Fit für die Straße

Mit Rollstuhl beim Fahrsicherheitstraining

Collage, Lucas lehnt sich links im Bild aus dem Fenster seines Autos und lacht, rechts im Bild fährt er mit seinem Auto durch eine Fontäne auf der Strecke
Aaron Kniese

Im Rollstuhl und Mobil: Beim Fahrsicherheitstraining testet Lucas die Grenzen von sich und seinem Auto aus.

„Ich fahre gerne auch mal sportlich“ sagt Lucas lachend, als er auf das ADAC-Gelände in Stuttgart-Leonberg einbiegt. Heute will er hier sich und sein Auto, einen blauen Ford C-Max, an die Grenzen bringen: Beim Fahrsicherheitstraining.

Lucas ist 32 Jahre alt und seit 28 Jahren „Vollzeit Rolli-Fahrer“, so sagt er. Der Führerschein vor sieben Jahren war eine kleine Hürde, da Lucas extra eine Fahrschule für Menschen im Rollstuhl finden musste. Davon gibt es nur wenige im Stuttgarter Raum. 

Gruppentraining zur Fahrsicherheit

Fahrschulen für Menschen mit Beeinträchtigung

Eine geeignete Fahrschule für Menschen mit Beeinträchtigung in der Nähe zu finden, ist nicht immer leicht. Online helfen da Tools wie zum Beispiel die Fahrschul-Suche vom Rehadat KFZ-Anpassung. Dort kannst du bei der Suche nach einer Fahrschule nach Ort, Art der Beeinträchtigung und Entfernung filtern.

Nach einer kurzen Einweisung durch die Trainer beginnt das Fahrsicherheitstraining in Gruppen. Die Teilnehmenden bekommen ein Funkgerät mit ins Auto, um mit den Trainern kommunizieren zu können. Lucas ist gespannt auf die erste Station: Gefahrenbremsung. „Ob das alles so klappt? Ich fahre ja nur mit den Händen.“

Auto fahren ohne Beine

Lucas hat einen Multifunktionsknopf am Lenkrad. Damit kann er lenken, hupen, Licht und Scheibenwischer kontrollieren. Den Knopf benutzt er mit der linken Hand. Mit der rechten gibt er Gas und bremst. Der Schalter, der aussieht wie der Schubhebel eines Flugzeugs, ist über ein Gestänge direkt mit den Pedalen im Fußraum verbunden. Über den Pedalen liegt ein Gitter, damit Lucas Füße nicht aus Versehen daraufkommen. Die Schiebetür für die Rückbank des Fords lässt sich elektronisch öffnen. Lucas kann dort seinen Rollstuhl abstellen, bevor er sich hinter's Lenkrad setzt.

Gefahrenbremsung: Wie das Auto im Ernstfall reagiert

Deshalb lohnt sich ein Fahrsicherheitstraining

Ein Fahrsicherheitstraining lohnt sich laut dem ADAC immer, besonders jedoch als Fahranfänger*In oder nach der Anschaffung eines neuen Autos.

Im Fahrsicherheitstraining lernst du die Grenzen deines Autos kennen, wie sich dein Auto in Extremsituationen verhält und wie du Situationen einschätzenund auf sie reagieren kannst. Je nach Kurs und Anbieter kostet so ein Training zwischen 100 und 400 Euro.

Bei der Gefahrenbremsung stoppen die Teilnehmenden hintereinander auf einer Geraden. Lucas ist etwas weiter hinten und kann zuschauen, wie die anderen Teilnehmenden sich beim ersten Versuch so schlagen. Dann darf auch er auf die Strecke. Die erste Bremsung läuft zögerlich. „Da geht noch mehr“, sind Lucas und der Fahrtrainer sich einig.

Beim nächsten Versuch geht Lucas voll in die Eisen. Es quietsch kurz, das Anti-Blockier-System der Reifen springt an und das Auto schaltet automatisch die Warnblinker ein. Eine gute Bremsung, aber Lucas steht danach vor einem kleinen Problem: sein Multifunktionsknopf hat die Bremskraft nicht ausgehalten und sitzt nun locker. Nachdem ein Mechaniker vom ADAC-Gelände den Knopf wieder festgeschraubt hat, kann es weiter gehen.

