Beispiel denkt er mit dem Vorstand über neue Formate in der Öffentlichkeitsarbeit nach. So wird darüber diskutiert, ob Konfirmanden eine Woche als Take-Over den Instagram-Kanal betreuen, um Ausschnitte ihres Glaubenslebens zu zeigen. Und damit zu beweisen: Ihre Kirche ist im Hier und Jetzt angekommen. Doch wie immer bei ehrenamtlicher Arbeit, die als zweiter Beruf hinzukommt: Gerade fehlen noch Zeit und die Ressourcen.

Dominic-Lucas beweist, dass positive Veränderungen auch an der Basis funktionieren. In seiner Gemeinde kann er nun viele Projekte anstoßen und mitgestalten. In der kleinen Gemeinschaft ist der Glaube auf vielen verschiedenen Wegen zu spüren – dafür ist Broweleit, im wahrsten Sinne des Wortes, ein lebendiges Beispiel.

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