„Dieses Silvester wird traurig“, hieß es im vergangenen Jahr. Corona und der Lockdown ließen große Feste zu kleinen Feiern schrumpfen. Das sollte in diesem Jahr anders sein. Ist es aber nicht.
Auch ohne Lockdown ist klar, dass derzeit kleine Treffen besser sind als große. Vieles ist passiert in den vergangenen zwölf Monaten, aber es ist noch nicht gelungen, die Pandemie so in den Griff zu bekommen, dass wir unbeschwert den Jahreswechsel feiern können.
Das ist schade, aber nicht der Untergang.
Inflation, leere Regale und Gesundheitssystem vor dem Kollaps
Die Stimmung im Land ist schlecht.
- „Die Gesellschaft ist gespalten“
- „Die Inflation treibt die Preise nach oben“
- „Lieferengpässe sorgen für leere Regale“
- „Gesundheitssystem vor dem Kollaps“.
Solche und ähnliche Überschriften sind mal mehr, mal weniger richtig, aber sie spiegeln nicht die ganze Wirklichkeit.
Die meisten Menschen begegnen sich respektvoll
Der Fokus liegt auf dem Negativem, dem, was schief läuft, dem, was schmerzt. Es ist richtig, Skandale zu benennen, darauf hinzuweisen, wer Verantwortung trägt und vor allem breit zu diskutieren, was sich ändern muss.
Aber es ist falsch, dabei stehen zu bleiben. Niemandem tut es gut, sich nur mit Depression und Niedergang zu beschäftigen – das verdunkelt die Seele. Es ist auch nicht notwendig. Denn es gibt gelungene Initiativen und Projekte. Und die große Mehrheit der Menschen geht respektvoll miteinander um.
- Beispiel Impfstoff: Er reicht noch lange nicht für alle, und nicht jeder und jede will ihn haben. Aber er ermöglicht es derzeit, dass trotz hoher Inzidenzen im größten Teil Deutschlands Geschäfte, Restaurants und Museen geöffnet sind.
- Die Bundestagswahl: Manch einer hat einen Rechtsruck befürchtet. Er blieb aus.
- Spenden: „Brot für die Welt“ glaubte, unter den fehlenden Kollekten der Weihnachtsgottesdienste leiden zu müssen. Tatsächlich haben Spenderinnen und Spender im Jahr 2020 insgesamt 19 Prozent mehr Geld gegeben als 2019.
- Lieferkettengesetz: Viele Jahre haben Politik, Wirtschaft, Handel und Menschenrechtsorganisationen miteinander gerungen. Das Lieferkettengesetz ist noch nicht perfekt, aber der wichtige Anfang im Kampf etwa gegen Kinderarbeit ist gemacht.
- Rassismus: Er widerspricht zutiefst einem humanen Menschenbild und den Werten einer demokratischen Gesellschaft, aber er ist da. Die Sensibilität dafür ist gewachsen, die EU-Kommission hat erstmals eine Antisemitismusbeauftragte ernannt.
- Umwelt: Die Vereinten Nationen haben den Zugang zu einer sauberen und gesunden Umwelt als grundlegendes Menschenrecht anerkannt. Dieser Beschluss reinigt nicht die Meere, aber er kann helfen, strengere Gesetze durchzusetzen sowie Klimawandel, Artensterben, Luft- und Wasserverschmutzung effektiver zu bekämpfen.
- Und schließlich das Ahrtal: Die Flut im Juli hat Menschen getötet, Häuser weggespült, Straßen und Brücken zerstört. Es wird Jahre dauern, bis alle Schäden beseitigt sind. Was den Betroffenen heute guttut, ist neben den enorm wichtigen staatlichen Aufbauhilfen die erfahrene Solidarität.
Nächstenliebe und Solidarität halten Gesellschaft zusammen
Vor wenigen Tagen haben Christen und Christinnen an Weihnachten die Geburt Jesu gefeiert. Er steht für das Licht der Welt, für die Menschwerdung Gottes, für Nächstenliebe und Solidarität. Das sind wesentliche Werte, die die Gesellschaft zusammenhalten. Dafür können und müssen die Kirchen und ihre Gemeinden sich engagieren.
Jeder und jede einzelne sollte sich aber auch den Blick auf das Gelungene gönnen – dem ganz persönlichen Wohlbefinden zuliebe.
Wider die schlechte Stimmung: Solidarität statt Hass