Podcast Hoffnungsmensch

Darius Braun radelt 21.000 Kilometer durch Amerika

Darius Braun im Podcast Hoffnungsmensch
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Darius Braun stand vor einer Sportler-Karriere. Dann wurde ihm ein Hirntumor diagnostiziert. Statt zu trainieren, musste er Laufen und Sprechen neu lernen.

von Claudio Murmann

Die Rocky Mountains in Kanada, der Redwood National Park Kaliforniens, der Vulkan Fuego in Guatemala, die Anden Perus in 4700 Metern Höhe und Ushuaia auf Feuerland, dem südlichsten Zipfel Argentiniens: Für manche könnten diese Reiseziele die Sommerurlaube mehrerer Jahre füllen. Darius Braun hingegen konnte sie alle innerhalb von 509 Tagen besuchen.

21.000-Kilometer Radtour durch Amerika

Der 34-Jährige reiste mit dem Fahrrad rund 21.000 Kilometer durch ganz Amerika. Die Tour verlief entlang der Panamericana, einem Netz aus Schnellstraßen, das als das längste der Welt gilt. Damit erfüllte er sich einen Lebenstraum – eine Reise, die 20 Jahre zuvor undenkbar gewesen wäre.

Tumordiagnose beim jungen Leistungssportler

Darius Braun am Hafen von Ushuaia
privat

Darius wuchs in Salem am Bodensee auf. Mit elf Jahren entdeckte er seine Leidenschaft für den Rudersport. Er zeigte Talent und trainierte schon bald im baden-württembergischen Leistungskader für die deutsche Meisterschaft. Doch wiederkehrende, unerklärliche Beschwerden – Schwindel, starke Kopfschmerzen, motorische Probleme und Sehstörungen – machten ihm zu schaffen. Auch seine Persönlichkeit veränderte sich und er wurde schlechter in der Schule. Heute erinnert er sich:

So wollte ich nicht weiterleben

Und tatsächlich war Darius‘ Leben in großer Gefahr.

Nur einen Tag, nachdem sich Darius für die deutsche Meisterschaft qualifizieren konnte, wurden die Symptome so heftig, dass er sofort ärztliche Hilfe brauchte. Mit seinen Eltern tourte er von einem Arzt zum nächsten, bis am Ende des Tages feststand: Darius hatte einen tennisballgroßen Tumor am Stammhirn. Ohne Notoperation hätte er seinen 15. Geburtstag nur wenige Tage später nicht mehr erlebt. „Meine Eltern sind durch die Hölle gegangen, aber ich war erleichtert“, sagt er heute. „Weil ich wusste, das Problem war nicht ich, sondern dieser Tumor.“

Doch auch nach der achtstündigen Operation war der Schrecken nicht zu Ende: Darius‘ linke Körperhälfte war gelähmt. Laufen und Sprechen waren unmöglich, selbst für einfache Sätze reichte die Konzentration nicht. Die ärztliche Prognose: Darius könne froh sein, irgendwann wieder normal laufen zu können und einen Hauptschulabschluss zu schaffen. Damit abfinden wollte er sich nicht.

Nach der Tumor-OP: Kampf zurück ins Leben

Vom Tumorpatient zum Extremsportler
privat

„Ich dachte mir, die haben doch keine Ahnung, wer ich bin“, sagt er heute darüber. „Ich dachte mir, ich schaffe das. Da gab es gar keine andere Option.“ Es folgten mehrere Monate in der Rehaklinik, mit intensiver Logopädie, Physio- und Ergotherapie. Nach zwei Jahren konnte er wieder normal laufen. Trotz Konzentrationsproblemen gelang ihm der Wechsel auf die Realschule. Später bestand er sogar das Abitur und schloss ein Lehramtsstudium ab. Darius war als Erdkundelehrer tätig, später als Reiseleiter. Ganz erfüllt war er davon aber nicht. „Ich habe mich die ganze Zeit zurückgekämpft in mein Leben. Und jetzt entscheide ich, wofür ich noch auf der Welt bin.“ Darius beschloss, sich einen alten Kindheitstraum zu erfüllen: Eine Reise mit dem Fahrrad über die Panamericana, von Kanada bis Feuerland.

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20 Jahre nach der Lähmung: Abenteuer Radtour

Im Sommer 2022 wagte er den Versuch. Doch schon der Start hatte es in sich: Im kanadischen Calgary angekommen, stellte er fest, dass die Fluggesellschaft sein Fahrrad verloren hatte. Mithilfe der lokalen Medien gelang es ihm, ein vorläufiges Ersatzfahrrad zu organisieren. Am 1. August trat er damit die Reise an. Von Calgary aus ging es durch die Wildnis Kanadas nach Vancouver im Westen, dann entlang der Pazifikküste durch die USA. Insgesamt durchquerte er 15 Länder, überwand 215.000 Höhenmeter und legte täglich rund 77 Kilometer zurück – oft entlang von Schnellstraßen, nur Zentimeter von den überholenden LKW entfernt. Die Nächte verbrachte er meist im Zelt. Das führte in Mexiko zu einer brenzligen Situation: Weil er nach Einbruch der Dunkelheit keinen Zeltplatz fand, versuchte er, auf einer privaten Weide zu campen. Dabei wurde er entdeckt und prompt vom Landwirt zu Pferde mit dem Gewehr bedroht. Die Situation konnte er nur dank der Übersetzungs-App auf seinem Handy beruhigen.

Da ist mir echt das Herz in die Hose gerutscht.

Einen emotionalen Höhepunkt erlebte er in der endlosen Weite des Salar de Uyuni, mit über 10.000 Quadratkilometern die größte Salzwüste der Welt. Tagelang begegnete ihm dort keine Menschenseele. „Ich habe eine Stunde lang geweint“, berichtet er. „Ich habe mich mit Gott verbunden gefühlt. Das war ein gigantisches Gefühl, da wusste ich: Ich bin hier komplett richtig.“ Im Dezember 2023 erreichte Darius auf der Hauptinsel Feuerlands die südlichste Stadt Argentiniens, Ushuaia. Südlich dieser Stadt wird die Erde hauptsächlich von Polarforschern und Pinguinen bevölkert. Am Ende der Welt endet auch Darius‘ Reise. Trotzdem sagt er: „Das ist erst der Anfang.“

Selbstfindung auf der Radtour durch Amerika

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Heute versteht er die Tour als Pilgerfahrt – eine Reise zu sich selbst und seiner Bestimmung. Denn Darius möchte mit seiner Geschichte Mut machen. Schon während seiner Reise besuchte der ehemalige Tumorpatient Kinder und Jugendliche mit ähnlichen Diagnosen. Dieses Engagement führt er auch in Deutschland fort. Er tritt als Coach und Speaker auf, um über seine Krankheit und Reise zu berichten, und besucht Kliniken – wie etwa die Rehaklinik, in der er selbst Patient war. „Für mich ist es so schön, anderen Hoffnung zu machen“, erklärt er, „ich gebe etwas, aber es kommt so viel mehr zurück. Dieses Gefühl ist einfach erfüllend.“