Frauentag

Hessin und Feministin: Sophie Frühwald

Hessens Jusos-Vorsitzende Sophie Frühwald
Christian Griese
Vorbereitung auf die Landtagswahl in Hessen 2023: Sophie Frühwald beim digitalen Basiskongress der Jusos in Hessen

Politikerin und angehende Pfarrerin: Die hessische Juso-Chefin Sophie Frühwald kämpft für Frauenrechte.

Zur Politik findet Sophie Frühwald als Zwölfjährige. Der Weg führt über die AG Stolpersteine in ihrer Schule. „Das Thema begleitet mich seit dieser Zeit sehr intensiv: die Erinnerung an die Shoa und der Kampf gegen Rechts“, sagt sie. Die hessische Juso-Chefin ist auch Theologin – und Feministin.

Als kleines Mädchen, vielleicht im Alter von fünf oder sechs Jahren, wollte sie die erste Bundeskanzlerin werden. Damals für die Grünen. Das ist ungefähr 20 Jahre her. Jetzt ist Sophie Frühwald Landesvorsitzende der hessischen Jusos und seit 2021 stellvertretende Vorsitzende der Marburger SPD. Bundeskanzlerin will sie aktuell auch nicht werden.

Politikerin & Theologin

Vielleicht später mal. „Ich werde ganz sicher irgendwo gut landen, ob in der Politik, der Theologie oder ganz woanders. Aber jetzt würde ich auf den Zettel mit dem Berufswunsch Pfarrerin schreiben“, sagt Sophie Frühwald.

Sie schreibt ihre Doktorarbeit über eine Feministin

Ihr erstes Staatsexamen hat sie in der Tasche, die praktische Ausbildung, das Vikariat, muss noch warten. Jetzt sitzt sie an ihrer Doktorarbeit. Sie schreibt über Gertrud Bäumer, geboren 1873, gestorben 1954. Sie war Frauenrechtlerin, liberale Politikerin, Publizistin und Schriftstellerin.

Wie viele Frauen der damaligen Zeit kam sie über ihren Beruf als Lehrerin zur bürgerlichen Frauenbewegung, die sich zuerst als Frauenbildungsbewegung verstand. Eine der frühen Feministinnen.

Hessens Jusos-Vorsitzende Sophie Frühwald
Eren Gültekin

Jede und jeder soll die gleichen Chancen haben

Auch Sophie Frühwald bezeichnet sich als Feministin. Sie tritt ein für die Gleichberechtigung und die Gleichstellung aller Geschlechter. Wichtig ist ihr, diesen Begriff auch zu benutzen.

Feminismus bedeutet für sie, sich dafür einzusetzen im Privaten, im Politischen, sich auch beruflich dafür stark zu machen, dass Geschlecht keine Rolle spielt. Chancen, Möglichkeiten, wie jemand beurteilt wird – das alles sieht sie unabhängig davon, ob jemand Frau, Mann oder divers ist.

Den Frauentag am 8. März würde sie gerne auch in Hessen als Feiertag sehen

8. März: Internationaler Frauentag

Die UNO hat den 8. März im Jahr 1975 zum „International Women’s Day“ erklärt. In 26 Staaten ist der Tag gesetzlicher Feiertag, in Deutschland lediglich in Berlin.

Die Bundeszentrale für politische Bildung erklärt die Geschichte des Internationalen Frauentags

„Den 8. März brauchen wir dringend“, findet die Juso-Chefin. Es sei zwar nur ein Tag im Jahr, während Gleichberechtigung an allen 365 Tagen im Jahr eine Rolle spielen sollte. Aber der Frauentag zeige exemplarisch, was bereits erreicht sei und wieviel Luft nach oben es noch gäbe.

Das Land Berlin hat den 8. März vor drei Jahren zum Feiertag erklärt. „Das hat mir persönlich gefallen“, sagt Sophie Frühwald. Das könne sie sich in anderen Bundesländern gut vorstellen, sehr gerne auch in Hessen.

Mehr Männer sollen die Elternzeit nutzen

Wichtige Forderungen für sie:

  • gleicher Lohn für gleiche Arbeit
  • mehr Vollzeitstellen für Frauen statt Teilzeitjobs
  • mehr Gleichberechtigung in der Elternschaft
  • mehr Top-Jobs mit Frauen besetzen

Die Elternzeit sollen nicht überwiegend Frauen nutzen. Es sei auch wichtig, dass Frauen in Wirtschaft, Politik und dem öffentlichen Leben nicht nur in unteren Ebenen breit vertreten sind, sondern auch oben – auf der Galerie sozusagen.

Hessens Jusos-Vorsitzende Sophie Frühwald
Christian Griese
Sophie Frühwald bei ihrer Wahl zur stellvertretenden Vorsitzenden bei der Marburger SPD.

Alle sollen sie verstehen - auch, wenn sie gendert

Sophie Frühwald müht sich in vielen Bereichen, mit gutem Beispiel voran zu gehen. So versucht sie, durchgehend zu gendern. Das unterscheide sich je nach Ausdrucksform, beim Schreiben anders als beim Sprechen.

„Wenn ich rede, spreche ich mal von Frauen und Männern, dann versuche ich den Genderstern durch eine Pause mitzusprechen.“ Es mag Momente geben, wo ihr das entfalle. Aber sie versuche, es so umzusetzen, dass es gut funktioniert und alle sie verstehen.

Ich kann nicht morgens den Schalter umlegen und dann gendere ich automatisch.