 

Gefühl für Gefahrensituationen

Dass sich der Multifunktionsknopf bei einer Gefahrenbremsung lösen kann, ist auch eine wichtige Erfahrung. Genau darum geht’s beim Fahrsicherheitstraining. Lucas lernt, wie sein Auto sich unter diesen Umständen verhält.

Auch die eigene Einschätzung ist beim Erkennen von Gefahren wichtig: Wie lang brauche ich zum Reagieren, wie lang ist mein Bremsweg, wie schnell kann ich ausweichen und wie viel Abstand muss ich zum Fahrzeug vor mir halten?

Ausweichen bei voller Fahrt

„Ich habe nicht den Eindruck, bei schnellen Lenkbewegungen einen Nachteil zu haben, weil bei mir kommen die Hände nicht durcheinander, bei mir bleibt es ein Bewegungsablauf“, sagt Lucas während der Übung, während er an einem Hindernis vorbei muss. 

Der Knopf ist beim Lenken echt ein Vorteil.

Die Übungen werden immer anspruchsvoller. Die ersten Durchgänge sind dazu da, ein Gefühl für die Situation zu bekommen. Dann wird es schwieriger: Höhere Geschwindigkeit, Nässe, eine Sekunde Reaktionszeit simulieren, bevor man ausweicht oder bremst. 

Lucas Fazit für die Übung: Ausweichen sei für ihn auf der Autobahn machbar, wenn genug Platz ist. In geschlossenen Ortschaften könnte es eher schwierig werden, schätzt Lucas, da er beim Ausweichen nicht in den Gegenverkehr kommen will.

Sicheres Fahren, auch in Extremsituationen

Das Highlight des Fahrsicherheitstrainings ist für ihn die Aquaplaning-Strecke. Hier darf Lucas als Erster ran. Die Strecke ist eine Gerade mit glattem Untergrund, der die ganze Zeit von Sprinklern bewässert wird. Lucas soll mit 40 km/h anfahren und dann bremsen. Die Räder des Ford C-Max blockieren und das Auto rutscht über die gesamte Strecke. Erst ganz am Ende kommt es zum Stehen. „Da haben die technischen Helferlein von meinem Auto komplett versagt“, meint Lucas erstaunt.

Die Übung wird schwerer. Eine Vorrichtung im Boden lässt das Heck der Autos ausbrechen. Lucas Ford dreht sich und kommt nach einigen Brems- und Lenkbewegungen zum Stehen.

Das hilft bei Auqaplaning:

  • nicht lenken, Lenkrad gerade halten
  • nicht bremsen
  • langsam runter vom Gas
  • bei Fahrzeugen mit Schaltgetriebe: auskuppeln und erst wieder einkuppeln, wenn die Reifen wieder greifen

Für Lucas eine heftige Übung: „Bei einer hohen Geschwindigkeit, kannst du nix machen, da schiebts dich raus und du hast keine Kontrolle über die Situation mehr.“

Lucas Fazit zum Fahrsicherheitstraining

Wie fit bist du beim Autofahren?

Hast du schon einmal an einem Fahrsicherheitstraining teilgenommen? Schreib uns gerne deine Erfahrungen auf:

Instagram oder

Facebook 

Für Lucas hat sich der Tag gelohnt. Er und sein umgebautes Auto konnten ohne Probleme alle Übungen mit der Gruppe zusammen mitmachen.

Das Fahrsicherheitstraining bietet einen sicheren Rahmen, um das eigene Können zu testen und das Auto besser kennen zu lernen. Und das macht Laune. Lucas nimmt vom Training nicht nur Spaß mit: „Ich bin super happy mit meinem Auto.“ Nach dem Tag ist er sich sicher, dass er nun wieder stärker auf den „richtigen Abstand im Straßenverkehr“ achten und „langsamer und vorrausschauender fahren“ wird.

Außerdem überlegt er weiter: „Ich glaube schon, dass es sinnvoll ist, so ein Training alle paar Jahre mal zu machen.“