„Ich merke, dass es gar nicht so stört. Mich sprechen jedenfalls sehr selten Menschen darauf an“, bilanziert sie. Inzwischen laufe es mehr oder weniger automatisch, alles reine Übungssache. „Bei mir hat es schon gedauert, bis sich das in die allgemeinen Formulierungen eingeschlichen hat, das kann auch sicherlich noch mehr werden.

Sie fordert alle auf, es zu versuchen. Und weckt Verständnis dafür, wenn es holpert. „Ich kann nicht morgens den Schalter umlegen und dann gendere ich automatisch.“ Sie fände es nicht schlimm, wenn Leute es noch nicht tun oder sich davor scheuen. „Ich mache gerne Mut. Es gibt ja nicht ein Richtiges und ein Falsches, sondern viele Möglichkeiten.“

Die alleinige Mutter- und Hausfrauenrolle ist kein Auslaufmodell

Um die vielen Möglichkeiten geht es ihr nicht nur beim Gendern. Für sie ist die gut ausgebildete Frau, die sich für die alleinige Mutter- und Hausfrauenrolle entscheidet, kein Auslaufmodell.

„Das ist auch nicht das Ziel, jedenfalls kenne ich keine Feministin, die das fordert.“ Es gehe vielmehr darum, eine freie Entscheidung treffen zu können. Frauen sollen nur nicht so leben müssen, wenn sie es nicht wollen.

Über die Elternzeit entscheiden oft finanzielle Gründe

Die aktuelle Situation: Die überwiegende Zahl der Frauen nimmt zwölf Monate Elternzeit, Männer im Schnitt knapp drei Monate, wenn sie überhaupt welche nehmen. Als Hauptgrund nennen Frauen und Männer finanzielle Gründe.

Zu Person Sophie Frühwald

Seit 2019 ist Sophie Frühwald Landesvorsitzende der Jusos Hessen in der SPD. 

Sophie Frühwald auf Instagram

Sophie Frühwald auf Twitter

Frühwald wertet das als Indiz dafür, dass Männer nicht sagen: Ich will nicht in Elternzeit gehen oder Frauen sagen: ich will unbedingt Elternzeit nehmen, sondern dass es rein praktische Erwägungen dafür gibt. Wenn die Frau Elternzeit nehme, sei der finanzielle Verlust deutlich geringer. „Das ist ein gesellschaftliches Problem, das man politisch angehen muss“, sagt die Juso-Chefin.

Nicht jede Frau definiert sich über gleiche Vorbilder

Nun sind Frauen ja nicht grundgut, nur weil sie Frauen sind. Es gibt Mütter, die definieren sich über ihre Kinder – der Vater darf sich nicht um den Nachwuchs kümmern, getreu dem Motto: Der kann das sowieso nicht.

Auch das kennt Sophie Frühwald. Dafür könnte es vielfältige Gründe geben, sagt sie. Sie könnten

  • struktureller Art sein
  • mit der eigenen Erziehung oder
  • der eigenen Prägung zu tun haben.

Und es gäbe ja auch in unserer Gesellschaft das Bild: Mutterschaft und Mütterlichkeit sei quasi eine Eigenschaft, die Frauen in die Wiege gelegt worden ist, die sie ganz natürlich entwickeln und die Männer nun mal nicht haben können.

Ich finde es nicht richtig, Geschlechter gegeneinander auszuspielen.

„Ich halte das für falsch. Ich glaube, dass Elternschaft und die Beziehung zum Kind nicht alleine an das Geschlecht gebunden ist“, sagt Frühwald.

Sie verbindet das mit ihrer eigenen Biografie. Beide Eltern haben Theologie studiert, sie sei während der Studienzeit zur Welt gekommen. Ihr Vater habe immer viel Zeit mit ihr und ihrem kleinen Bruder verbracht. Daran erinnere sie sich sehr gerne. „Ich finde es nicht richtig, Geschlechter gegeneinander auszuspielen“, kritisiert Frühwald.

Meine Eltern haben sich die Erziehungsarbeit geteilt – in unterschiedlichen Zeiträumen mit unterschiedliche Gewichtungen. Von Kochen und Putzen bis hin zu Erziehungsaufgaben waren immer beide Eltern bei mir präsent, sei es beim Elternabend oder beim Abholen vom Sport oder später im politischen Kontext“, beschreibt sie.

An welchen Punkten label ich andere Frauen als zickig oder zu aggressiv?

Hart verhandelnde Frauen gelten als zickig oder aggressiv, Männer dagegen als meinungsstark. Auch das kennt Sophie Frühwald. Sie will gegen dieses Bild angehen und beginnt bei sich selbst. „An welchen Punkten label ich andere Frauen als zickig oder zu aggressiv?“, fragt sie sich selbst.

Hessens Jusos-Vorsitzende Sophie Frühwald
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Aber sie hinterfrage das natürlich auch bei anderen. „Warum wird mir in politischen Diskussionen so etwas nachgesagt? Das kritisiere ich dann auch.“

Weniger Machos: Es ist ihr unangenehm, wenn jemand aggressiv auftritt

Ihre Vorstellung ist eine andere. „Ich finde eine klare Haltung, eine deutliche Darstellung der eigenen Position, auch konstruktives Streiten für die eigene Position, richtig - unabhängig vom Geschlecht.“ Es ist ihr unangenehm, wenn jemand aggressiv auftritt, sich machohaft benimmt, seine eigene Position durchdrückt.

„Ich werbe dafür, sich unabhängig vom Geschlecht von so einer Haltung und so einer Arbeitsweise zu verabschieden. Ich möchte, dass wir fair miteinander umgehen, auch wenn wir deutlich unterschiedlicher Meinung sind.“

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